Wechselbad der Gefühle: Die Judo-Männer der TSG Backnang freuen sich über ein Remis

Backnangs starke Jungs liegen im Erstliga-Heimwettkampf gegen Offenbach zunächst deutlich vorne. Die TSG verspielt diesen Vorsprung aber und steuert auf eine Niederlage zu, ehe Andre Sträßer seiner Mannschaft mit einem Sieg im letzten Duell immerhin noch einen Punkt rettet.

Wechselbad der Gefühle: Die Judo-Männer der TSG Backnang freuen sich über ein Remis

Yannick van der Kolk (rote Hose), der Niederländer im TSG-Dress, punktete mit einer spektakulären Selbstfallaktion. Foto: Alexander Becher

Von Katharina Riener

Mit seiner Prognose im Vorfeld des Heimwettkampfs gegen den 1. JC Samurai Offenbach, dass es ein Duell auf Augenhöhe werden würde, traf TSG-Trainer Jens Holderle voll ins Schwarze. Spannender hätte es kaum sein können, die Waage neigte sich mal auf die eine und mal auf die andere Seite. Als alles für die Gäste sprach, brachte ein Backnanger die Mörikehalle zum Kochen: Andre Sträßer. Er sorgte mit seinem Erfolg im letzten Duell dieses Abends wenigstens noch für das 7:7. Oder, wie es Holderle ausdrückte: „Der Gegner hatte alle Trümpfe in der Hand, aber wir hatten Andre Sträßer.“

Für den guten Beginn aus TSG-Sicht war Dimitrij Popp zuständig. Der Zugang dominierte gegen den zehn Jahre älteren Daniel Gleim deutlich und eroberte mit einem vorzeitigen Sieg den ersten Punkt. „Er hat alles ins Rollen gebracht“, lobte Backnangs Trainer, und nachgelegt habe dann „natürlich Roland Gőz“. Das war zu erwarten, ist Ungarns amtierender Meister doch seit seinem Wechsel ins Murrtal vor zwei Jahren eine sichere Bank. Er tat sich aber schwer, woraus Holderle schlussfolgerte: „Offenbach hat alles rausgehauen, was geht. Sie wollten auf jeden Fall gewinnen.“ Kamil Grabowski verkürzte für die Hessen zunächst auf 1:2, indem er Lorenz Moor nach kaum mehr als einer Minute auf den Rücken warf. „Kamil war mal wieder eine Nummer zu groß für uns“, gab der TSG-Coach zu. Der mehrfache European-Cup-Sieger aus Polen hatte nach den zurückliegenden Erfahrungen schon im Vorfeld als gefürchtetster Rivale gegolten.

Zur Pause mit 4:3 geführt, aber von einer Verletzung aus dem Konzept gebracht

Es folgte einer der schönsten Würfe des Abends – ein Ura-Nage wie aus dem Lehrbuch. Yannick van der Kolk, das ehemalige Mitglied des niederländischen Nationalkaders in Diensten der Schwaben, erwischte Phillip Schönfeld nach nur 25 Sekunden mit dieser spektakulären Selbstfallaktion. Probleme hatte Robin Angerer mit dem Kampfstil von Fabian Kühn. Backnangs Eigengewächs musste dem mit einer Strafe und einer Wertung vorne liegenden Offenbacher den Sieg überlassen. „Ihm hat einfach das Quäntchen Glück gefehlt“, sagte Holderle. Dafür brachte Csanád Feczkó seine Wertung gegen Hratschik Latschinian geschickt über die Zeit und stellte den alten Abstand her – 4:2. Im letzten Duell des ersten Durchgangs konnte Felix Wagner gegen Savellios Stafaridis nichts ausrichten, deshalb ging es mit dem knappen 4:3 für Backnang in die Pause.

Der zweite Durchgang startete alles andere als optimal. Etienne Zeiger verlor gegen Leon Ehmig und verletzte sich an der Schulter. Für den TSG-Trainer „ein dicker Wermutstropfen“, der auch die Teamkollegen aus der Bahn zu werfen schien. Niklas Kern und Lorenz Moor wurden binnen weniger Minuten von ihren Gegnern abgefertigt. Backnang lag plötzlich mit 4:6 hinten.

Beim 5:7 steht Backnang am Rande der Niederlage

Leon Vohrer gelang danach gegen Hakob Latschinjan aber der ganz große Wurf. „Das war eine starke Leistung in einem unglaublich wichtigen Kampf. Sein Sieg hat der ganzen Mannschaft wieder Auftrieb gegeben“, betonte TSG-Judoka Valentin Hofgärtner. Das stellte Robin Angerer postwendend unter Beweis. Er lieferte sich mit Alash Gashaev ein Duell bis weit in die Verlängerung, hatte den starken Russen am Rande einer Niederlage. Nach einem Wurf des Offenbachers kam es im Golden Score aber zu einer strittigen Situation, die gegen Angerer ausgelegt wurde. Dass sein Mitstreiter deshalb ein zweites Mal leer ausging, fand Hofgärtner besonders schade, denn „von allen, die hätten gewinnen können, war Robin immer am nächsten dran“. Die Murrtaler rannten nun einem 5:7 hinterher, ein weiterer Punkt hätte den Gästen den Sieg beschert.

Als es Csanád Feczkó gelungen war, die Niederlage fürs Erste abzuwenden, fing die Halle bei vor Ort gemessenen 40 Grad Celsius quasi in doppelter Hinsicht zum Kochen an. Alle Augen richteten sich nun auf Andre Sträßer, auf dem Backnanger Eigengewächs ruhten alle Hoffnungen auf ein Remis. „In diesem Kampf war das Publikum der Wahnsinn“, freute sich Hofgärtner und Holderle ergänzte: „Je länger dieser Kampf ging, desto erschöpfter wurde Andre und desto mehr feuerten ihn die Zuschauer an.“ Beide sind sich einig: Die vielen lautstarken Fans trugen Sträßer zum Sieg. Eine Minute vor dem Ende beförderte der TSG-Judoka seinen Rivalen mit einem O-Soto-Gari auf die Matte.

In der Unterbewertung hat die TSG sogar knapp die Nase vorne

Der Heimwettkampf endete mit einem 7:7, dem dritten Unentschieden im sechsten Duell der Runde. Weil Backnang in der Unterbewertung sogar mit 67:64 die Nase vorne hatte, waren die Hausherren noch nie seit ihrem Wiederaufstieg so nahe dran am ersten Erstliga-Sieg in der Vereinsgeschichte. Mit dem gefeierten Andre Sträßer freuten sich zwei Leute ganz besonders. Zum einen das Einlaufkind Felix, das von ihm wegen eines Gipsbeins auf die Matte getragen worden war und sich den Gips anschließend signieren ließ. Zum anderen Garik Harutyunyan, denn der hauptamtliche TSG-Trainer wurde 29 Jahre alt und hatte sich zum Geburtstag einen Sieg gewünscht. Das Unentschieden war ein gutes Trostpflaster.