Anekdoten und Legenden, Liebe und Sex

Das Trio „Pariser Flair“ erinnert an „Madame Piaf“, nimmt bei seinem Konzertabend in der Murrhardter Festhalle vor allem die Beziehungen der Diva in den Blick und reiht viele berühmte Chansons wie an einer Perlenkette auf.

Jenny Schäuffelen, Marie Giroux und Yann Merker (von links) haben in Murrhardt eine sehr eigene Hommage an Édith Piaf präsentiert. Foto: J. Fiedler

© Jörg Fiedler

Jenny Schäuffelen, Marie Giroux und Yann Merker (von links) haben in Murrhardt eine sehr eigene Hommage an Édith Piaf präsentiert. Foto: J. Fiedler

Von Carmen Warstat

Murrhardt. Schon in der Ankündigung wird gewarnt: Nein, „es geht nicht darum, wie Édith Piaf von ihrer leiblichen Mutter kurz nach der Geburt verlassen, von der einen Großmutter vernachlässigt und von der anderen im Bordell aufgezogen wurde. Es geht nicht um ihren zu Gewaltexzessen neigenden, dem Alkoholismus verfallenen Vater, den frühen Tod ihrer einzigen Tochter oder die Ermordung ihres Mentors.“ Vorab lassen die Musiker Marie Giroux, Jenny Schäuffelen und Yann Merker dies wissen, und folgerichtig geht es auch nicht um die Vorwürfe der Nazikollaboration, mit denen die große Dame des französischen Chansons sich nach dem Zweiten Weltkrieg konfrontiert sah. Nein, es geht um ihre Männer, und das von Tragödien durchzogene Leben der kleinen Frau – 1,47 Meter – wird in recht launiger Manier auf dieses Band gefädelt, munter und fidel, frohgemut vergnügt, unbehelligt von Trauer oder Zweifel. Hauptsächlich zielte die Recherchearbeit der Marie Giroux wohl in diese eine Richtung – für ahnungslos könnte man sie halten, wenn ihr großer Fleiß nicht spürbar und eben die oben zitierte Einlassung nicht gewesen wären, für oberflächlich oder ungerührt von einem Leben, das einer Achterbahnfahrt geglichen haben soll und nicht halb so unbeschwert war wie dieses Programm. Nicht, dass man nicht lachen müsste. Und nicht, dass es dem Publikum nicht gefiele. Heiterkeit kommt auf, wenn Giroux und ihre Partnerin Jenny Schäuffelen Édith Piafs Männer in Kategorien einteilen und beispielsweise über „die Besetzungscouch“ scherzen, den One-Night-Stand thematisieren, über Äußerlichkeiten fabulieren oder gemeinsam mit ihrem Cellisten und dem Publikum das Lied vom Tod des Dichters intonieren: „Quand il est morte le poète“. Gilbert Bécaud schrieb es einst für Jean Cocteau, und es handelt von den vielen Tränen der Freunde, von den Tränen der Welt.

Auf acht Männerkategorien bringt es das Trio, und so geraten auch Größen wie eben Bécaud und Cocteau, Charles Aznavour, Jacques Brel, Charles Dumont und Georges Moustaki ins Fahrwasser einer Art von Humor, die ihren Leben und Œuvres nicht angemessen scheint.

Bei solider musikalischer Umsetzung mit Klavier und Akkordeon (Jenny Schäuffelen) sowie Cello und Violine (Yann Merker) bleibt der Leadgesang von Marie Giroux oft merkwürdig seelenlos, kalt, unpersönlich. Nicht so klein wie die Piaf, aber ebenso zart, verfügt die Sängerin, die eigentlich von der Klassik kommt, über eine sehr starke und kraftvolle Stimme, die weder Höhen scheut noch Unsicherheiten kennt, allein: im Chanson offensichtlich nicht so recht zu Hause ist.

Kleine Anekdoten und große Legenden werden preisgegeben, meist geht es um Liebe oder Sex in den verschiedensten Ausprägungen: Liebe mit Sex und Liebe ohne Sex oder eben Sex ohne Liebe. Eine wunderschöne Sammlung berühmter Chansons wird zusammengetragen. Vom „Padam Padam“ über Friedrich Holländers „Ich weiß nicht, zu wem ich gehöre“, Aznavours „Wie sie sagen“ und seinem „She“, Dumonts „Les mots d’amour“ bis zu Moustakis „Milord“ – die Aufzählung ließe sich fortsetzen. Und natürlich kommen auch Bécauds „Nathalie“ sowie Édith Piafs von Dumont verfasster großer Erfolg zu Gehör: „Non, je ne regrette rien“ – „Nein, ich bereue nichts“. Und es bleibt schwer vorstellbar, dass die kleine Diva das selbst glaubte.

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Erstellt:
19. Oktober 2021, 06:00 Uhr

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