Aufhübschung schlägt neuen Verkehrsplan

Am Verwaltungsvorschlag, wie der Marktplatz attraktiver gestaltet werden kann, scheiden sich die Geister. Finden einige Gemeinderäte die Ideen gut, kritisieren andere Einzelpunkte. Auch gibt es den Standpunkt, dass erst nach einem generellen Verkehrskonzept entschieden werden sollte.

Die Engstelle in der Hauptstraße zwischen Eisdiele und AOK sehen viele als Problem. Aber auch eine Abgrenzung durch Poller im Sinne eines Fußweges an der linken und rechten Seite fand nicht nur Befürworter. Fotos: J. Fiedler

© Jörg Fiedler

Die Engstelle in der Hauptstraße zwischen Eisdiele und AOK sehen viele als Problem. Aber auch eine Abgrenzung durch Poller im Sinne eines Fußweges an der linken und rechten Seite fand nicht nur Befürworter. Fotos: J. Fiedler

Von Christine Schick

Murrhardt. Mit dem Thema hatte sich im vergangenen Jahr zumindest ein Teil der Gemeinderäte schon einmal befasst und bei der Klausurtagung im Oktober in einer Arbeitsgruppe Ideen zur Gestaltung des Marktplatzes diskutiert und zusammengetragen, die auch den Verkehrsfluss, die Fußgänger und die Möblierung mitberücksichtigen sollten. Die Liste mit zehn Punkten ist komplett in den Verwaltungsvorschlag eingeflossen, die Umsetzung beziehungsweise Detailplanung stieß dann bei der Vorstellung im Gemeinderat allerdings auch auf Widerspruch. Insbesondere das Fehlen eines grundsätzlichen Verkehrskonzeptes wurde angemahnt.

Seinen Erläuterungen schickte Bürgermeister Armin Mößner voraus, dass das aktuelle Erscheinungsbild des Marktplatzes aus einer Gestaltungskonzeption von 1997 resultiere. Anhand eines Plans beschrieb er, was nun alles auf dem Wunschzettel steht. Zusätzliche Pflanztöpfe in verschiedenen Größen analog derjenigen, die bereits in der Innenstadt stehen, sollen der Verschönerung dienen, aber auch helfen, den Verkehr zu regeln und die Wege zu markieren. Die alten Betonbänke werden durch neuere, ästhetischere Modelle in Absprache mit dem Stadtmarketing ersetzt.

Hinter dem Marktbrunnen soll ein Ruhe- und Aufenthaltsbereich geschaffen werden – mit Sitzgelegenheiten in halbrunder Form und Bepflanzung sowie zwei Wipptieren als Spielattraktion für Kinder. Damit will die Verwaltung auch dem Problem begegnen, dass viele Autofahrer den Brunnen umkreisen, um ihren Wagen zu wenden. Für die Stadtkapelle, die dort beim Stadtfest ihren festen Standort hat, sieht Mößner aber kein Problem, die Installationen ließen sich für solche Anlässe auch mal abmontieren.

Dem Asiashop soll eine Fläche, auf der eigentlich Halteverbot besteht, aber oft geparkt wird, für die Außenbewirtschaftung des Imbisses zugeschlagen und mit Pflanztrögen umrandet werden. Auch der Bäckerei Rauch an der Hauptstraße nahe der Ochsenkreuzung möchte man in dieser Hinsicht mehr Spielraum geben. Sie erhält nach der Planung beide Parkplätze vor dem Geschäft, sodass die Gäste dort mehr Platz haben und die verkehrlich beengte Situation etwas entschärft wird. Generell soll die Außenbewirtschaftung mit nur einem Typus von Pflanzkübeln bestückt sein, sodass sich ein einheitliches Bild ergibt. Weitere neue Abfallbehälter gehören ebenfalls zur gewünschten Ausstattung wie zusätzliche Fahrradständer am Rathaus und an der Hauptstraße nahe des Blumengeschäfts Ebinger. Um den Verkehr von der Ochsenkreuzung zur Hauptstraße und zum Marktplatz sowie zurück für Motorisierte, Radler und Fußgänger sicherer zu machen, schlägt die Verwaltung zudem Trennelemente vor: Die Fußwege in Richtung Rathaus erst beidseitig bis auf Höhe der AOK mit Pollern, dann nur auf der linken Seite bis zum Engel mit Pflanztöpfen abzugrenzen. „Es kommt vor allem in diesem schmaleren Eingangsbereich wegen parkender Autos immer wieder zu gefährlichen bis chaotischen Situationen, wenn sich Fahrzeuge, Fahrräder und Passanten begegnen“, sagte Mößner. Beim Zoogeschäft und Pizzaservice sind Haltebuchten fürs Be- und Entladen vorgesehen. Die Diskussion eines autofreien Marktplatzes wolle er nicht aufmachen. Hauptargument für ihn sei, dass die Geschäfte um ihre Kundenfrequenz fürchteten und die Innenstadt dadurch an Attraktivität verliere, ein Trading-Down-Effekt drohe. Die Neugestaltung sei mit Kosten verbunden – rund 92300 Euro – aber man wolle auch eine gewisse Qualität.

