Eine andere Art des Säens

Kunstgespräch in der Landart-Ausstellung „Spuren der Natur“ von Margit Körner – Ihr Weg zur Kunst und zum aktuellen Projekt

Für Margit Körner – ihr künstlerisches Alter Ego lautet „MÄG Körner“ – ist das kreativ-experimentelle Arbeiten eine Möglichkeit, sich mit aktuellen Fragen, Themen und Problemen auseinanderzusetzen. Bei ihrer Ausstellung in der Städtischen Galerie Murrhardt geht es um die Wahrnehmung der Natur in umfassendem Sinne, die helfen soll, ihre Komplexität zu verstehen und so ihrer Zerstörung entgegenzuwirken.

Austausch in der Galerie mit Gabriele Rösch (links) und Margit Körner (rechts) in unmittelbarer Nähe zu ihren Bildern und Installationen. Foto: C. Schick

Austausch in der Galerie mit Gabriele Rösch (links) und Margit Körner (rechts) in unmittelbarer Nähe zu ihren Bildern und Installationen. Foto: C. Schick

Von Christine Schick

MURRHARDT. Die Besucher des Kunstgesprächs schnappen sich einen Stuhl und nehmen im Ausstellungsraum der Städtischen Galerie Platz. Umgeben von den Bildern und Installationen Margit Körners werden gemeinsam mit Kuratorin Gabriele Rösch ihre Entwicklung, Motive und Beweggründe aufgeschlüsselt.

Margit Körner gibt Einblick in ihren Lebensweg. Aufgewachsen im Backnanger Teilort Oberschöntal war sie als Kind viel draußen. „Wir waren in den Fluren und Auen unterwegs, haben Lägerle gebaut“, erzählt sie. Ihren Eltern, in der Landwirtschaft tätig, blieb im Alltag wenig Zeit. Insofern war Arbeiten, Essen, Schlafen nicht ihr Lebensmodell, sie wollte freier unterwegs sein und entdeckte ihre Lust, die Räume um sich herum zu erkunden und zu gestalten. Das Interesse für Kunst und Architektur entwickelte sich. Ende der 1980er-Jahre fasste sie sich ein Herz und nahm mit Utz Föll von der Backnanger Künstlergruppe Maler der Baracke Kontakt auf. „Ich stand einfach vor der Tür, hatte auch keine Mappe dabei. Aber er hat ganz unkompliziert gesagt, komm rein, Mädel.“ Lange, bis etwa 2007, war Körner dort aktiv. Den Traum, Architektur zu studieren, musste sie als Mutter zweier Kinder zwar aufgeben, wurde später Schulsozialarbeiterin, trotzdem knüpfte sie immer wieder an künstlerische Themen und Vorhaben an – unter ihnen beispielsweise ein Landart-Projekt an der Hochschule für Kunsttherapie Nürtingen. „Da waren wir vier Tage auf der Schwäbischen Alb unterwegs, damals bin ich mit der Landart infiziert worden“, erzählt sie.

Beim aktuellen Ausstellungsprojekt spielen zwei Faktoren eine zentrale Rolle. „Ich habe Bienenwachs als neues Material für mich entdeckt.“ Zudem tauchten in der öffentlichen Diskussion die Problematik des Artenrückgangs und mögliche Gegenmaßnahmen wie das Anlegen von blühenden Wiesen auf – in unmittelbarer Umgebung schrieb sich dies beispielsweise der Naturpark als Motto auf die Fahnen (Kampagne „Blühender Naturpark“). Margit Körner zeigt auf ihre Blumenporträts in der Mitte des Raums, die nämlich sehr bewusst ausgewählt sind und Eingang in die Schau fanden: Geht es um die Insekten wie Bienen, so zählt nicht die reine Ästhetik, sondern der Pollen- und Nektarwert der Pflanze, sagt sie. Bei der Samenauswahl für eine Bienenweide, die den fleißigen Sammlerinnen und ihren wilden Verwandten etwas Gutes tun soll, entscheidende Kriterien. „Es reicht nicht, einfach eine Blumenwiese anzulegen, die Tiere brauchen ganz bestimmte Nahrungsmittel.“ Ein Teilnehmer bestätigt: „Die sind ganz schön schleckig“, sagt er und dass auch seine Gartenvögel durchaus die besseren und teureren Meisenknödel herausfänden.

Komplexes Thema,

verschiedene Zugänge

„Wir möchten mit dem Aktionstag am 14. Juli ja auch die Brücke von der Ausstellung nach draußen schlagen“, sagt Gabriele Rösch. Die Blühbeete in Wabenform, die vor der Galerie gepflanzt sind, haben sich schon gut entwickelt. Einerseits fließe in der Schau Wissen und Kunst zusammen, andererseits spiegelten Bilder und Installationen das Thema auch noch einmal zurück. „Es gibt ja nicht nur einen möglichen Zugang.“ Für Körner hat Landart schon immer komplexere Herangehensweisen und die gesellschaftliche Auseinandersetzung gesucht. Ihr persönlicher Zugang bezieht im Idealfall auch mehrere Sinne mit ein. „Ich liebe es, experimentell zu arbeiten“, sagt sie und beschreibt, wie sie bei einem früheren Projekt einen Weihnachtsbaum klein geschnitten und in Einmachgläsern konserviert hat – Fühl- und Dufterlebnis inklusive. Ein Beispiel aus der Ausstellung: Das große Schottergitter, mit dem sonst Wege fixiert werden, wird kombiniert mit zarten Zeichnungen von Astern, die reale Vorbilder haben (Acker einer Freundin). Eine Zuhörerin nickt und kommt auf die „Gärtner des Grauens“ zu sprechen, womit sie Flächengestalter meint, die auf Beton und Schotter setzen. „Jetzt bei diesen Temperaturen merken wir ja auch, wie das die Hitze reflektiert.“

Gabriele Rösch stellt fest, wie stark sich das Bild von Ästhetik gewandelt hat und mit ihm möglicherweise Leitlinien eines aufgeräumten, ordentlichen Gartens infrage gestellt werden können. Für Margit Körner wäre es schon ein Fortschritt, sich nicht für ein Extrem – völlig wilde Gärten oder die minimalistische Variante fast ohne Grün – entscheiden zu müssen und eine gesunde Mitte im wahrsten Sinne des Wortes mehr Boden gewinnen zu lassen. Beim Aktionstag jedenfalls sind Interessierte und Verbündete in dieser Hinsicht willkommen: Es werden Samenpäckchen für Blühwiesen mit gehaltvollem Nährwert verteilt und der Saatort auf einem Stadtplan mit einem kleinen Kleber markiert, um parallel ein Bild zur Aktion zu schaffen. Fachvertreter geben zudem Tipps rund um die Gestaltung eines naturnahen Gartens.

Ausstellung und Brückenschlag zum praktischen Tun, Landart als ursprünglich vergängliche Kunstinstallation in der Natur und aktuell als Erinnerungsanker für mehr nachhaltigen Naturschutz – die Veranstalter nehmen dies nicht als Widerspruch, sondern als Chance wahr. „Die einzige Möglichkeit ist, das breit zu streuen. Es ist eine andere Form des Säens, wenn man so will“, sagt Gabriele Rösch.

Der Aktionstag findet am Sonntag, 14. Juli, 14 bis 17 Uhr rund um die Städtische Kunstsammlung statt.

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Erstellt:
3. Juli 2019, 06:00 Uhr

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