Wettannahmestellen unerwünscht

Am Anfang stand ein Antrag für ein Gebäude am Marktplatz, dann folgten zwei weitere sowie zusätzliche Anfragen. Um zu verhindern, dass der Einzelhandel in der Innenstadt durch eine Ansiedlung mehrerer Einrichtungen verdrängt wird, reagiert die Stadt nun.

Wettannahmestellen unerwünscht

Auch am Murrhardter Marktplatz gibt es Leerstand. Die Stadt will nun die Ansiedlung von Wettannahmestellen verhindern. Drei Interessenten haben Anträge eingereicht und es gibt weitere Anfragen. Um die Entwicklung in der Innenstadt zu steuern, hat der Gemeinderat nun eine Änderung des Bebauungsplans auf den Weg gebracht. Foto: J. Fiedler

Von Christine Schick

MURRHARDT. Mittlerweile sind es drei konkrete Bauanträge zu einer – wie es im Verwaltungsjargon heißt – Umnutzung der Räumlichkeiten, sprich es sollen in den Gebäuden Wettannahmestellen eingerichtet werden. Den Auftakt machte ein Vorhaben direkt am Marktplatz, allerdings blieb es nicht dabei. Neben zwei weiteren Anträgen gibt es auch zusätzliche Anfragen, wie Bürgermeister Armin Mößner in der jüngsten Gemeinderatssitzung berichtete. Insofern hatte sich auch das Murrhardter Gremium mit dem Thema zu beschäftigen. Die Verwaltung nehme die Sache ernst und wolle nun städtebauliche Maßnahmen ergreifen, um der Entwicklung entgegenzuwirken. Eine Ansiedlung von gleich drei Wettannahmestellen würde den Zielen für die Innenstadt nicht gerecht, insbesondere mit Blick auf den Einzelhandel, sagte Mößner. Der Vorschlag: Eine Änderung des Bebauungsplans in die Fassung „Innenstadt – 2. Änderung“, in der künftig Wettbüros und Wettannahmestellen nicht zulässig sind und ausgeschlossen werden können. Damit möchte man auch rechtlich auf der sicheren Seite sein, da im bisherigen Plan ein Ausschluss zwar für Vergnügungsstätten möglich ist, unter die Wettbüros sowie Wettannahmestellen allerdings nicht zwangsläufig gefasst werden.

Simone Sauer, Leiterin des Baurechtsamts, bekräftigte, dass es nun für die Stadt hieße, mit diesem konkreten Instrument zu reagieren, da sonst der Einzelhandel zurückgedrängt werde. Zwar dürfen Wettannahmestellen per Definition keinen Aufenthaltscharakter haben, allerdings merkte Simone Sauer an, dass das gern auch mal umgangen würde, beispielsweise indem die Betreiber Kaffeeautomaten aufstellen. Würden mehrere Wettannahmestellen in der Innenstadt öffnen, verändere sich das Ortsbild und führe letztlich zu einem Trading-down-Effekt. Mit diesem Begriff bezeichnen Fachleute einen Entwicklungstrend vom vollständigen Angebot mit belebten Straßen hin zu zunehmenden Leerständen und ausbleibenden Kunden.

Für Martin Stierand (MDAL/Die Grünen) bestand kein Zweifel an der Richtigkeit des Schritts, er lobte die Stadtverwaltung auch explizit dafür, entsprechend zu reagieren. Es sei wichtig, die Einkaufsmöglichkeiten in Murrhardt zu erhalten. In diesem Zusammenhang schlug er vor, sich auch bei anderen Kommunen umzuhören, um Tipps im Sinne von erfolgreichen Projekten zu bekommen, und erkundigte sich zum Stand des Online-Marktplatzes. Bürgermeister Mößner umriss, dass es mittlerweile 30 Teilnehmer gebe und viele Produkte über die Plattform angeboten werden könnten, verwies aber auch auf die Homepage (www.in-murrhardt.de), auf der man sich selbst einen Eindruck verschaffen könne.

Rolf Kirschbaum (CDU/FWV) schloss sich Stierand an. Aus seiner Sicht könne man die Initiative der Stadtverwaltung nur unterstützen, die Innenstadtentwicklung zu lenken und die Ansiedlung dieser Einrichtungen zu verhindern. Auf der anderen Seite sei es schade, dass so attraktive Orte wie der Marktplatz scheinbar nur noch Betreiber von Wettannahmestellen nachfragten. Gerne lasse man sich von Ideen und positiven Beispielen anderer Kommunen anregen. Corona habe die Situation allerdings nicht gerade verbessert. Das Vorgehen, den Bebauungsplan anzupassen, findet er richtig. Spielhallen hätten schon viele Familien zerstört und auch Wettannahmestellen hält er vor diesem Hintergrund für wenig förderlich. Unabhängig davon erkundigte er sich, inwieweit die Antragsteller Schadensersatzforderungen stellen könnten.

Simone Sauer geht davon aus, dass dies schon möglich ist. Wenn, dann beträfen Ersatzforderungen die Planungskosten, die sie aber wiederum als nicht allzu hochwertig charakterisierte. Nach ihrer Einschätzung könne dies vor allem beim größten Antragsteller der Fall sein. Bei ihm habe man zunächst eine Reihe von Nachforderungen vor allem in Bezug auf den Denkmalschutz gestellt. Nach einer Antwort im Mai und der Aufforderung, Werbeanlagen aus der Planung zu streichen, befände sich das Gesuch nun in der Genehmigungsphase. Bei den anderen beiden Anträgen schätzte sie die Gefahr geringer ein. Bürgermeister Mößner sprach sich dafür aus, den Schritt trotzdem zu gehen, um die Entwicklung nicht einfach laufen zu lassen und den eigenen Einfluss geltend zu machen.

Der Ansicht war auch der Gemeinderat, der geschlossen dafür stimmte, den Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan „Innenstadt – 2. Änderung“ im beschleunigten Verfahren auf den Weg zu bringen. Es schließt sich die Beteiligung von Trägern öffentlicher Belange an. Damit die beabsichtigte Steuerung auch planerisch umgesetzt und nicht zwischenzeitlich unterlaufen werden kann, beschloss das Gremium zudem den Erlass einer Veränderungssperre.