Auch Stuttgart betroffen
Bakterium gefährdet Kartoffelernte im Land – Bauern machen sich „große Sorgen“
Gummirüben und weiche Kartoffeln – ein kleines Insekt sorgt bei Zuckerrüben und Kartoffeln zunehmend für massive Verluste. Was bedeutet das für Verbraucher?

© Ole Spata/dpa, Michael F. Schönitzer
Die Schilf-Glasflügelzikade bringt die Kartoffelernte in Gefahr. (Symbolbild)
Von dpa/phs
Eine Pflanzenkrankheit sorgt bei Landwirten in Baden-Württemberg für massive Einbußen bis hin zum Totalausfall. Vor allem die Ernten von Zuckkerrüben und Kartoffeln sind betroffen, aber auch die von Roter Bete, Sellerie, Kohl, Zwiebel und Möhren. Ein Sprecher des Landwirtschaftsministeriums in Stuttgart teilt mit, dass es sich um eine „ernste Bedrohung“ für die Versorgung mit heimischen Kartoffeln, Gemüse und Zucker handle.
Schuld ist das Bakterium Candidatus Phytoplasma solani. Es wird durch Stiche der Schilf-Glasflügelzikade auf Pflanzen übertragen und verursacht die Krankheit Stolbur. Infizierte Bestände welken, Wurzeln und Knollen werden gummiartig. Der Ertrag sinkt, Geschmack und Qualität leiden. Bei starkem Befall können Zuckerrüben, Kartoffeln und Gemüse nicht verarbeitet und gelagert werden.
Welke Kartoffeln auch in Stuttgart gefunden
Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied aus Heilbronn, macht sich „sehr große Sorgen“ wegen der rasanten Verbreitung der Schilf-Glasflügelzikade. Welke Kartoffeln werden seit 2024 vermehrt gefunden – etwa von Karlsruhe bis zur Hohenloher Ebene sowie von Heilbronn über Ludwigsburg bis Stuttgart.
Das Insekt habe sich zudem von Baden-Württemberg über Rheinland-Pfalz, Bayern und Hessen weiter in den Norden verbreitet und sei inzwischen auch in Niedersachsen und Sachsen-Anhalt entdeckt worden, sagt Rukwied. Er fordert effektive Mittel zur Bekämpfung der Zikaden.
Nach Angaben der Umwelt-Referentin des Landesbauernverbandes Baden-Württemberg, Isabell Pergner, gab es im vergangenen Jahr allein in Baden-Württemberg in allen relevanten Rübenanbaugebieten Ertragsverluste von bis zu 25 Prozent und stark reduzierte Zuckergehalte. Im Kartoffelanbau wurden demnach Verluste von bis zu 70 Prozent dokumentiert.
Schäden für Bauern durch Stolbur im Millionen-Bereich
Die Schäden gehen nach Schätzung des Landesbauernverbandes „in die Millionen“. „In einigen Betrieben steht der Fortbestand des Anbaus infrage“, so die Verbandssprecherin. Die Krankheit entwickle sich zu einem ernsthaften wirtschaftlichen Risiko für ganze Regionen. Es brauche deshalb dringend eine reguläre Zulassung wirksamer Pflanzenschutzmittel sowie die gezielte Förderung praxisnaher Forschung zu Resistenzzüchtung und nachhaltigen Bekämpfungsstrategien.
Nach Angaben der Verbände und Behörden gibt es keine Hinweise, dass Stolbur für den Menschen gesundheitsschädlich sein könnte. Auch kommen Kartoffeln und Gemüse mit gummiartiger Konsistenz oder bei Anzeichen von Fäulnis erst gar nicht in den Handel.