Künftige Parteichefin
Bärbel Bas macht der SPD ein Angebot – doch es gibt auch offene Fragen
Bärbel Bas soll künftig die SPD gemeinsam mit Lars Klingbeil führen. Gigantische Aufgaben kommen dabei auch auf einen Dritten zu.

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Tim Klüssendorf und Bärbel Bas präsentieren sich in der Berliner Parteizentrale der SPD.
Von Tobias Peter
Saskia Esken hat in Talkshows nicht immer die richtigen Worte gefunden. Jetzt formuliert sie ihre Botschaft sehr treffsicher – und so, dass sie für niemanden unangenehm ist. Für eine 160 Jahre alte Partei wie die SPD sei Erneuerung keine Ausnahme, sondern ein Dauerzustand, sagt sie.
Es ist der letzte Akt eines eher hässlichen Schauspiels, bei dem Esken aus verantwortlicher Position in der SPD vertrieben worden ist. Gegen die umstrittene Vorsitzende ist zuletzt aus der Partei immer wieder geschossen worden – mal aus dem Hintergrund, mal öffentlich. Jetzt ist klar: Sie tritt beim Parteitag im Juni nicht wieder an. Ihre Nachfolgerin soll die neue Arbeitsministerin Bärbel Bas werden.
Co-Parteichef Lars Klingbeil spricht von „intensiven Jahren“, die Esken und er gemeinsam an der Parteispitze erlebt hätten. Esken nickt. Sie blickt ernst. Für Eskens designierte Nachfolgerin, die neue Arbeitsministerin Bärbel Bas, hat Klingbeil vor allem ein Adjektiv übrig: stark. Bas sei eine „starke Ministerin“, eine „starke Nordrhein-Westfälin“, eine „starke Frau“.
Anerkennung von beiden Parteiflügeln
Klar ist: Die 57 Jahre alte Bundestagsabgeordnete aus Duisburg hat nicht nur den größten SPD-Landesverband hinter sich. Sie kommt vom linken Parteiflügel, genießt aber auch Anerkennung bei den Konservativen des Seeheimer Kreises in der SPD-Bundestagsfraktion. Nachdem sie in der vergangenen Legislaturperiode Bundestagspräsidentin geworden war, hat sie in diesem Job viele von ihren Fähigkeiten überzeugt. Bas wies die AfD in ihre Schranken. Sie pochte aber auch immer wieder darauf, dass Kanzler Olaf Scholz in der Regierungsbefragung seine Redezeit einhielt.
„Sie wissen, ich habe einen Lebensweg, den viele Menschen in diesem Land haben“, sagt Bas, als sie am Mittwoch im Willy-Brandt-Haus an der Seite von Klingbeil, Esken und dem künftigen Generalsekretär Tim Klüssendorf über „das Angebot“ spricht, das sie der Partei mache: nämlich diese gemeinsam mit Klingbeil zu führen. Bas hat Bürogehilfin gelernt. Und sich immer weitergebildet. Ein Lebenslauf, wie er bei Spitzenpolitikern auch in der SPD mittlerweile nicht mehr oft zu finden ist.
Bas spricht von einer „historischen Aufgabe“. Sie verweist auf das desaströse Wahlergebnis der SPD von 16,4 Prozent bei der Bundestagswahl. Der Druck der Parteibasis, dieses auch tatsächlich aufzuarbeiten, ist groß. Beim Parteitag der nordrhein-westfälischen SPD in Duisburg am Wochenende schlug Parteichef Klingbeil harte Kritik entgegen. Der Tenor: Klingbeil habe sich – trotz seiner Mitverantwortung an der Niederlage – sehr viel Macht gesichert. In der Phase bis zur Regierungsbildung den Fraktionsvorsitz, nun das Finanzministerium und das Vize-Kanzleramt. Esken hingegen habe allein Konsequenzen ziehen müssen.
Zwei Haushalte – und viel Sozialpolitik
Wenn nach dem Parteitag Klingbeil und Bas die SPD als Duo führen, ist klar: Klingbeil ist zwar Vize-Kanzler. Aber dadurch, dass beide Vorsitzende im Kabinett sind, ist Augenhöhe hergestellt. Gleichzeitig werden sowohl Klingbeil als auch Bas auch außerhalb der Parteizentrale sehr gut beschäftigt sein. Klingbeil muss zwei Haushalte vorlegen: für 2025 und für 2026. Und Bas hat bei der Debatte, die sie über die Einbeziehung von Beamten in die Rente angestoßen hat, schon festgestellt: Die Sozialpolitik wird in der schwarz-roten Koalition Kampfgebiet sein.
Da beide Parteichefs Minister sein werden, kommt dem künftigen Generalsekretär in der Parteizentrale eine besonders wichtige Rolle zu. Der 33-jährige Tim Klüssendorf aus Lübeck gilt als großes politisches und rhetorisches Talent. Im Jahr 2021 ist er erstmals in den Bundestag eingezogen – und hat nun, unter schwierigen Bedingungen, sein Direktmandat verteidigt.
Klüssendorf ist bislang Sprecher der Parlamentarischen Linken. Zu seinen Aufgaben wird es gehören, das Profil der SPD als Partei zu schärfen, während sie mit der Union unter Führung von Kanzler Friedrich Merz koaliert. Ampel-Vibes, also ständigen zerstörerischen Streit, soll es dabei trotzdem nicht geben. Wie das gelingen soll, ist eine offene Frage.