Auch die Aufforstung hat in den vergangenen Jahren eine Rolle gespielt, neben eigenen Anstrengungen gab es beispielsweise eine Baumpflanzaktion zwischen Fornsbach und Hinterbüchelberg, bei der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Kärcher unterstützt haben. Foto: J. Fiedler
Von Elisabeth Klaper
Murrhardt. Dank der eher kühlen und nassen Witterung im laufenden Jahr können Waldbesitzer und Forstleute aufatmen: Nach den trockenheißen Jahren hat sich nun die Situation im Stadtwald wieder entspannt, sodass es möglich war, planmäßig zu wirtschaften. Auf dieser Basis hat das Kreisforstamt den Betriebsplan für den Stadtwald Murrhardt fürs Forstbetriebsjahr 2022 ausgearbeitet. Kreisforstamtsleiterin Dagmar Wulfes erläuterte in der Gemeinderatssitzung die wichtigsten Details.
Kurz informierte sie über die aktuelle Lage: Der regelmäßige, teils starke Regen seit Jahresbeginn füllte die Wasservorräte im Boden weitgehend auf, die Jungpflanzen sind gut angewachsen und der Borkenkäfer konnte heuer nur zwei Generationen entwickeln. So konnten Schäden durch schnelle Ernte und Abfuhr befallener Bäume eingedämmt werden. Doch nun gelte es, die großen Herausforderungen durch den Klimawandel zu meistern. Schadholz ist schnell zu ernten und aus dem Wald zu entfernen, neu angelegte Kulturen sind zu sichern und die Förderangebote des Landes zu nutzen.
Künftig sind mehr Baumarten erforderlich, die gut mit den veränderten Bedingungen zurechtkommen, wie die Traubeneiche und der Spitzahorn, auch brauche man Alternativen zur Fichte. Auf jeder Pflanz- und Naturverjüngungsfläche sollten verschiedene Baumarten vorhanden sein, um das Risiko eines Totalausfalls zu minimieren. Auf trockenen Standorten sind die Bestände und deren Dichte zu reduzieren und Einzelbäumen genügend Platz einzuräumen. Da die Wälder vor großen Veränderungen im Aufbau und in der Zusammensetzung stehen, ist künftig mehr Geld in die Pflege zu investieren, gleichzeitig ist die Entwicklung der Holzpreise nicht mehr vorhersehbar.
Dank hoher Inlandsnachfrage und zeitweise sehr hoher Schnittholzpreise im Export haben sich die Holzpreise seit Januar 2021 für Nadelrundholz fast verdoppelt. So konnten fürs dritte Quartal sehr gute Preisabschlüsse getätigt werden, und viele Waldbesitzer haben diese Chance genutzt, um Nadelholz zu verkaufen. Derzeit haben sich die Holzpreise dank weiterhin hoher Nachfrage stabilisiert, könnten sich aber durch Sturmereignisse oder Trockenheit rasch wieder negativ entwickeln.
Nach Gründung der Holzvermarktungsgemeinschaft (HVG) Schwäbisch-Fränkischer Wald/Ostalb im April 2021 wird das im Landkreis anfallende Holz auf Kundenwunsch über diese vermarktet, alle Kommunen sind direkt oder indirekt über eine Forstbetriebsgemeinschaft Mitglied. Ziel ist es nun, möglichst viel Holz, bis zu 250000 Festmeter pro Jahr, über die HVG zu vermarkten, um eine bessere Marktposition gegenüber der Sägeindustrie zu erreichen. Ende Juli haben sich die Stadträte bei einem Waldbegang über die Situation informiert.
Abweichend von den Festsetzungen der Forsteinrichtung 2015 bis 2024 ist der Gesamthiebsatz von 69000 auf rund 80000 Festmeter und der Hiebsatz für 2022 bis 2024 von 6000 auf 7000 Festmeter pro Jahr erhöht worden. Verwaltung, Kreisforstamt und Gemeinderat wollen künftig vorsichtig vorgehen, die Standorte der Maßnahmen sorgfältig auswählen und die Belange des Naturschutzes und der Erholungsfunktion des Waldes ausgewogen berücksichtigen. Im Murrhardter Stadtwald kam es im Forstbetriebsjahr 2020 erstmals zu einem Defizit aus dem Forstbetrieb von rund 25000 Euro, für 2021 ist nur ein kleiner Überschuss von 3500 Euro prognostiziert, für 2022 wird wieder ein positives Ergebnis von über 81600 Euro erwartet.