Es schloss sich eine lange Diskussion an, bei der mal Details, mal Grundsätzliches in den Blick kamen. Klaus-Peter Dörrscheidt (UL) stellte zwar fest, dass ihm die Ideen gut gefielen. Allerdings brauche man erst ein generelles Verkehrskonzept für die Innenstadt, bevor man in die Planung für die Marktplatzgestaltung einsteigen sollte. Bei einer Einbahnstraßenregelung über den Marktplatz beispielsweise gewinne man Platz und habe ganz andere Möglichkeiten. Elisabeth Zenker (SPD) formulierte es vorsichtiger. Es habe sie zumindest gewundert, dass man im Vorfeld viel übers Verkehrskonzept diskutiert habe und dies hier nun kein Thema sei. Generell zeigte sie sich aber vom Vorschlag angetan, wie sich die Atmosphäre dann verändere, sei abzuwarten. „Natürlich dürfen wir das Verkehrskonzept nicht aus den Augen verlieren“, sagte Susanne Barreuther (CDU/FWV), „aber ich bin froh, wenn wir mit der Neugestaltung jetzt starten.“ In der Innenstadt sei nämlich dieser Tage oft sehr wenig los.

Verkehrskonzept und jetziger Gestaltungsvorschlag beißen sich nicht, so die Einschätzung von Martin Stierand (MDAL/Die Grünen). Letzterer fand auch seine Zustimmung, bis auf einen Punkt: die Abgrenzung des Fußwegs mit Pollern. Sie schaffe zu Beginn der Hauptstraße einen Flaschenhals. Dies unterstrich sein Fraktionskollege Hartmann Widmaier später noch einmal. Letztlich widerspreche der Gedanke der Verkehrsberuhigung dieser Situation. Die Trennung und verengte Fahrbahn bergen die Gefahr, dass doch wieder schneller gefahren werde. Entweder man beruhige den Bereich wirklich oder ändere nichts am Status quo. Ein späterer Vorschlag von Dörrscheidt, die Poller durch Pflanztröge zu ersetzen, wurde als zu platzraubend beurteilt.

Markus Blank (UL) plädierte wie sein Fraktionskollege für eine umgekehrte Reihenfolge: Erst über ein generelles Verkehrskonzept in der Innenstadt beraten und entscheiden, dann die Marktplatzgestaltung angehen. Für eine Einbahnregelung spreche, dass sich der Verkehr an der Ochsenkreuzung ballt und dies oft zu gefährlichen Verkehrssituationen führe. Er fände es gut, sich vom Status quo mehr zu lösen und so neue Ideen entwickeln zu können.Einer Einbahnregelung über den Marktplatz am Rathaus vorbei war auch Edgar Schäf (SPD) nicht abgeneigt. Zurück könne man über die Sterngasse und Grabenstraße oder Klosterhof und Seegasse fahren. Somit stellten die Poller und die Engstelle dort kein Problem mehr dar. Bürgermeister Armin Mößner verwies darauf, dass schon in den 1990er-Jahren die Diskussion um Gestaltung und Verkehrsführung eine kontroverse gewesen sei. Er hält eine Einbahnregelung für problematisch. Den Verkehr über Stern- oder Seegasse zu leiten, müsse man sich gut überlegen, zum einen, weil es auch dort eng sei, zum anderen, da die Umwege seiner Einschätzung nach Besucher aus der Weststadt abschreckten, die dann nicht mehr in die Innenstadt kämen. Auch sah er die Gefahr, dass auf einer Einbahnstraße wieder schneller gefahren werde. Er sprach sich dafür aus, die Gestaltung anzugehen und losgelöst von einem Verkehrskonzept zu sehen.

