Ukraine-Krieg
Auge in Auge: Wie Merz und Selenskyj als Freunde auftreten
Friedrich Merz und Wolodymyr Selenskyj präsentieren sich in Berlin in großer Einmütigkeit. Beim Thema Waffen gibt es eine Neuerung, die es in sich hat.

© Kay Nietfeld/dpa
Sie haben sich gegenseitig im Blick: der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj und Kanzler Friedrich Merz.
Von Tobias Peter
Es wirkt entspannt. Friedrich Merz und Wolodymyr Selenskyj wechseln ein paar Worte, während sie die letzten Schritte auf dem Weg zur Pressekonferenz im Kanzleramt gehen. Der Bundeskanzler legt noch kurz seine Hand auf die Schulter des ukrainischen Präsidenten. Dann geht es los.
Kanzler Merz hat eine Botschaft dabei, die es in sich hat. Deutschland sagt der Ukraine, die wegen des Angriffskriegs des russischen Präsidenten Wladimir Putin um ihre Existenz kämpft, eine gemeinsame Produktion von weitreichenden Raketen zu. Es gehe darum, die ukrainische Armee mit allen Möglichkeiten auszustatten, das Land erfolgreich zu verteidigen. „Wir wollen weitreichende Waffen ermöglichen“, sagt Merz.
Und was ist mit dem Taurus?
Das ist eine Neuerung, die womöglich eine Idee davon vermittelt, warum Friedrich Merz in den vergangenen Tagen eine bestimmte Botschaft gesetzt hat. Anfang der Woche hatte der Kanzler in Berlin erklärt, dass es keine Reichweitenbeschränkungen mehr für Waffen gebe, die an die Ukraine geliefert worden seien. Dies bekräftigte er am Dienstag bei seiner Reise ins finnische Turku – erklärte aber mit Blick auf die Verbündeten auch, dies geschehe schon seit Monaten. Deutschland wiederum hat nach Einschätzung von Fachleuten bislang keine Waffen an die Ukraine geliefert, bei der diese Frage von größter Relevanz wäre.
Das wirft die Frage nach einem Waffensystem auf, über dessen Lieferung in Deutschland über viele Monate diskutiert wurde: nach dem Marschflugkörper Taurus. Olaf Scholz hat als Bundeskanzler diesem Schritt nicht zugestimmt. Ein Punkt dabei war die Reichweite von 500 Kilometern.
Eine ukrainische Journalistin fragt Merz nun, wie es in Sachen Taurus weitergehe – er sei doch als Oppositionsführer für die Lieferung offen gewesen. Doch Merz, der kürzlich die strategische Linie ausgegeben hat, nicht mehr genau darüber zu sprechen, welche Waffen geliefert werden, verhält sich nun wie sein Vorgänger. Er weicht Fragen nach dem Taurus aus. Auch das, was Merz und Selenskyj jetzt gemeinsam angekündigt haben, deutet nicht darauf hin, dass Deutschland in nächster Zeit diese weitreichende Hochleistungswaffe liefern könnte. Die Devise scheint jetzt erst einmal zu sein, direkt in die Produktion weitreichender Waffen in der Ukraine zu investieren.
Was bedeutet das? Merz nennt keine Details. „Aber gehen Sie davon aus, dass die Weigerung der russischen Seite, Gespräche zu führen, die Weigerung einen Waffenstillstand einzuhalten, jetzt wirklich Konsequenzen hat“, sagt er. Selenskyj ergänzt, nur Druck könne den russischen Präsidenten Putin bewegen. Der Kanzler lobt die diplomatischen Bemühungen der Europäer und der Amerikaner, sagt aber, dass diese an ihre Grenzen gestoßen seien. Die Schuld dafür liege bei Putin. Aus Merz‘ Äußerungen wird der Versuch klar, die Amerikaner auf einer Linie mit den Europäern zu halten. Allerdings weiß niemand, welche Position US-Präsident Trump in 24 Stunden vertritt.
Das Problem mit der deutschen Technik
Merz ist bereits kurz nach seinem Amtsantritt in die Ukraine gereist. Dort hat er Selenskyj in einer viel beachteten Geste zum Abschied gesagt, er könne jederzeit anrufen. Das Verhältnis von Selenskyj zu Bundeskanzler Olaf Scholz galt anfangs als schwierig. Es besserte sich, als Deutschland zu einem der stärksten militärischen und finanziellen Führer in der Ukraine wurde. So herzlich, wie es nach kurzer Zeit zwischen Merz und Selenskyj zu sein scheint, war es nie.
Als Selenskyj in der Pressekonferenz mit seinem Statement auf Ukrainisch beginnt, funktioniert die Technik nicht. Die Übersetzung erreicht Merz über seinen Knopf im Ohr ebenso wenig wie die deutschen Journalisten im Raum. Merz fasst Selenskyj freundlich an den Arm, unterbricht ihn, weil er ihn nicht verstehe. „German technology“, sagt Merz. Der Fehler wird behoben. Selenskyj spricht weiter. Und beendet sein Statement mit den Worten: „Danke, Friedrich. Es lebe die Ukraine.“