Die Beschäftigten im öffentlichen Dienst sollen bis zum vierten Quartal auf ihre Gehaltserhöhung warten. Die Verdi-Landesvorsitzende macht den Arbeitgebern schwere Vorwürfe.
Zunächst mal müsste es aus Sicht der Beschäftigten im öffentlichen Dienst heißen: Mehr Lohn bringt mehr Geld für den Urlaub.
Von Matthias Schiermeyer
Verdi Baden-Württemberg empört sich über die Verzögerungen bei der Auszahlung der Entgelterhöhungen im öffentlichen Dienst, die nun weitgehend erst im Herbst erfolgen soll. „Es geht hier um keine Petitesse, sondern um viel Geld, das den Kolleginnen und Kollegen für den täglichen Bedarf und nun auch sicher für den Sommerurlaub fehlt“, kritisiert die Landesvorsitzende Maike Schollenberger die bundesweite Vereinigung der kommunalen Arbeitgeber (VKA) und den baden-württembergischen Arbeitgeberverband (KAV).
„Den Ernst der Situation nicht verstanden“
Insbesondere die Argumentation der Arbeitgeber mit den schleppenden Verfahren und der technischen Umsetzung stößt auf Unverständnis: „Die VKA hat das Zahlbarmachungsrundschreiben bereits am 1. August an die kommunalen Arbeitgeberverbände verschickt“, so Schollenberger. „Wie unverfroren nun bereits Anfang August über Auszahlungstermine im Oktober oder im vierten Quartal gesprochen wird, zeigt uns: KAV und kommunale Arbeitgeber haben den Ernst der Situation nicht verstanden und nehmen ihre Beschäftigten nicht ernst.“ Sonst hätten sie sich rechtzeitig auf die Auszahlung vorbereitet – denn dafür wäre seit April Zeit gewesen.
Der Tarifabschluss mit Bund und Kommunen im TVÖD für rund 2,5 Millionen Menschen stammt vom 6. April. Vereinbart wurde unter anderem eine Gehaltsaufbesserung in Höhe von 3,0 Prozent, mindestens 110 Euro monatlich, die zum 1. April erfolgen sollte. Deren Auszahlung verzögert sich immer mehr, weil sich die Vertreter des Bundes und der Arbeitgebervereinigung VKA sowie die Gewerkschaften in den sogenannten Redaktionsverhandlungen über wichtige Details erst in acht Verhandlungsrunden einig wurden. Erst Ende Juli war das Tarifergebnis dann endgültig.
Eine Umfrage unserer Zeitung bei den großen kommunalen Arbeitgebern der Region Stuttgart brachte unterschiedliche Hinweise auf die geplante Auszahlung: „Aufgrund der langen Verhandlungsrunden und Redaktionszeiten haben wir dazu noch keine Durchführungshinweise vom Verband kommunaler Arbeitgeber“, teilt ein Sprecher der Stadt Esslingen mit. „Daher rechnen wir aktuell damit, dass eine Auszahlung des erhöhten Entgelts erst im vierten Quartal möglich sein wird.“
In Ludwigsburg scheint man ein wenig weiter zu sein: „Unser externer Dienstleister ist dabei, die Umsetzung der Tarifeinigung vorzubereiten“, sagt eine Sprecherin der Stadt. „Wir rechnen mit einer Auszahlung nicht vor Oktober.“
Auch die Stadt Waiblingen plant einer Sprecherin zufolge die Auszahlungen „nach heutigem Stand im vierten Quartal vorzunehmen“. Die Stadt Sindelfingen teilt mit: „Die redaktionellen Verhandlungen zur Umsetzung der Tarifeinigung sind abgeschlossen, und wir gehen davon aus, dass die Auszahlung der Tarifsteigerung frühestens mit der Abrechnung September erfolgen wird.“
Komm.ONE muss tätig werden
Ein Sprecher der Stadtverwaltung Böblingen schilderte Ende voriger Woche, der Arbeitgeberverband habe am 31. Juli darüber informiert, dass die Redaktionsverhandlungen beendet seien. „Das Zahlbarmachungsrundschreiben des Verbands der kommunalen Arbeitgeber wird dieser Tage erwartet.“ Sobald die Tarifeinigung durch Komm.ONE – also den IT-Dienstleister der Kommunen im Land – „technisch implementiert ist, können die entsprechenden Entgelte mit der nächstmöglichen Abrechnung ausgezahlt werden“.
Auszahlung rückwirkend zum 1. April
Eine Sprecherin der Stadt Stuttgart zufolge „kann die Verwaltung keine verbindliche Zeitangabe machen, wann die Tariferhöhung zahlungswirksam wird, da wir diese Umsetzung nicht selbst vornehmen“. Dies sei Sache des IT-Dienstleisters.
Die Auszahlung mit dem Monatsgehalt erfolgt dann rückwirkend zum 1. April für den TVöD und zum 1. Juni für den Tarifvertrag Versorgungsbetriebe, der vor allem die Stadtwerke betrifft – mit den entsprechenden Nachzahlungen.