In manchen Pfarrhäusern geht das Licht aus

Bei der Frühjahrssynode des evangelischen Kirchenbezirks Backnang wird die Umsetzung des Pfarrplans 2030 beschlossen.

Der neue Dekan Rainer Köpf muss im Kirchenbezirk Backnang unpopuläre Reformen umsetzen. Archivfoto: Tobias Sellmaier

© Tobias Sellmaier

Der neue Dekan Rainer Köpf muss im Kirchenbezirk Backnang unpopuläre Reformen umsetzen. Archivfoto: Tobias Sellmaier

Von Uta Rohrmann

Rems-Murr. Gesellschaftliche Entwicklungen wie Individualisierung, der Rückgang der Geburtenrate und immer mehr Kirchenaustritte sowie weniger Kirchensteuereinnahmen und weniger Pfarrer – all das sind Veränderungen, die den Pfarrplan 2030 notwendig gemacht haben. Verwaltungstechnisch gesprochen handle es sich dabei um eine „Strukturmaßnahme“, so Dekan Rainer Köpf bei der Frühjahrssynode des evangelischen Kirchenbezirks Backnang. Der nüchterne Begriff könne aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es schmerzlich sei, wenn in manchen Pfarrhäusern das Licht ausgehe. Ziel des Plans sei es, die Kirche arbeitsfähig zu halten.

Weitere Gemeindefusionen in Murrhardt und Auenwald

Die Zahl der Pfarrstellen, die in der württembergischen Landeskirche eingespart werden müssen, ist regional unterschiedlich – zwischen 15 und 41 Prozent. Im Kirchenbezirk Backnang sind es 27,5 Prozent, die wegfallen – leicht über dem landesweiten Schnitt von 25 Prozent. In absoluten Zahlen ausgedrückt sind das 6,25 Stellen weniger als bisher. Es gibt dann noch 16,5 Pfarrstellen im Kirchenbezirk. Der Prozess soll bis 2030 abgeschlossen sein.

Wie die Vorgaben umgesetzt werden und die Verteilung aussehen könnte, darüber hatte sich ein Vordenkgremium Gedanken gemacht und das Ergebnis auf der Herbstsynode 2023 vorgestellt. Eine Reihe von Gesprächen und Beratungen in den Kirchengemeinderäten vor Ort und in den Distrikten folgte. Dekan Köpf stellte das bisherige Ergebnis vor: Die Gesamtkirchengemeinde Backnang mit momentan fünf selbstständigen Kirchengemeinden beginnt einen Fusionsprozess zu einer Kirchengemeinde, aufgeteilt in vier neue Parochien mit insgesamt vier Stellen. Im mittleren Murrtal unterstützen Burgstetten und Oppenweiler personell die bereits fusionierte Kirchengemeinde Aspach – insgesamt stehen hier drei Pfarrstellen zur Verfügung. Für die fünf Gemeinden im oberen Murrtal (Fornsbach-Kirchenkirnberg, Murrhardt-Klosterhof, Murrhardt-Riesberg, Sulzbach-Spiegelberg, Großerlach-Grab), die einen Zusammenschluss mit noch offener Rechtsform planen, sind dreieinhalb Pfarrstellen vorgesehen. Im Weissacher Tal (3,5 Pfarrstellen) werden die Kirchengemeinden Oberbrüden-Unterbrüden und Lippoldsweiler zu einer Kirchengemeinde Auenwald fusionieren. Über die künftige Zusammenarbeit von Allmersbach, Althütte, Auenwald und Weissach im Tal wird noch weiter beraten. Mit 59 Jastimmen, sechs Gegenstimmen und drei Enthaltungen nahm die Synode den Pfarrplan 2030 an.

Zur Entlastung soll eine Verwaltungsreform bereits zum 1. Januar 2025 dienen. Zudem wird geplant, so schnell wie möglich eine Transformationsstelle auszuschreiben, um distriktübergreifend für den ganzen Kirchenbezirk ein Projekt (zum Beispiel Familienarbeit oder Arbeit mit jungen Erwachsenen) zu begleiten, Ehrenamtliche zu koordinieren und geistlich-theologisch zu emanzipieren. Außerdem haben Kirchengemeinden die Möglichkeit, eine etwaige Kindergartenträgerschaft auf den Kirchenbezirk zu übertragen, was Pfarrerinnen und Pfarrer zeitaufwendige administrative Aufgaben abnimmt.

Wie kann angesichts der Kürzungen Kirche noch erlebbar bleiben? Damit beschäftigten sich die Kirchengemeinderäte der evangelischen Kirchengemeinden im oberen Murrtal an einem gemeinsamen Klausurabend im Gemeindehaus in Fornsbach. Der Abend wurde von zwei Gemeindeberatern moderiert, die auch den weiteren Prozess begleiten. Am Anfang stand das Kennenlernen. Dann wurden Sorgen und Befürchtungen geteilt. Sie spiegeln sich wider in Äußerungen wie diesen: „Menschen werden abgehängt“, „Schätze gehen verloren“, „Ehrenamtliche geben auf“. Aber auch Hoffnungen keimten an dem Abend auf: „Gemeinsam sind wir stärker“, „Es gibt Raum für neue Ideen“, „Kräfte werden gebündelt“, „Vielfalt nimmt zu“.

In den kommenden Wochen und Monaten erarbeitet eine Steuerungsgruppe Vorschläge, wie das neue kirchliche Miteinander im oberen Murrtal aussehen kann. Als Erstes soll ein gemeinsamer Gottesdienstplan entstehen, der dann ab September greifen wird, damit auch mit weniger Personal in allen Kirchen verlässlich Gottesdienste gefeiert werden können.

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Erstellt:
30. März 2024, 06:00 Uhr

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