Brenzkirche soll wieder schöner werden

Die Nationalsozialisten verachteten innovative Architektur und verschandelten gut gestaltete Gebäude. Am Stuttgarter Killesberg erfährt nun ein prominentes Bauwerk eine bauliche Wiedergutmachung.

So soll die Brenzkirche in Stuttgart aussehen, wenn sie ihr traditionalistisches Dach verloren hat und die „runde Ecke“ wieder sichtbar ist.

© Rendering Wandel Lorch Götze Wach/WLGW

So soll die Brenzkirche in Stuttgart aussehen, wenn sie ihr traditionalistisches Dach verloren hat und die „runde Ecke“ wieder sichtbar ist.

Von Nicole Golombek

Stuttgart - Unbehagen und das Gefühl, da stimmt etwas nicht mit dieser kleinen Stuttgarter Kirche, befiel jahrzehntelang selbst Menschen, die keine Architekturexperten sind. Das traurige Schicksal des evangelischen Brenkzirchleins an der Kreuzung am Stuttgarter Killesberg wendet sich jetzt endlich auch sichtbar.

Ein enormes Banner verkündet die umfassende Sanierung des in der Zeit des Nationalsozialismus mit Giebeldächern, Sprossenfenstern und einer Verkleidung des Glockenturms verschandelten Gotteshauses, das der Stuttgarter Architekt Alfred Daiber 1933 im Stil der Neuen Sachlichkeit entworfen hat (selbstredend mit Flachdach).

Nach jahrzehntelangem Stillstand rücken nun für den Rückbau die Herrschaften mit dem schweren Gerät an – 2027 im Frühjahr soll der Umbau fertig sein. Wer dann etwa zur nahe liegenden Weissenhofsiedlung und dem Besucherzentrum Weissenhof.Forum fährt und von dort die wenigen Schritte hinauf zum Kochenhof 7 spaziert wird ein strahlend weißes Gebäude ohne Satteldach sehen können.

Dieser Tage schlug Landesbischof Ernst Wilhelm Gohl den „Roten Punkt“, den Bauteilfreigabeschein an die Tür der reparaturbedürftigen Brenzkirche an. Damit ist der Weg frei zur Erneuerung der Kirche, zuvor, seit dem Sommer 2025, wurden bereits die Innenräume ausgeräumt und die Gerüste aufgebaut. Der Umbau wurde 2024 auch schon als ein prominentes Umbauprojekt auf die Projektliste der Internationalen Bauausstellung IBA 27 gesetzt.

Die Umbaukosten für die Brenzkirche betragen ca. 7,9 Mio Euro. Die Gesamtkirchengemeinde Stuttgart und die Nordgemeinde bringen mehr als 6,9 Millionen Euro auf, etwa 1 Million Euro ist zur Deckung der Gesamtkosten noch nötig. Der Förderverein möchte mit Spenden die Finanzierungslücke decken.

Wie unsere Zeitung berichtete, hat im internationalen Wettbewerb für den Umbau das Frankfurter Büro Wandel Lorch Götze Wach gewonnen. Eine komplette Rückführung in den bauzeitlichen Ursprung wird es nicht geben, sondern eine behutsame Weiterentwicklung des Gebäudes, bei der sich der ursprüngliche Entwurfsgedanke im Erscheinungsbild abzeichnet. Wieder zu sehen sein werden nach dem Rückbau die ursprünglichen Flachdächer, die großen Fenster am Treppenhaus und der Westseite, die „Runde Ecke“.

Bischof Gohl verwies in seiner Ansprache auf den bedeutsamen hier von der Kirche auch für die Kultur geleisteten Beitrag. Gerade in der aktuellen Situation, in der politische Kreise von rechts an Boden gewinnen würden, sei es wegweisend, sich mit den Auswüchsen des Nationalsozialismus auseinanderzusetzen, dessen erzwungene Formen hier nun ein Stück weit wieder revidiert werden.

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Erstellt:
19. Dezember 2025, 22:07 Uhr
Aktualisiert:
20. Dezember 2025, 00:00 Uhr

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