Kinder als wählerische Esser
"Das mag ich nicht!" - Wie Schulessen helfen könnte
In vielen Teilen Deutschlands hat die Schule wieder begonnen. Manche Eltern fragen sich jetzt wieder: Isst das Kind in der Schule ordentlich? Fachleute haben für sie gute Nachrichten.

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Ein gemeinsames Mittagessen hat einen verbindenden Charakter. (Symbolbild)
Von Von Irena Güttel, dpa
München - Kein gekochtes Gemüse, Nudeln mit Soße schon mal gar nicht, Fleisch nur in Form von Wurst: Manche Kinder sind äußerst wählerisch beim Essen - und treiben ihre Eltern zum Teil zur Verzweiflung. Wie kann man sicherstellen, dass sich diese schlechten Esser - so die allgemeine Bezeichnung - ausgewogen und gesund ernähren?
Dazu beitragen könnte ein warmes Mittagessen in der Schule, wie eine Studie aus Großbritannien nahelegt. Dafür hatte ein Team um die Ernährungsforscherin Caroline Taylor von der Universität Bristol rund 5.300 Jugendliche im Alter von 13 Jahren zu ihrem Essverhalten in der Schule befragt. Diese aßen mittags entweder ein warmes Schulessen oder sie bekamen ein Essen von Zuhause eingepackt.
Weniger wählerisch in der Schulkantine
Das Ergebnis: Die wählerischen Esser unter den befragten Jugendlichen mieden Salat und Gemüse. Sie aßen aber eher Fleisch, Fisch und Obst, wenn dieses in der Schulkantine auf den Teller kam. "Es ist wahrscheinlich, dass Familiennormen einen stärkeren Einfluss auf den Inhalt des Lunchpakets haben als auf die Auswahl des Schulessens, wo das Kind mehr Autonomie hat und möglicherweise von Gleichaltrigen beeinflusst wird", folgern die Forschenden.
Auch wenn die Ergebnisse nicht direkt auf Deutschland übertragbar sind, zeigen sie nach Ansicht von Expertinnen, wie wichtig ein warmes Schulessen für alle Kinder wäre. Doch das sei flächendeckend noch nicht der Fall, sagt Esther Schnur von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE). Nach einer Studie des Robert Koch-Instituts (RKI) von 2023 können 69 Prozent der Schülerinnen und Schüler von 6 bis 17 Jahren in Deutschland ein warmes Schulessen bekommen. "Das heißt, rund 30 Prozent haben überhaupt nicht die Möglichkeit."
Ein warmes Schulessen hat Vorteile
Ein gemeinsames Mittagessen habe nicht nur verbindenden Charakter, sagt die Ökotrophologin. "Bei einem warmen Essen hat man einen anderen Geruch, einen anderen Geschmack als bei einer kalten Mahlzeit. Und man hat ein viel größeres Spektrum an Lebensmitteln, die man anbieten kann."
In der Schulkantine haben Kinder nach Ansicht der Ernährungsmedizinerin Katharina Timper von der Technischen Universität München außerdem die Möglichkeit, Lebensmittel und Gerichte zu probieren, die sie von Zuhause nicht kennen.
Was gutes Schulessen ausmacht
Natürlich hängt auch viel davon ab, wie gut das Schulessen ist und wie es angeboten wird. Repräsentative Daten zur Qualität des Schulessens in Deutschland gibt es laut Schnur nicht. Wichtig findet sie, dass Kinder auswählen können, wie viel und welche Komponenten eines Gerichts sie wollen.
Das bestätigt auch Timper: "Viele Kinder mögen Soße, andere überhaupt nicht. Manchen Kindern ist es wichtig, dass sich zum Beispiel Gemüse und Kartoffeln auf dem Teller nicht berühren." Für ideal hält sie ein Büfett, an dem sich Kinder ihr Essen selbst zusammenstellen können.
Eltern sollten sich weniger Sorgen bezüglich des Essens machen
Und was können Eltern tun? Möglichst wenig Druck ausüben und entspannt bleiben, empfiehlt Timper. "Wenn man genau weiß, dass ein Kind mit dem Essen in der Schule überhaupt nichts anfangen kann und dass es das Kind stresst, dann sollte man ihm halt etwas mitgeben."
Auch bei den Mahlzeiten zu Hause sollte man die Kinder immer fragen, ob sie probieren möchten - und akzeptieren, wenn sie das ablehnen oder das Essen ihnen nicht schmeckt. Als Alternative könne man ihnen etwa Vollkornbrot, Banane, Gurke oder Paprika anbieten.
Eltern sollten sich generell weniger Sorgen bezüglich des Essens machen, findet Schnur. "Es gibt Daten, die zeigen, dass ein Kind Lebensmittel bis zu zehnmal probieren muss, bis es sie mag. Man kann also auch lernen, andere Lebensmittel zu essen." Außerdem müsse man nicht mit jeder Mahlzeit eine genau definierte Menge an Nährstoffen zu sich nehmen. "Der Körper hat ja Speicher. Ich muss also nicht beunruhigt sein, wenn ein gesundes Kind mal einen Tag gar kein Obst isst."
Hilfreich ist aus Sicht der beiden Expertinnen auch, Kinder beim Familienessen mitentscheiden und bei der Zubereitung helfen zu lassen. Außerdem sollten die Erwachsenen mit gutem Vorbild vorangehen, sagt Timper. Ein Kind könne man am besten animieren, neue Lebensmittel zu probieren, indem man selbst neugierig sei und Neues gerne teste.

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Kinder mit wählerischem Essverhalten aßen laut der Studie eher Fleisch, Fisch und Obst, wenn dieses in der Schulkantine auf dem Teller kam. (Symbolbild)

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Viele Kinder mögen Soße, andere überhaupt nicht.

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Etwa 70 Prozent der Schülerinnen und Schüler von 6 bis 17 Jahren haben in Deutschland überhaupt Zugang zu einem warmen Schulessen.