Ausgerechnet der CSU-Chef fordert, die Koalition dürfe nicht im Parteidenken stecken bleiben. Recht hat er trotzdem, kommentiert Tobias Peter.
Markus Söder mahnt Schwarz-Rot zur Geschlossenheit.
Von Tobias Peter
CSU-Chef Markus Söder ist ein Politiker, der so tatkräftig wie flexibel ist. Er könnte jederzeit einen Baum ausreißen. Er würde aber nicht vergessen, denselben Baum vorher liebevoll zu umarmen – falls er sich davon gute Bilder oder sonst irgendeinen Vorteil verspricht. Eben dieser Markus Söder hat nun gerade gefordert, die schwarz-rote Koalition im Bund dürfe „nicht im Parteidenken stecken bleiben“.
In der Sache zu 100 Prozent richtig
Das ist ein bisschen lustig, weil der bayerische Ministerpräsident schon in den Koalitionsverhandlungen demonstriert hat, worum es ihm zuallererst geht: darum, bei der Mütterrente und der Mehrwertsteuersenkung für die Gastronomie den Willen der CSU durchzusetzen – egal, was das für Haushaltsprobleme nach sich zieht. Söders Mahnung ist ungefähr so, als würde ausgerechnet der US-Popstar Lady Gaga dazu aufrufen, bloß keine ausgefallenen oder verrückt anmutenden Outfits mehr zu tragen.
Das Land ist wichtiger als die Partei. Es ist absurd, dass ausgerechnet Söder diese Botschaft vorträgt. Aber in der Sache ist sie zu 100 Prozent richtig. CDU, CSU und SPD müssen es schaffen, Deutschland wieder so fit zu machen, dass die Wirtschaft kräftig wächst. Gelingt ihnen das nicht, ist nicht nur das deutsche Geschäftsmodell in Gefahr. Dann wackelt auch die Demokratie. Söder sollte überlegen, zu welchen Abstrichen am eigenen Programm er bereit ist – damit dann auch die SPD hoffentlich über sich selbst hinauswächst.