Wünschenswertes vom Leistbaren trennen

Der Murrhardter Gemeinderat stimmt dem Investitionsprogrammentwurf zum Haushalt 2021 zu. Einige Projekte werden verschoben, weshalb eine Kreditaufnahme nicht notwendig ist.

Wünschenswertes vom Leistbaren trennen

Der bisher evangelische Kindergarten Oetingerhaus wird in städtische Trägerschaft übernommen – dafür werden zusätzliche Betreuungskräfte benötigt. Unter anderem deshalb steigen die Personalkosten voraussichtlich um etwa 1,1 Millionen Euro. Foto: J. Fiedler

Von Elisabeth Klaper

MURRHARDT. „Wir müssen in einer schwierigen Zeit in eine unklare Situation hineinplanen“, umschrieb Bürgermeister Armin Mößner, welche Herausforderung das Team der Stadtkämmerei um Matthias Glassl zu stemmen hat. Dieser legte dem Gemeinderat den Entwurf für den Finanzhaushalt und das Investitionsprogramm zum in Aufstellung befindlichen Haushalt 2021 vor. Zwar ist laut Mößner die Einnahmenseite nicht mehr so stark, doch „dank soliden Wirtschaftens und in steuerstarken Jahren aufgebauten Liquiditätsreserven werden wir einen ausgeglichenen Haushalt hinbekommen“. Aber: „Wir müssen Wünschenswertes vom Leistbaren trennen“, betonte der Rathauschef, der die Schwerpunkte des Investitionsprogramms mit einem Gesamtvolumen von 11,2 Millionen Euro nannte.

Zum Breitbandausbau ging der finale Zuwendungsbescheid ein, die erste Finanzierungsrate umfasst 1,5 Millionen Euro. Die erste Rate zum Ersatzneubau der Turnhalle bei der Walterichschule beträgt 900000 Euro. Zur Umsetzung der Sanierungen des Heinrich-von-Zügel-Gymnasiums, von fünf Klassenzimmern an der Walterichschule, der Fenster und des Flachdachs an der Hörschbachschule wurden Förderanträge auf Basis der neu aufgelegten Schulbauförderrichtlinien gestellt, der Finanzierungsbedarf der Stadt liegt bei 1,475 Millionen Euro. Derzeit laufen Untersuchungen, ob das Sanierungsgebiet Bahnhof – östlich Klosterhof um die marode Karlstraße erweitert werden kann. Umgesetzt werden sollen auch die verschobene Erschließung des Neubaugebiets Siegelsberg-Ost für 1,1 Millionen Euro und die Sanierung des Regenüberlaufbeckens Wiesenstraße für 2,8 Millionen Euro. Die Finanzierung dieses großen Aufgabenpakets erfolgt mithilfe beantragter und zum Großteil bewilligter Zuschüsse sowie der Liquiditätsreserve.

Stadtkämmerer Matthias Glassl nannte die Eckdaten des Investitionsprogramms, das „erster Baustein für die Haushaltsplanung“ ist. Zudem die topaktuellen Zahlen auf Basis der Orientierungsdaten zur kommunalen Haushalts- und Finanzplanung des Haushaltserlasses. Diese gaben das Landesfinanz- und Innenministerium am Vortag der Sitzung heraus. Zwar sei wegen der Coronapandemie mit deutlich geringeren Steuereinnahmen zu rechnen. „Trotzdem wird erwartet, dass die Kommunen als Konjunkturmotor einspringen.“ Die Mindereinnahmen hätten aber aufgrund der Systematik einen positiven Effekt: Die auf den Steuereinnahmen von 2019 basierende Steuerkraftsumme sinkt, woraus geringere Umlagezahlungen und höhere Schlüsselzuweisungen folgen.

Hinzu kommen die Konjunkturhilfsprogramme, um Steuerausfälle zu kompensieren. Die Gewerbesteuereinnahmen werden 2021 etwa 4 Millionen Euro betragen, eine halbe Million weniger als 2020 angesetzt. Dadurch wird sich die Kreisumlage bei gleichbleibendem Hebesatz von 32,1 Prozent um 639000 Euro auf 6,315 Millionen Euro reduzieren. Ebenso wird die Finanzausgleichsumlage für 2021 mit 4,3 Millionen Euro um 417000 Euro geringer ausfallen als 2020. Beim Gemeindeanteil an der Einkommensteuer wirkt sich die Coronapandemie negativ aufs Gesamtvolumen aus: Nach der Steuerschätzung im September 2020 kann die Stadt für 2021 nur mit rund 6,8 Millionen Euro rechnen, 292000 Euro weniger als im laufenden Jahr.

