175 Jahre Heidelberger

Vom Glockenguss zur E-Mobilität

175 Jahre nach der Gründung mischt Heideldruck auch beim Laden von Elektroautos mit. Im Jubiläumsjahr wird kräftig gespart, aber auch gefeiert.

Vom Glockenguss zur E-Mobilität

1926 wurde bei Heidelberg Druck die Fließbandproduktion eingeführt.

Von Ulrich Schreyer

Der Ausflug hat sich gelohnt. Von der größten chinesischen Druckmaschinenmesse kam die Heidelberger Druckmaschinen AG mit gut gefüllten Auftragsbüchern zurück. Die Show in Peking zeigte nicht nur deutlich, wie wichtig China ist. Sie zeigte auch, dass Druckmaschinen ihre Zukunft noch längst nicht hinter sich haben. Vor allem dank des Verpackungsdrucks sind sie noch nicht reif für das Maschinenmuseum. Zwar ist vieles schon vom Papier in die digitale Welt abgewandert. Doch wer elektronisch einkauft, erhält ein bedrucktes Paket. Weder Kleider noch Laptops purzeln einfach so aus dem Internet.

Suche nach neuen Geschäftsfeldern

Doch auch wenn das Geschäft mit Maschinen für Verpackungen gut läuft – die Heidelberger sind nur noch dem Namen nach Heidelberger. Auch das Management ist inzwischen in das nahe Wiesloch umgezogen. Dort bleibt man zwar auch den Druckmaschinen treu, sucht aber auch nach neuen Geschäftsfeldern. Bereits seit 2018 werden Wallboxen für Elektroautos angeboten, seit März kümmert sich die Tochtergesellschaft Amperfied um das Auftanken der E-Fahrzeuge der Walldorfer Softwareschmiede SAP. Mit Aktivitäten für die Elektromobilität, aber auch etwa im Bau von Maschinen, der Bereitstellung von Software oder dem Umgang mit Wasserstoff soll bis zum Geschäftsjahr 2028/29 ein zusätzliches Wachstum von bis zu 300 Millionen Euro im Jahr erzielt werden.

Dies bei „gleichzeitiger Leistungsverdichtung und Effizienzsteigerung“, wie der Vorstandsvorsitzende Jürgen Otto sagt. Weiter wachsen mit weniger Mitarbeitern, lautet die Devise. Im Dezember hat sich das Unternehmen mit Betriebsrat und Gewerkschaft auf einen sozialverträglichen Abbau von 450 Stellen im Werk Wiesloch geeinigt. Insgesamt sollen in den kommenden drei Jahren 100 Millionen Euro an Personalkosten eingespart werden. Für die dann noch 3500 Beschäftigten in Wiesloch gilt eine Standortgarantie bis 2028.

Der Umsatz im Geschäftsjahr 2024/25 das am 31. März zu Ende ging, lag mit knapp 2,3 Milliarden Euro leicht unter dem Vorjahreswert. Fast 90 Prozent davon erzielt das Unternehmen mit seinen rund 9500 Beschäftigten im Ausland. Zu Heidelberg gehört auch eine Gießerei in Amstetten auf der Schwäbischen Alb mit 840 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Maschinen für den Verpackungsdruck tragen inzwischen mehr als 50 Prozent zum Umsatz bei, Tendenz steigend.

Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) lag bei etwas über sieben Prozent des Umsatzes. Nach Steuern blieb ein Plus von fünf Millionen Euro. Auftragseingang für das gesamte vergangene Geschäftsjahr lag mit 2,4 Milliarden Euro um sechs Prozent höher als im Geschäftsjahr 2023/24. Für die neue Berichtsperiode 2025/26 rechnet Otto mit einem leicht steigenden Umsatz

Nicht immer ging es Heidelberg gut – mal gab es Gewinne, manchmal auch satte Verluste. In der Finanzkrise um 2009 konnte das Unternehmen nur durch eine staatliche Hilfe von insgesamt 850 Millionen Euro gerettet werden. Rund 20 000 Beschäftigte arbeiteten um diese Zeit für Heidelberg, der Umsatz sank um 18 Prozent auf knapp drei Milliarden Euro. Auch zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts litt das Unternehmen unter langen Krisen und kam in verschiedene Hände. In den späten 1920erJahren wurden auch Motorräder produziert. Nach dem Krieg waren die Rheinisch-Westfälischen Elektrizitätswerke (RWE) lange größter Anteilseigner. 1997 wurde das Unternehmen erstmals an der Börse notiert, einige Jahre später stieg RWE komplett aus. Der weitaus größte Teil der Aktien befindet sich heute mit 84 Prozent im Streubesitz.

1850 in der Pfalz gegründet

Gegründet wurde das Unternehmen 1850 im pfälzischen Frankenthal als Glockengießerei, die allerdings auch schon Druckpressen herstellte.

Im Jubiläumsjahr wird nicht nur kräftig gespart, die steigenden Aufträge werden auch als gute Grundlage für das neue Geschäftsjahr 2025/2026 betrachtet. Auch die Zollpolitik der USA bereitet offenbar keine großen Sorgen. Da das Unternehmen dort keinen Wettbewerber habe, könnten höhere Preise an die Kunden weitergegeben werden, meint Vorstandschef Jürgen Otto. 175 Jahre Heidelberg – das ist für ihn Zeugnis für zweierlei, nämlich für „Beständigkeit und Innovationskraft“.