„Jetzt rächt sich, dass wir es bisher nicht geschafft haben, uns auf ein Verkehrskonzept zu einigen beziehungsweise es auszudiskutieren“, sagte Rolf Kirschbaum (CDU/FWV). Gleichzeitig war er dafür, dies zu vertagen, sei der aktuelle Vorschlag doch mehr als Aufhübschung des Marktplatzes zu sehen. Einen Punkt habe er bei der Gestaltung vermisst: Platz für einen größeren Baum, der aus klimatischer Sicht positiv zu werten sei. Dazu merkte Mößner an, dass die Konzeption der 1990er-Jahre dies nicht vorsehe, er aber die jetzigen Kugelahornbäume in Pflanzkübeln als Kompromiss ansehe, auch weil Laub und Wurzeln schnell Beschwerden nach sich zögen.

Zum Ende der Diskussion verlieh Mario Brenner (CDU/FWV) seiner Irritation Ausdruck. Er verstehe nicht ganz, warum eine Aufwertung und Verschönerung des Marktplatzes so problematisch gesehen werde. Mit ein paar Pollern, die bei einem neuen Verkehrskonzept vielleicht abgebaut werden müssten, mache man doch nicht viel kaputt. Auch wenn er infrage stellte, ob eine Straßenführung über die Sterngasse, die die Fußgängerzone quert, so vorteilhaft sei. Fraktionskollege Klaus Lang betonte, dass er es schlecht fände, die Vorschläge nun zu zerreden. Ein Verschönerungskonzept müsse auch praktikabel sein. Die Umsetzung täte Not, die Einzelhändler seien auf eine höhere Kundenfrequenz angewiesen, sagte er und prophezeite, dass die momentane Lage nicht alle überstünden.

Die Abstimmung spiegelte die kontroverse Diskussion, trotzdem fand sich letztlich eine Mehrheit für das vorgeschlagene Konzept, das mit acht Ja- und sechs Neinstimmen sowie drei Enthaltungen beschlossen wurde.

„Jetzt rächt sich, dass wir es bisher nicht geschafft haben, uns auf ein Verkehrskonzept zu einigen beziehungsweise es auszudiskutieren.“ Rolf Kirschbaum (CDU/FWV),
analysiert er gegen Ende der Diskussion.
Hinter dem Brunnen, hier an der rechten Seite, soll ein ruhiger Bereich zum Verweilen eingerichtet werden – mit Bänken, Bepflanzung und Wipptieren für Kinder.

© Jörg Fiedler

Hinter dem Brunnen, hier an der rechten Seite, soll ein ruhiger Bereich zum Verweilen eingerichtet werden – mit Bänken, Bepflanzung und Wipptieren für Kinder.

Zum Artikel

Erstellt:
25. September 2021, 06:00 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen

Lesen Sie jetzt!

Murrhardt und Umgebung

Herantasten an künftige Herausforderungen

Bei „Politik&Pizza“, einem Abend der Volkshochschule Murrhardt und der Landeszentrale für politische Bildung, geht es um Lösungsansätze drängender Probleme. Eine Stadträtin und drei Stadträte skizzieren ihre Positionen und die Stoßrichtung ihrer jeweiligen Gemeinderatsfraktion.

Murrhardt und Umgebung

Erlebnis, Vernetzung und starke Böden

Beim Naturpark Schwäbisch-Fränkischer Wald sind drei neue Projekte angelaufen: der Aufbau von Trekkingcamps, die Etablierung von Partnerschaften mit Betrieben und die Kräftigung von Böden durch Erhöhung des Humusgehalts. Das Team berichtet über Pläne und Hintergründe.