Damit man im Alter nicht Flaschen sammeln muss

Erstes grünes Stadtgespräch im Hotel Sonne-Post in Murrhardt über das Thema Altersvorsorge für Frauen

Das erste grüne Stadtgespräch wurde im Hotel Sonne-Post veranstaltet. Foto: J. Fiedler

© Jörg Fiedler

Das erste grüne Stadtgespräch wurde im Hotel Sonne-Post veranstaltet. Foto: J. Fiedler

Von Annette Hohnerlein

MURRHARDT.Von Altersarmut sind Frauen stärker bedroht als Männer. Kindererziehungszeiten, Teilzeitjobs, geringere Bezahlung – die Ursachen sind vielfältig. Deshalb ist es wichtig, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen, je früher, desto besser. Anke Kamrad und Jennifer Rau von der Kreissparkasse in Murrhardt referierten über „Altersvorfreude für Frauen – finanzielle Unabhängigkeit in allen Lebensphasen“. Eine Seniorin, die einen Müllbehälter durchwühlt auf der Suche nach Pfandflaschen. Mit diesem drastischen Bild verdeutlichten die Referentinnen, wohin es führen kann, wenn frau sich nicht rechtzeitig Gedanken über ihre Altersvorsorge macht.

Jennifer Rau und Anke Kamrad, die bei der Kreissparkasse in Murrhardt als Beraterinnen tätig sind, werden häufig mit Fragen rund um die Altersvorsorge konfrontiert. „Wir sehen in unserer täglichen Arbeit, wie dringend das Thema ist“, berichtet Kamrad.

Zunächst veranstalteten die beiden Betriebswirtinnen ein Quiz mit den sechs Besucherinnen und Besuchern – ja, es war auch ein Mann dabei! – und vermittelten so ein paar Fakten rund um die Altersvorsorge. Etwa über den Generationenvertrag, der vorsieht, dass die Rentenbeiträge der Erwerbstätigen nicht angespart, sondern sofort an die aktuellen Rentner ausbezahlt werden. Im Zusammenwirken mit der Alterspyramide, die sich durch den demografischen Wandel langsam auf den Kopf stellt, führt das dazu, dass immer weniger Beitragszahler immer mehr Rentner finanzieren müssen. Besonders von Altersarmut gefährdet sind Geringverdiener, Langzeitarbeitslose, Menschen mit Erwerbsminderung und Solo-Selbstständige. Jeder fünfte Deutsche über 55 Jahren ist davon betroffen. „Die Frauen trifft es deutlich mehr“, sagte Jennifer Rau, „denn sie bekommen in Deutschland 37 Prozent weniger Rente als Männer“. Das liegt daran, dass Frauen häufiger Teilzeit arbeiten, um für die Kinder oder die pflegebedürftigen Eltern da zu sein. „Die Frauen stecken beruflich mehr zurück“, so Kamrad. Darüber hinaus arbeiteten Frauen häufig in schlechter bezahlten Berufen, beispielsweise als Erzieherinnen oder in der Pflege. Und obendrein verdienten sie für vergleichbare Tätigkeiten sechs Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen. Eine höhere Lebenserwartung verschärft das Problem noch.

Damit aus der Altersvorsorge Altersvorfreude wird, empfehlen die Referentinnen ein Vorgehen in drei Schritten. Am Anfang sollte eine Bestandsaufnahme auf der Basis des Bescheids der gesetzlichen Rentenversicherung stehen. Einfließen müssten auch weitere Versicherungen, Geld-, Aktien- und Immobilienvermögen sowie Ausgleichsansprüche. Dann sollte durch einen Kassensturz ermittelt werden, wie hoch die zu erwartende Rente ausfallen wird. Wichtig dabei: Die Wertminderung durch Inflation, die Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung und die Besteuerung der Rente müssen berücksichtigt werden. Im vorgestellten Rechenbeispiel blieb nach diesen Abzügen nur noch die Hälfte dessen übrig, was als Bedarf für den Ruhestand angesetzt wurde. Also eine Rentenlücke von 50 Prozent.

Im dritten Schritt soll dann ein individuelles Konzept entstehen, das die Einnahmequellen des Ruheständlers berücksichtigt. Neben der gesetzlichen Rente können dies Zahlungen aus Betriebs- oder Privatrenten sein, Einkünfte aus Immobilien oder Kapitalvermögen oder auch Einkommen aus einer Arbeit im Rentenalter.

Organisationsteam für weitere

Themenvorschläge offen

„Es gibt verschiedene Stellschrauben, das ist sehr individuell. Wichtig ist, dass man sich mit dem Thema beschäftigt“, betonte Kamrad und fügte hinzu: „Je früher man anfängt, desto kleiner sind die monatlichen Beiträge.“ Manchmal griffen auch Eltern oder Großeltern den jungen Beitragszahlern unter die Arme, ergänzte Rau.

Bei der anschließenden Diskussion ging es um verschiedene Rentenprodukte wie die klassische Kapital-Lebensversicherung, eine Immobilie als Altersvorsorge, die Riester-Förderung oder auch die vorzeitige Auflösung der Altersvorsorge.

Susanne Trescher und Angelika Stierand hatten die Veranstaltung mit Unterstützung von Bündnis 90/Die Grünen Oberes Murrtal und der Listengemeinschaft Murrhardter Demokraten/Alternative Liste/Die Grünen organisiert. Beim zweiten grünen Stadtgespräch wird Anfang des kommenden Jahres eine Vertreterin der Rentenversicherung zum Thema Rentenbiografie referieren, kündigte Stierand an. Die Veranstalterinnen wollen die Reihe fortsetzen und sind offen für weitere Themenvorschläge, sagte Trescher.

Ein Bild aus der Powerpointpräsentation der Veranstalter macht das Thema deutlich.

© OneVision Solvero

Ein Bild aus der Powerpointpräsentation der Veranstalter macht das Thema deutlich.

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Erstellt:
16. Oktober 2019, 06:00 Uhr

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