Ukraine-Krieg

Russischer Angriff auf Kiew tötet mindestens 14 Menschen

Die Ukraine braucht dringend internationale Hilfe. Doch ein wichtiges Treffen von Präsident Selenskyj mit Donald Trump kommt nicht zustande. Russland schießt auf die ukrainische Hauptstadt.

In Kiew wurden mindestens 14 Menschen durch den russischen Angriff getötet.

© Evgeniy Maloletka/AP/dpa

In Kiew wurden mindestens 14 Menschen durch den russischen Angriff getötet.

Von Von Friedemann Kohler und Antonia Hofmann, dpa

Kiew - Für Kiew war es eine Schreckensnacht: Mindestens 14 Tote und etwa 100 Verletzte wurde nach einem schweren nächtlichen russischen Luftangriff in der ukrainischen Hauptstadt gezählt. Präsident Wolodymyr Selenskyj nannte auch die anderen Ziele: die Städte Odessa, Saporischschja, Tschernihiw, Kirowohrad, Mykolajiw. Die russische Armee habe etwa 440 Kampfdrohnen und 32 Raketen gegen die Ukraine eingesetzt, schrieb Selenskyj auf X.

"Solche Angriffe sind purer Terrorismus. Und die ganze Welt, die USA und Europa müssen endlich als zivilisierte Gesellschaften auf Terroristen reagieren", erklärte der ukrainische Präsident. Kremlchef Wladimir Putin greife an, "weil er es sich leisten kann, den Krieg fortzusetzen". 

Selenskyjs Treffen mit Trump geplatzt

Die internationale Lage ist derzeit schwierig für das Land, das von Russland seit mehr als drei Jahren mit Krieg überzogen wird. Selenskyj hätte eigentlich heute beim G7-Gipfel in Kanada mit US-Präsident Donald Trump sprechen wollen über weitere Sanktionen gegen Moskau und Waffenkäufe. Allerdings hat Trump das Treffen der wichtigsten demokratischen Industriestaaten schon wieder verlassen. 

Trumps Versuche über mehrere Monate, zu einem Ende des Krieges zu kommen, sind praktisch im Sande verlaufen. Es gibt keine Einigkeit zwischen Europa und den USA über neue Sanktionen. Und alle Aufmerksamkeit der internationalen Politik richtet sich derzeit auf den Konflikt zwischen Israel und der potenziellen Atommacht Iran. 

Putin führt den Krieg weiter, während er sich zugleich anschickt, beim Wirtschaftsforum in St. Petersburg zu zeigen, dass er nicht isoliert ist und Wege findet, Sanktionen zu umgehen. "Es ist falsch, wenn die Mächtigen dieser Welt die Augen davor verschließen", schrieb Selenskyj. Die Angreifer sollten den Schmerz zu spüren bekommen, "nicht die unschuldigen friedlichen Menschen".

Neun Stunden Luftalarm über Kiew

Fast neun Stunden dauerte nachts der Luftalarm in Kiew. Einem Bericht des Portals "The Kyiv Independent" zufolge hörten Reporter Drohnen- und Raketengeräusche und zahlreiche Explosionen in der Stadt. An 27 Orten seien Brände ausgebrochen, teilte Innenminister Ihor Klymenko mit. Betroffen seien Wohnhäuser, Bildungseinrichtungen und wichtige Infrastruktureinrichtungen. 

Auch Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko berichtete auf Telegram von zahlreichen Bränden. In einem Hochhaus seien mehr als 40 Wohnungen zerstört worden. "Die Suche nach Menschen unter Trümmern geht weiter", teilte der Militärgouverneur der Hauptstadt, Tymur Tkatschenko, mit. Er berichtete vormittags von mindestens 99 Verletzten, von denen 59 im Krankenhaus seien. Auch Stromausfälle wurden gemeldet.

Ein 62-jähriger US-Amerikaner in Kiew sei während des Angriffs gestorben, berichtete Bürgermeister Klitschko. Ärzte hätten bei ihm einen natürlichen Tod festgestellt. 

Drohnen auch auf Odessa 

Kiew ist üblicherweise besser durch Flugabwehr gesichert als andere Städte des Landes. Trotzdem wird die Hauptstadt immer wieder von schweren Angriffen mit Drohnen oder Raketen getroffen. Auch auf die Hafenstadt Odessa am Schwarzen Meer wurden zahlreiche Drohnen abgefeuert. Die regionale Militärverwaltung berichtete von 13 Verletzten.

Weil Russland die Eigenproduktion von Kampfdrohnen iranischer Bauart stark gesteigert hat, sind nächtliche Angriffe mit mehreren Hundert Fluggeräten keine Seltenheit mehr. In einer Nacht vergangene Woche setzte die russische Armee knapp 500 Kampfdrohnen oder Drohnen-Attrappen ein. Diese sollen die Flugabwehr ablenken und überlasten.

Auch die Ukraine griff in ihrem Abwehrkampf Russland mit Drohnen an. Sieben Flughäfen, darunter vier in Moskau, verzeichneten vorübergehend Einschränkungen im Luftverkehr.

Viele Raketen abgewehrt 

Von 440 russischen Kampfdrohnen seien in dieser Nacht 239 abgefangen worden, teilte die ukrainische Luftwaffe mit. Weitere 169 Drohnen seien elektronisch ausgeschaltet worden oder verloren gegangen. Auch zwei Hyperschallraketen Kinschal wurden demnach abgewehrt. 

Von 16 Marschflugkörpern Ch-101 seien 15 abgeschossen worden sowie alle Marschflugkörper der Typen Ch-59/69. Gegen vier auf dem Schwarzen Meer gestartete Marschflugkörper Kalibr gab es demnach keine Abwehr. "Hauptziel des Angriffs war die Stadt Kiew", hieß es. Die Militärangaben sind nicht im Detail überprüfbar, sie belegen aber das Ausmaß der Luftangriffe.

Dramatische Szenen ereignen sich in Kiew.

© Alex Babenko/AP/dpa

Dramatische Szenen ereignen sich in Kiew.

Erneut wird Kiew zum Ziel massiver russischer Luftangriffe.

© Alex Babenko/AP/dpa

Erneut wird Kiew zum Ziel massiver russischer Luftangriffe.

Die Luftabwehr ist in Kiew besser als im Rest des Landes, dennoch trifft es die Hauptstadt schwer.

© Efrem Lukatsky/AP/dpa

Die Luftabwehr ist in Kiew besser als im Rest des Landes, dennoch trifft es die Hauptstadt schwer.

Russland hat seine Drohnenangriffe intensiviert.

© Efrem Lukatsky/AP/dpa

Russland hat seine Drohnenangriffe intensiviert.

Mehr als ein Dutzend Menschen sterben.

© Alex Babenko/AP/dpa

Mehr als ein Dutzend Menschen sterben.

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Erstellt:
17. Juni 2025, 07:04 Uhr
Aktualisiert:
17. Juni 2025, 10:43 Uhr

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