Wie kleine Bäume in der Schale gedeihen

In der Wilhelma gibt es seit Juni einen japanischen Bonsai-Garten. Was ist zu sehen und wie werden die Miniaturen gepflegt? Ein Besuch mit Gärtner Christian Mikoteit.

Wie kleine Bäume in der Schale gedeihen

Ein Herz für kleine Bäume: Gärtner Christian Mikoteit

Von Iris Frey

Stuttgart - Sie faszinieren viele Menschen durch ihre Grazilität und Harmonie, die Bonsai. Aus dem Japanischen übersetzt heißen sie „Anpflanzung in der Schale“. Denn: Sie sind einfach die Großform in Klein. Sie blühen wie die Großen zur selben Zeit und tragen auch Früchte. Die Miniaturen sind magisch schön. Das zeigt sich auch beim Besuch des Japan-Gartens in der Wilhelma mit Gärtner Christian Mikoteit.

Mikoteit kümmert sich um die rund 40 Bonsai im Stuttgarter zoologisch-botanischen Garten, von denen nicht ganz ein Dutzend gerade im Bonsai-Garten zu sehen sind. Dieser befindet sich auf der Fläche der ehemaligen Anlage für Basstölpel an der Südseite des Aquarium-Gebäudes. Mit rund sieben Tonnen Zierkies, hölzernen Plattformen und Brücken sowie kleinen Wasserfällen wachsen hier nun nicht nur elf Bäume im Miniaturformat in einer japanisch anmutenden Kulisse, sondern auch die weiß blühende Glänzende Seerose aus der eigenen Erhaltungszucht, Holunder Sambucus, eine Schwarzkiefer, ein Ahorn, Zwergbambus, Japanischer Winter-Schachtelhalm, Wurmfarn und Japanisches Berggras sowie die Sumpfpflanze Thalia dealbata Marantaceae.

Die Bonsai der Wilhelma stammen aus zwei Schenkungen. Vorne steht eine Lärche (Larix decidua Pinaceae). „Sie stammt aus dem Garten der Großeltern des Schenkenden, die 1950 eine Hecke gepflanzt haben“, berichtet der Gärtner. 1989 wurde sie bei der Auflösung geborgen. Seit 2005 ist sie im Besitz der Wilhelma. Ihr stolzes Alter: 75 Jahre.

Ein anderer Bonsai ist eine Hainbuche (Carpinus betulus). Sie stammt von einem Gemeindegrundstück, das als Bauland ausgeschrieben war, und wurde 1989 geborgen. Auch ein Fächer-Ahorn ist zu sehen, der 1975 in einen Hausgarten kam. Als Anfänger-Pflanzen empfiehlt Mikoteit neben Ahorn, Feigenbaum auch eine chinesische Ulme oder eine Linde, denn: „Laubgehölz ist besser formbar.“ Auch ein Efeu-Bonsai, der schon 52 Jahre alt ist, gedeiht hier, neben einer japanischen Steinlaterne, die passend am Wasser steht. Der Efeu stammt aus dem Jahr 1973 aus dem Garten eines Freundes des Schenkenden und wurde seit 1974 von ihm gestaltet. Für Farbe auf der vordersten Plattform des Gartens sorgt derzeit ein Vogelbeerbäumchen mit orangefarbenen Früchten.

Alle Bonsai wurden dieses Jahr umgetopft. „Das macht man alle zwei bis drei Jahre“, sagt der Gärtner. Sie sind in speziellen japanischen Schalen in Spezialsubstrat gepflanzt, einer gebrannten Ton-Lehm-Mischung (Akadama). „Ich lockere dann noch mit etwas Maulwurfhaufenerde den Boden auf.“ Das Gebiet im Garten ist ideal für die Bonsai, mit Quellwasser mit 16 Grad. Geschnitten werden die Bäume zum Herbst und im Frühjahr ein Nachschnitt. Und dafür hat Mikoteit einen Bonsai-Werkzeugkoffer. Es gibt spezielle Scheren für den Wurzelschnitt und für die Äste.

Im Sommer fragen sie, warum er gieße, obwohl es gerade geregnet habe. Der Grund: Die Pflanzen stehen in flachen Tonschalen, deshalb trocknen die Wurzeln schnell aus. Auch der Klimawandel mache den Gewächsen zu schaffen, etwa extreme Hitzephasen. Manchmal muss Mikoteit auch zweimal am Tag gießen. Aber: Wie bei anderen Pflanzen, macht es die Menge des Gießwassers. Denn: „Man kann auch Bonsai kaputtgießen.“