Eine Holznutzung in Form von Möbeln ist vorteilhaft, weil CO2 gebunden bleibt
Jetzt bestehe wieder die Chance, regulären Holzeinschlag vorzunehmen, sagte Dagmar Wulfes mit Blick auf die rasant gestiegenen Holzpreise. Um diese zu nutzen, erfolgte auch im Spätsommer ein Holzeinschlag. Ziel der Waldbewirtschaftung und -nutzung ist es, künftig mit dem Grundsatz der Vielfalt und Mischung der Baumarten marktangepasst und waldbaulich gut zu arbeiten und Risiken zu minimieren. Wird der nachwachsende Rohstoff Holz genutzt und langfristig als Bau- oder Möbelholz verwendet und gebunden, sei die CO2-Bilanz der Wälder besser, wie wenn der Wald sich selbst überlassen wird.
Revierförster Andreas Schlär berichtete mit einer kleinen (Bilder-)Reise über die Arbeit in den bisherigen drei Quartalen 2021. Wegen der niedrigen Nadelholzpreise im ersten Quartal änderte das Forstteam kurzerhand die Nutzungsstrategie: Es schlug Laubholz ein und verkaufte es zu guten Preisen, zudem arbeitete es Schadholz auf und nahm Verkehrssicherungshiebe entlang von Straßen vor.
Bei der Jungbestandspflege erhalten die Bäume mehr Abstand
Im zweiten Quartal pflanzte das Team 2250 gesponserte Douglasien und Eichenjungpflanzen auf 2020 entstandenen Kahlflächen, die dafür erforderlichen Fegepfähle fertigten heimische Betriebe. Im dritten Quartal stand die Jungbestandspflege im Fokus: Die Kiefern- und Douglasienbestände im Bereich von Felsenmeer und Riesbergturm stellte man weit für bessere Einzelbaumstabilität. Zwischen Siebenknie und Trailhof erfolgte ein größerer maschineller Holzeinschlag, wobei man hohe Holzpreise erzielte und 50000 Euro einnahm. „Wir haben es gut hinbekommen“, so Schlärs positive Bilanz. „Der Wald hat auch infolge von Corona eine große Bedeutung für die Menschen bekommen. Deshalb wird die Holzernte immer schwieriger wegen teils starker Kritik aus der Bevölkerung“, darum plane man nun möglichst kleine Hiebe in verschiedenen Bereichen, verdeutlichte Revierförster Dieter Seitz.
Im Stadtwald ist zurzeit ein Drei-Mann-Waldarbeiter-Team tätig: Einer geht bald in den Ruhestand und muss 2022 ersetzt werden. Aus sicherheitstechnischen Gründen und für kurzfristig erforderliche schnelle Einsätze ist es wichtig, dass es weiterhin ein Drei-Mann-Team gibt. Man hoffe auf ein „moderates“, durchschnittliches Jahr 2022, damit der Wald sich weiter erholen kann und die Borkenkäferpopulation zurückgeht, betonte Seitz. Bürgermeister Armin Mößner und die Fraktionssprecher dankten dem Forst- und Waldarbeiter-Team für dessen wertvolle Arbeit und clevere, flexible Holzvermarktung.
Der kühle, nasse Sommer „war gutes Wetter für den Wald, und wir freuen uns, dass wir 2022 wieder ein positives Ergebnis für den Stadtwald erwarten können“, so Edgar Schäf. Der Waldarbeiterbestand sollte erhalten oder besser ausgebaut werden, um schnell reagieren zu können, fand der SPD-Fraktionsvorsitzende. „Der Stadtwald ist unser Sparkässle“, deshalb freute sich Mario Brenner (CDU/FWV), dass 2022 wieder ein Gewinn zu erwarten ist. Hartmann Widmaier befürchtet indes, „dass eine planmäßige Waldnutzung künftig eher die Ausnahme sein wird“. Um den Spagat zwischen dem Wald als Erholungsraum, Energie- und Rohstofflieferant hinzubekommen, „vertrauen wir auf die Fachleute“, so der Stadtrat der MDAL/Die Grünen-Fraktion. „Auch Jäger haben seit Corona massive Probleme: Im Wald herrscht zu viel Tumult wegen vielen Besuchern, die nicht nur auf befestigten Wegen, sondern auch auf Rückegassen durch den Wald laufen, dadurch ist das Wild im Stress“, merkte Markus Blank (UL) an. Geschlossen votierte das Stadtparlament für den Betriebsplan.