Wehrpflicht auch für Frauen

Bei der Verteidigung des Landes herrscht noch keine Emanzipation. Das ist ein Risiko für alle.

Von Eidos Import

Selbst das Recht, für ihr Land zu kämpfen, mussten Frauen sich erst erkämpfen. Das führte zu einer Art Kulturrevolution zu Beginn dieses Jahrtausends. Damals erstritt sich die junge Elektronikerin Tanja Kreil vor dem Europäischen Gerichtshof einen gleichberechtigten Einsatz als Soldatin. Das war ihr und ihren Geschlechtsgenossinnen bis dahin verwehrt. Vor 25 Jahren wurden die ersten weiblichen Rekrutinnen an der Waffe ausgebildet. Doch eine wirkliche Gleichberechtigung ist bis heute nicht vollzogen. Auch der neue Wehrdienst richtet sich vorwiegend an Männer. Im Falle einer Reaktivierung der Wehrpflicht wären Frauen komplett ausgeschlossen.

Bis vor 50 Jahren war die Bundeswehr eine reine Männerarmee. Dann wurden erstmals Frauen zugelassen. Doch ihr Einsatz bei der Verteidigung des Landes blieb weiterhin unerwünscht. Sie mussten sich mit Sanitätsdienst oder Militärmusik begnügen. Insofern hat die mangelhafte Gleichberechtigung in Uniform eine lange Tradition.

Die setzt sich fort, auch wenn Frauen inzwischen Dienst an der Waffe leisten. Sie stellen die Hälfte der Staatsbürger, aber nur knapp 14 Prozent der Bundeswehrsoldaten. Auf etwa 200 Offiziere im Generalsrang kommt eine einzige Drei-Sterne-Generalin, zwei Frauen mit dem Dienstgrad Oberst kommen auf 743 männliche Kollegen.

Die Bundeswehr, inzwischen 70 Jahre alt, war eine Notgeburt. Als nach der Katastrophe des Zweiten Weltkriegs erstmals die Idee aufkam, Deutschland mit neuen Streitkräften aufzurüsten, waren viele dagegen. Tausende befanden sich noch in sowjetischer Kriegsgefangenschaft. Bombennächte, Kriegsgräuel und Gefallene waren nicht vergessen. Anfangs lehnte eine Mehrheit der Bundesbürger einen Dienst an der Waffe ab. Sie fanden Rückhalt bei Gewerkschaften, Kirchen, in der SPD.

Gleichwohl war die Notwendigkeit aufzurüsten so zwingend wie heute. Der Anlass damals wie jetzt: Gefahr aus dem Osten. Die Gefahr ist inzwischen vielleicht noch akuter als zu jener Zeit, da ein Gleichgewicht der Kräfte zwischen den sich formierenden Blöcken herrschte, auf die USA als Schutzmacht noch Verlass war und Russland keinen Angriffskrieg an Europas Ostgrenze angezettelt hatte.

Akut ist die Gefahr auch deshalb, weil die Bundeswehr weder voll verteidigungsfähig noch „kriegstüchtig“ ist, wie ihr oberster Dienstherr, Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius, das formuliert hatte. Es mangelt an Soldaten und Reservisten, an Panzern, Kampfjets, Fregatten, Raketen, Kasernen und Munition. Eigentlich ist es wie in den Anfangszeiten: Es fehlt an allem.

Am Geld liegt es nicht mehr. Die Epoche des Kaputtsparens ist vorbei. Der Wehretat verdoppelte sich binnen zehn Jahren. Unter dem Bundeskanzler Friedrich Merz hat die Ertüchtigung der Streitkräfte Vorrang – koste es, was es wolle. Geld allein reicht aber nicht, um ein Land zu verteidigen. Es braucht auch eine ausreichende Zahl von Menschen, die dazu bereit sind.

Ob das neue Wehrdienstgesetz geeignet ist, genügend Freiwillige zu mobilisieren, ist zweifelhaft. Ausschließlich Männer sind verpflichtet, überhaupt nur den Musterungsfragebogen auszufüllen. Eine Reaktivierung der Wehrpflicht erscheint unausweichlich. Davon wären Frauen aber ausgenommen. Dagegen spricht nicht nur die Personalnot der Bundeswehr, sondern auch das Prinzip der Gleichberechtigung.

Darauf hatte vor 25 Jahren auch der Europäische Gerichtshof gepocht. Der Kanzler sagt: Deutschland müsse sich verteidigen können, um sich nicht verteidigen zu müssen. Dazu könnten Frauen einen ebenbürtigen Beitrag leisten.