Großbritannien
Aufruf zu Mord? Terror-Ermittlungen gegen nordirische Rapper
«Töte deinen Abgeordneten» und «Es lebe Hamas, es lebe Hisbollah». Die nordirische Gruppe Kneecap gerät wegen angeblicher Äußerungen ins Visier von Ermittlungen. Konzerte in Deutschland entfallen.

© Ian West/PA Wire/dpa
Die nun ins Visier von Ermittlungen geratene Band Kneecap wurde gemeinsam mit Regisseur und Autor Rich Peppiatt (Zweiter von links) bei den Bafta-Awards für einen gemeinsamen Film ausgezeichnet.
Von dpa
London - Wegen angeblicher Aufrufe zum Mord an Abgeordneten und Verherrlichung von Hamas und Hisbollah ermittelt die britische Anti-Terror-Polizei gegen das nordirische Rap-Trio Kneecap. Das teilte ein Sprecher der Metropolitan Police bei einer Pressekonferenz laut der britischen Nachrichtenagentur PA mit.
Hintergrund sind Äußerungen, die angeblich bei Konzerten im November vergangenen Jahres in London gefallen sein sollen. Videos davon kursieren im Internet. Darauf zu hören ist, wie auf der Bühne über konservative Parlamentsabgeordnete gesagt wird: "Nur ein toter Tory ist ein guter Tory" und "Töte deinen Abgeordneten". In einem anderen Video ist angeblich zu hören: "Es lebe Hamas, es lebe Hisbollah."
Konzerte in Deutschland abgesagt
Mehrere Auftritte der Gruppe waren nach dem Bekanntwerden der Vorwürfe abgesagt worden. Laut der Ticket-Webseite Eventim entfallen für September angekündigte Konzerte in Köln, Berlin und Hamburg. Oppositionschefin Kemi Badenoch von der Konservativen Partei forderte ein Verbot der Gruppe, andere verlangten, dass ihr geplanter Auftritt bei dem legendären Musikfestival Glastonbury abgesagt werden solle.
In einer Stellungnahme vor einigen Tagen wiesen die Rapper die Vorwürfe zurück. Man habe in keiner Weise zu Gewalt aufgerufen. Trotzdem entschuldigten sie sich bei den Familien von Jo Cox und David Amess. Die beiden Abgeordneten waren in den vergangenen Jahren ermordet worden. Von der Hamas und der Hisbollah, die unter anderem von der EU als Terrororganisationen eingestuft werden, distanzierten sich die Rapper. Ansonsten gaben sie sich weitgehend uneinsichtig. Ihrer Darstellung zufolge sollen die umstrittenen Äußerungen als Vorwand dienen, um legitime Kritik am Gaza-Krieg mundtot zu machen.
Solidarität von anderen Musikern
Mehrere andere Künstler solidarisierten sich mit Kneecap, darunter die Gruppen Pulp, Primal Scream sowie Sänger und Songwriter Paul Weller und Dutzende weitere. Politiker oder Parteien dürften in einer Demokratie nicht darüber bestimmen, wer bei Festivals und Konzerten auftrete, forderten sie.
Die Band "Massive Attack" verurteilte die Morde an Cox und Amess und mahnte, "natürlich spielt die Sprache eine Rolle". Gleichzeitig warfen sie Politikern und Journalisten Heuchelei vor, die "strategisch die moralische Empörung über die Äußerungen einer jungen Punkband auf der Bühne heraufbeschwören, während sie einen Völkermord vertuschen oder sogar ignorieren."