Choralmelodien kunstreich ausgestaltet

Solisten, Kammerchor und Instrumentalensemble setzen Bachkantatenzyklus bei geistlicher Abendmusik fort

Drei wenig bekannte, aber sehr vielschichtige Kantaten von Johann Sebastian Bach führte die evangelische Kirchenmusik Kirchenkirnberg unter der Regie von Uwe Matti am Ewigkeitssonntag auf und setzte damit den seit fast 30 Jahren laufenden Zyklus fort.

Musikalischer Ewigkeitssonntag: Zuhörer bekamen drei Kantaten von Johann Sebastian Bach zu hören. Foto: E. Klaper

© Elisabeth Klaper

Musikalischer Ewigkeitssonntag: Zuhörer bekamen drei Kantaten von Johann Sebastian Bach zu hören. Foto: E. Klaper

Von Elisabeth Klaper

KIRCHENKIRNBERG. Mit kurzen, aufschlussreichen Informationen führte der (Kirchen-)Musiker durchs Programm. Die drei Kantaten habe der große barocke Tonkunstmeister und „fünfte Evangelist“ nicht für den Ewigkeitssonntag komponiert, dennoch bildeten sie ein stimmiges Programm für den Ewigkeitssonntag. Sie sind von den Texten her gesehene Werke, die als musikalische Trostspender und Werke der Hoffnung bezeichnet werden können. „Wir haben bewusst diese drei Kantaten ausgesucht, die berühren und zum Nachdenken anregen, aber auch in tröstlichen Worten und Tönen ausklingen. Sie waren in den vergangenen Jahren nicht so oft zu hören“, erklärte Matti vor zahlreichen Zuhörern in der evangelischen Kirche.

Die Kantaten weisen mehrere Gemeinsamkeiten auf: In ihnen schuf Bach aus Chorälen überaus reich gestaltete Tonkunstwerke. In deren Zentrum steht der musikalisch vielfältig ausgearbeitete Kontrast zwischen verzweifelten Klagen über Leid verschiedenster Art, auch die Frage: Warum geht es mir so schlecht? – meist als Rezitative gestaltet. Darauf antworten der Chor oder Arien mit trostreichen Worten des Gottvertrauens, die die Zuversicht des Gläubigen auf die Errettung aus der schwierigen Lebenssituation sowie die ewigen Freuden im Paradies nach dem Tod verdeutlichen.

Die Kantate „Warum betrübst du dich, mein Herz?“ (Bach-Werke-Verzeichnis 138) komponierte Bach zum 15. Sonntag nach dem Dreieinigkeitsfest. Die melodische Grundlage ist ein alter Choral, der laut Matti schon seit Langem nicht mehr im evangelischen Gesangbuch enthalten ist. Die Solisten interpretierten ihre Partien souverän und engagiert, ausdrucksvoll und empathisch. Wunderschön entfaltete Jeanette Bühler ihre glockenhelle Sopranstimme.

Warm und gefühlvoll kam die Altstimme von Henriette Schöwitz zur Geltung. Klar und eindringlich wirkte die hohe Tenorstimme von Stefan Frieß.

Kraftvoll und energisch, aber auch beseelt und innig brachte Matthias Baur seine wohlklingende Bassstimme zum Tragen. Ein Höhepunkt war dessen beschwingte Arie „Auf Gott steht meine Zuversicht“ mit prächtigen, ornamentalen Koloraturen. Harmonisch und innig gestaltete der Kammerchor der evangelischen Kirchenmusik Kirchenkirnberg aus (ehemaligen) Lehrkräften, Eltern, Freunden und Schülern der Musikschule Schwäbischer Wald/Limpurger Land die Choralpartien, wobei der Schlusschoral besonders stimmungsvoll erklang.

Das Instrumentalensemble bot klangschön und detailliert die facettenreich ausgestalteten Stücke dar. Darin musizierten Greta Aleman (Englischhorn), Christiane Stribel-Berge und Uli Pfeilsticker (Oboen), Alena Kondratova, Bertram Schade (Solovioline), Clara Roth, Constanze Knapp, Ina Reich (Violinen), Ketevan Angelidi (Bratsche), Konstanze Liebeskind (Violoncello), Nataly Gonzalez (Kontrabass), sowie Judith-Maria Matti (Orgelpositiv als basso continuo).

Für den Sonntag nach Neujahr schrieb Bach die Kantate „Ach Gott, wie manches Herzeleid“ (BWV 58), die die Mitwirkenden als Solokantate aufführten und damit neuen Erkenntnissen der musikwissenschaftlichen Forschung entsprachen. Die Kantate zeichnet sich aus durch eine große Vielfalt der Klangfarben und Stimmungen sowie schwungvoll bewegte, motorische Rhythmik, die das Instrumentalensemble vollendet zur Entfaltung brachte.

Im Mittelpunkt stehen kunstreich und ornamental ausgestaltete Zwiegespräche zwischen der Seele oder Gemeinde, mit Verve von der Sopranistin interpretiert, und Gott, würdevoll vom Bassisten dargestellt. Hinreißend schön interpretierte Bertram Schade die Partie der Solovioline, die wie ein reich verziertes Barockornament die Solistenstimmen gleichsam umarmte.

Den Abschluss bildete die Kantate „Wer nur den lieben Gott lässt walten“ (BWV 93), die Bach für den fünften Sonntag nach dem Dreieinigkeitsfest komponierte. Uwe Matti bezeichnete sie als „halbe“ Choralkantate, da der große Meister darin die Choralstrophen auf verschiedene Weise umsetzte und „unglaublich reich ausschmückte“. So veredelte Bach die bekannte Choralmelodie zum wunderbar klangfarbenreichen, strahlenden Tonkunstwerk. Dazu reihten sich die Solisten zunächst in den Chor ein, interpretierten aber auch anmutig die Rezitative und Arien.

Ein besonderer Hörgenuss war das Duett von Sopran und Alt „Er kennt die rechten Freudenstunden“, mit feiner harmonischer Interaktion der Solistinnen. Im Kontrast dazu stand das „aufgeregte“ Rezitativ des Tenors, der ausdrucksstark die darin dargestellte Gewittersymbolik verdeutlichte. Stimmungsvoll und klangschön kam der abschließende, vertrauensvolle und zuversichtliche Blick nach vorn zur Entfaltung, stilvoll im Wechsel von Chor und Solisten gestaltet. Mit starkem Applaus dankten die Zuhörer für das eindrucksvolle Hörerlebnis.

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Erstellt:
26. November 2019, 06:00 Uhr

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