Ausbau der Bahn

500 Milliarden sind nicht genug

Die Bundesregierung stellt viel mehr Geld als je zuvor für die Deutsche Bahn bereit. Doch das reicht nicht aus, weil das Schienennetz jahrelang kaputtgespart wurde.

Zwischen Frankfurt und Mannheim soll eine neue ICE-Strecke entstehen: hier am Bahnhof Zeppelinheim

© imago images/Rüdiger Wölk

Zwischen Frankfurt und Mannheim soll eine neue ICE-Strecke entstehen: hier am Bahnhof Zeppelinheim

Von Thomas Wüpper

Eine bessere und zuverlässigere Bahn so schnell wie möglich – darauf haben Millionen Reisende und Pendler gehofft. Doch Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) und Verkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) werden das nicht liefern. Die Bundesregierung stellt im Bundesetat 2025 und der Finanzplanung bis 2029 zwar viel mehr Geld als je zuvor für die Schiene bereit. Da aber über Jahrzehnte das bundeseigene Bahnnetz kaputtgespart wurde, reichen die Mittel für die nötige Modernisierung bei weitem nicht.

„Die Koalition begeht schweren Wortbruch und enttäuscht die Erwartungen für eine bessere Bahn“, kritisiert Matthias Gastel, Verkehrsexperte der Grünen im Bundestag. Vor allem der Neu- und Ausbau werde ausgebremst, obwohl mit dem kreditfinanzierten „Sondervermögen“ satte 500 Milliarden Euro zusätzlich für Infrastruktur und Klimaschutz bereitgestellt werden. Die Grünen hatten nach dem Regierungswechsel der nötigen Grundgesetzänderung für die riesige weitere Staatsverschuldung zugestimmt, aber zur Bedingung gemacht, dass daraus ausschließlich zusätzliche Investitionen finanziert werden sollen.

Ignoriert die Regierung klare Vorgaben?

Die Regierung ignoriere nun diese klare Vorgabe, sagten unserer Redaktion auch enttäuschte Vertreter der Bahnindustrie, die seit Jahren auf eine verlässlichere Finanzierung von Bahnprojekten und versprochene Milliardenaufträge für Neubauten und Digitalisierung wartet. Vereinbarte Investitionsquoten seien abgesenkt und vor allem zweckwidrig die gesamten laufenden Ausgaben für den Unterhalt des Bahnnetzes aus dem Bundesetat ins Sondervermögen verlagert worden.

„Mit diesem Verschiebebahnhof haben sich Union und SPD auf Kosten der Bahn den Spielraum verschafft, ihre teuren Wahlversprechen zu erfüllen“, moniert ein Brancheninsider mit Blick auf Sozialausgaben wie die höhere Mütterrente.

Schuldentopf statt Etat

Es sei fragwürdig, den Unterhalt des Bahnnetzes künftig aus einem Schuldentopf und nicht mehr aus dem Etat zu finanzieren. Offenkundig fehle in der Koalition vielen der Weitblick, was die Verlagerungen bedeuten, so der Insider – denn falls hohe zweistellige Milliardensummen im Sondervermögen zweckwidrig für Etatentlastungen eingesetzt werden, werde die Umsetzung wichtiger Bahnprojekte noch länger dauern.

Fehlende Finanzierungen sind eine Hauptursache für den dürftigen Zustand des deutschen Schienenverkehrs, statt Bahnstrecken wurden vor allem Straßen gebaut. Schon seit Jahrzehnten ist der Bundesverkehrswegeplan massiv unterfinanziert, weshalb Vorhaben auf die lange Bank geschoben werden und die Umsetzung sehr lange dauert. Die hoch verschuldete und verlustreiche Deutsche Bahn AG will seit dem Milliardendebakel bei Stuttgart 21 neue Projekte nur noch anpacken, wenn die staatliche Finanzierung gesichert ist, und nutzt das als Druckmittel gegenüber der Politik, um mehr Geld zu bekommen.

DB-Chef Richard Lutz betonte kürzlich mit Blick auf die Etatpläne der Regierung, dass nach Rechnung des Staatskonzern für die Modernisierung der Schiene allein bis 2029 noch 17 Milliarden Euro fehlen. Der Konzern hat zu Jahresbeginn den Investitionsbedarf bis 2030 in internen Unterlagen auf 163 Milliarden Euro veranschlagt. Davon waren schon damals nur 104 Milliarden durch den Etatentwurf der früheren Regierung gedeckt. Deshalb ließ der DB-Chef nach dem Ampel-Aus viele Planungen auf Eis legen, darunter Digitalisierungsprojekte für fast 12 Milliarden Euro sowie Aus- und Neubauten von Strecken im Umfang von mehr als 15 Milliarden Euro.

Monatelange Verhandlungen

Auch mit der neuen Regierung verhandelt der Staatskonzern seit Monaten darüber, welche Vorhaben priorisiert umgesetzt werden, wenn die Bahn weiterhin weniger Geld bekommt als verlangt. Verkehrsminister Schnieder betonte unlängst, dass bis 2029 rund 107 Milliarden Euro an den Konzern fließen sollen und er das für „auskömmlich“ halte. 81 Milliarden davon sollen aus dem Sondervermögen kommen. Auch die begonnene Generalsanierung von noch 40 ICE-Strecken wird aus dem Schuldentopf finanziert und wegen der knappen Mittel von sechs auf nun zwölf Jahre bis 2036 gestreckt.

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Erstellt:
13. Juli 2025, 16:00 Uhr
Aktualisiert:
13. Juli 2025, 20:48 Uhr

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