Paläoklimatologie

Dinosaurierzähne sind wie eine Klima-Zeitkapsel

Versteinerte Dinosaurierzähne zeigen, dass die Atmosphäre während des Mesozoikums vor 252 bis 66 Millionen Jahren weit mehr Kohlenstoffdioxid enthielt als heute.

Skelett eines Tyrannosaurus rex. am Fundort in  Murray Ranch im US-Bundesstaat Montana.

© ©: Naturalis Biodiversity Center

Skelett eines Tyrannosaurus rex. am Fundort in Murray Ranch im US-Bundesstaat Montana.

Von Markus Brauer

Eine bislang unerschlossene Datenquelle wirft neues Licht auf das Klima der frühen Erde: Versteinerte Dinosaurierzähne zeigen, dass die Atmosphäre während des Zeitalters des Mesozoikums vor 252 bis 66 Millionen Jahren weit mehr Kohlenstoffdioxid enthielt als heute.

Das haben Forscher der Universitäten Göttingen, Mainz und Bochum durch die Analyse von Sauerstoffisotopen im Zahnschmelz herausgefunden. Dabei kam eine neu entwickelte Methode zum Einsatz, welche die Mengenverhältnisse aller drei Sauerstoffisotope analysiert und neue Perspektiven für die erdgeschichtliche Klimaforschung eröffnet.

Die Studie ist im Fachjournal „Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS)“ erschienen.

Zudem zeigen die Isotopendaten, dass damals die gesamte Photosyntheseleistung aller Pflanzen doppelt so hoch war wie heute. Das hat wahrscheinlich zum dynamischen Klima in der Zeit der Dinosaurier beigetragen. Die Studie wurde in der Fachzeitschrift PNAS veröffentlicht.

Mesozoic atmospheric CO2 concentrations reconstructed from dinosaur tooth enamel | PNAS https://t.co/bJlJgY7Zg5 — Thomas R. Holtz, Jr. (he/him) (@TomHoltzPaleo) August 4, 2025

Rückschlüsse vom Dino-Zahnschmelz auf Erdklima

Das Forscherteam analysierte den Zahnschmelz von Dinosaurierzähnen aus dem späten Jura und der späten Kreidezeit, die in Nordamerika, Afrika und Europa gefunden wurden. Zahnschmelz ist eines der stabilsten biologischen Materialien. Er enthält verschiedene Isotope des Sauerstoffs, den ein Dinosaurier mit der Luft eingeatmet hat.

Das Verhältnis der Isotope im Sauerstoff reagiert auf Veränderungen des atmosphärischen Kohlenstoffdioxids und der photosynthetischen Aktivität der Pflanzen. Dieser Zusammenhang ermöglicht Rückschlüsse auf das Klima und die Vegetation im Zeitalter der Dinosaurier.

Damals viermal so viel CO2 in der Luft wie heute

Im späten Jura vor etwa 150 Millionen Jahren enthielt die Luft etwa viermal so viel Kohlenstoffdioxid (CO₂) wie zur Zeit vor der Industrialisierung, also bevor der Mensch große Mengen des Treibhausgases in die Atmosphäre ausstieß. In der späten Kreidezeit vor rund 73 bis 66 Millionen Jahren war der Gehalt dreimal so hoch.

Einzelne Zähne von Tyrannosaurus rex und Kaatedocus siberi enthielten eine auffällige Zusammensetzung der Sauerstoffisotope. Diese deutet auf CO₂-Spitzen hin, die mit großen Ereignissen wie Vulkanausbrüchen in Verbindung stehen könnten – etwa den massiven Eruptionen der Flutbasalte des Dekkan Trapp im heutigen Indien am Ende der Kreidezeit.

Dass die Pflanzen an Land und im Wasser global betrachtet damals mehr Photosynthese betrieben, ging wahrscheinlich mit dem CO₂-Gehalt und mit höheren Jahresdurchschnittstemperaturen einher.

Meilenstein für Paläoklimatologie

Für die Paläoklimatologie ist die neue Studie ein Meilenstein: Um das damalige Klima zu rekonstruieren, werden bislang vor allem Bodenkarbonate und sogenannte marine Proxys benutzt. Solche Proxys sind Hinweise aus dem Meer, die mit den gesuchten Parametern so eng in Wechselwirkung stehen, dass sie stellvertretend erfasst werden.

Diese Verfahren sind mit Unsicherheiten behaftet. Mit der Analyse der drei Sauerstoffisotope in Zahnfossilien haben die Forscher nun die erste Methode entwickelt, die landlebende Wirbeltiere ins Visier nimmt. „Unsere Methode gibt uns einen völlig neuen Blick auf die Vergangenheit der Erde“, erklärt Erstautorin Dingsu Feng aus der Abteilung Geochemie und Isotopengeologie der Universität Göttingen.

„Sie eröffnet die Möglichkeit, über fossilen Zahnschmelz die Zusammensetzung der Atmosphäre der frühen Erde sowie die Produktivität der damaligen Pflanzen zu erforschen. Das ist entscheidend für das Verständnis langfristiger Klimadynamiken.“ Dinosaurier werden dabei zu Klimawissenschaftlern, erläutert Feng: „Ihre Zähne haben vor über 150 Millionen Jahren das Klima protokolliert – jetzt hören wir endlich hin.“

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Erstellt:
5. August 2025, 12:50 Uhr
Aktualisiert:
5. August 2025, 13:06 Uhr

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