Auf die geplante Neuverschuldung 2021 kann verzichtet werden.

Doch zum Glück erhält die Stadt einen Sockelgarantiebeitrag von 659000 Euro, rund 395000 Euro mehr als im Vorjahr. Insgesamt betragen die Zahlungen des kommunalen Finanzausgleichs, also Schlüsselzuweisungen und die kommunale Investitionspauschale, 9,1 Millionen, 900000 Euro mehr als 2020, und der Zahlungsmittelüberschuss eine Million Euro, woraus sich eine Nettoinvestitionsrate von 400000 Euro ergibt. Allerdings werden die städtischen Personalkosten deutlich steigen um rund 1,1 auf etwa 9,5 Millionen Euro. Gründe sind Tarifsteigerungen und zusätzlich erforderliche Betreuungskräfte für die Übernahme des evangelischen Kindergartens Oetingerhaus in städtische Trägerschaft.

„Wir sind noch optimistisch“, erklärte Glassl: Trotz der zu erwartenden schwierigen Situation könne man auf eine gute Liquidität zurückgreifen und dem Investitionsprogramm für 2021 Haushaltsreste aus 2020 von rund 3 Millionen Euro zugrunde legen. Das sind eingeplante Mittel für Projekte, die sich verzögert haben oder (noch) nicht begonnen werden konnten, wie die Erschließung des Neubaugebiets „Siegelsberg-Ost“. Dank der verbesserten Liquidität könne wohl auf die für 2021 eingeplante Neuverschuldung von 5,7 Millionen Euro und eine Kreditaufnahme verzichtet werden. So könne der städtische Schuldenstand von derzeit rund 6,1 auf 5,5 Millionen Euro abgebaut werden. Der Stadtkämmerer ergänzte die vom Bürgermeister genannten großen Investitionen um einige kleinere Projekte.

In der folgenden Diskussion setzten die Fraktionssprecher sich kritisch mit den Finanzdaten und der Verschiebung von Vorhaben auseinander. „Es hat uns erschüttert, dass die Personalkosten um 1,1 Millionen Euro steigen, wobei auf die zusätzlichen Betreuungskräfte nur ein kleiner Teil entfällt. Wir müssen aufpassen, dass nicht alles fürs Personal draufgeht“, formulierte drastisch Wolfgang Hess (UL). „Wir werden die Personalkosten noch mal durchgehen, der Betrag wird wohl etwas geringer ausfallen“, versprach Mößner. Aber: „Betreuungskräfte kosten Geld, auch müssen wir bis 2022 den Digitalpakt an Schulen umsetzen, dafür brauchen wir Personal.“

Auf Nachfragen des UL-Fraktionschefs zu kleineren Positionen erklärte Mößner, zur Ausstattung der Kindergärten Oetingerhaus und Klosterhof müsse man Mobiliar und Spielgeräte erwerben, wofür Angebote vorliegen. Die Mensa in der Stadthalle sei zu eng, auch da die Zahlen der Nutzer beträchtlich zugenommen habe. Darum prüfe man eine Einhausung der Stadthallenterrasse, und zur Sanierung der Küche und Toiletten sei ein Förderantrag gestellt. „Wir müssen in Zukunft noch mehr auf unser Geld achtgeben“, mahnte Mario Brenner (CDU-FWV) angesichts einer „sehr ungewissen Zukunft“ wegen Corona und der Wirtschaftsentwicklung. Bei freiwilligen Aufgaben sei zu hinterfragen, „was wollen und können wir uns leisten“.

Zu Brenners Verständnisfragen sagte Mößner, die Sanierung der Murrgasse sei untersucht und wegen beträchtlicher Kosten auf 2024 verschoben worden. „Andere Projekte haben Priorität, darum haben wir die Sanierung der Karlstraße wegen deren großer Bedeutung für den Verkehr vorgezogen.“ Für den Breitbandausbau seien 1,5 Millionen Euro eingeplant, um handlungsfähig zu sein und schnell starten zu können. Für Hartmann Widmaier (MDAL/Die Grünen) ist es „frustrierend, dass wir in den Vorjahren viel gespart haben, aber nur die notwendigen Pflichtaufgaben und den Substanzerhalt erfüllen können, und nur mit Streichungen kommen wir über die Runden“. Indes fand er „endlich mal was Erfreuliches“: Die seit Langem geplante Umstellung der freiwilligen Feuerwehr auf DOS-Digitalfunk soll endlich umgesetzt werden. Derzeit laufen Überprüfungen, ob im Maienweg weitere Bauplätze erschlossen werden können, beantwortete Mößner Widmaiers Nachfrage. Geschlossen stimmte das Stadtparlament dem Investitionsprogramm zu.