Dem Computer muss man alles sagen
Bei der Kinderuni der Volkshochschule Murrhardt haben sich fünf Jungen ans Programmieren gewagt. Mathias Schwope hat sie in die Welt der Befehle und Variablen mitgenommen und sie haben gelernt, dass ihr Programm vor allem eine Sache erfüllen muss: Logisch sein.

Hier wird an einem Taschenrechner gefeilt, der addieren, subtrahieren, multiplizieren und dividieren kann. Mit der browserbasierten Version des Programmiertools lässt sich auch gleich testen, ob die Sache geklappt hat und der Rechner tut, was er soll. Foto: C. Schick
Von Christine Schick
Murrhardt. Die Gruppe hat schon am Vortag fleißig mit Mathias Schwope gearbeitet und der Raum mit Whiteboard und einen Laptopplatz für jeden Teilnehmer bietet die besten Voraussetzungen für eine weitere, ziemlich professionell wirkende Kinderunisession. Auf der elektronischen Tafel ist eine browserbasierte Oberfläche des Programms Python zu sehen, mit dem die Gruppe arbeitet. „Was mögt ihr jetzt machen? Einen Taschenrechner programmieren oder ein Programm, bei dem eine Zahl erraten wird?“, fragt Mathias Schwope. Dozent und Schüler einigen sich auf den Taschenrechner.
Der erste Schritt ist, zwei Zahlen bereitzustellen, damit mit denen später gerechnet werden kann. Den Befehl „input“ haben die Jungs sofort parat und müssen nun in Klammer eine konkrete Formulierung schreiben. Mathias Schwope fordert in der Zeile auf: „Bitte gib die erste Zahl ein.“ Dann braucht’s wieder „input“ und die zweite Anweisung. Aber wie genau soll man das der Maschine sagen? „Das liegt bei dir, du bist der Entwickler“, sagt er freundlich. Das heißt, auch „Her mit der Zahl!“ und „die zweite Zahl, aber zack, zack“ führen zum Ziel und machen den jungen Studenten entsprechend Laune. Die sind 14, 13, elf und neun Jahre alt. „Ich hab eine Extrabescheinigung bekommen, dass ich mit dabei sein kann, weil ich mich so für Computer interessiere“, sagt Nils. Und macht es dem Neunjährigen auch Spaß? Aber so was von beziehungsweise „richtig arg“. Auch für Lukas und Leonhard war klar, dass sie beim Kurs dabei sein wollen. „Python kannte ich noch nicht, aber ich hab schon mal ein Seminar gemacht, bei dem wir einen Roboter programmiert haben“, erzählt Ali. Noah wiederum hat sich schon so in die Materie eingefuchst, dass Mathias Schwope ihm eine Aufgabe heraussucht, bei der er selbstständig ein Programm entwickeln kann.
„Woher kennst du eigentlich die ganzen Zeichen?“, wird der Dozent gefragt. Der macht seinen Schnupperstudenten klar, dass es in dem Fall nicht wirklich um dieses Detailwissen geht. „Wenn ihr versteht, wie es grundsätzlich funktioniert, könnt ihr die Befehle über einen Browser suchen. Man muss das nicht alles neu erfinden.“
Es geht an den nächsten Schritt. „Was soll er jetzt machen?“, fragt Schwope. Die vier Grundoperationen „Addieren“, „Subtrahieren“, „Multiplizieren“ und „Dividieren“ werden jeweils durch einen Buchstaben, beispielsweise den ersten, definiert beziehungsweise repräsentiert. Als die Zeilen um weitere Details und den Ausgabebefehl „print“ komplettiert werden, starten die Jungs einen ersten Test und sind ziemlich überrascht. Die Eingabe „fünf plus fünf“ ergibt nämlich 55, „eins plus vier“ 14. „Das funktioniert noch nicht. So könnt ihr das Programm noch nicht an den Kunden rausgeben“, sagt Mathias Schwope mit einem Lächeln.
Zahlen werden als Text erkannt und einfach nebeneinandergestellt
Nils ist amüsiert. „So würde ich gern in der Schule rechnen!“ Was ist passiert? Der Dozent stellt fest: „Er zählt nicht, er stellt die Zahlen einfach zueinander. Er denkt, das ist ein Text.“ Also müssen die Jungs sich die Platzhalter anschauen und von der Text- auf eine Zahlendefinition umstellen. Später wird das kleine Programm noch mit Entscheidungsbefehlen erweitert, damit auch die anderen Rechenarten zum Zuge kommen. Ein erster Test – „fünf plus sieben“ ergibt zwölf – funktioniert schon mal. Lukas zeigt Nils, wie es mit dem Subtrahieren klappt. Zudem ist der Neunjährige ziemlich von einem kleinen Programm fasziniert, das Schwope am Vortag eingeführt hat und mit dem die Teilnehmer auf einem Test-Twitter-Account posten können. Ein bisschen Zeit dafür ist in der Pause, aber im Grunde arbeiten die Jungs weiter, die einen absolut konzentriert, die anderen mit kommunikativen Einlagen. Ziemlich klar wird: Dem Computer muss man alles sagen, was er tun soll, und die Sache muss in sich logisch sein. Das spiegelt sich sogar in einer kleinen Witzanalyse der Jungs untereinander wider. „Sagt Abraham zu Bebraham: ‚Kann ich mal dein Zebra ham?‘“ lässt einen aufs erste Hören schmunzeln, aber eigentlich stimmt da was nicht beziehungsweise ist nicht ganz kohärent, weil nach A und B ja C käme. Absolut logisch, oder?
Am Ende des Seminars ist Mathias Schwope jedenfalls hochzufrieden. „Ihr habt’s wirklich drauf, es hat mir viel Spaß mit euch gemacht“, sagt er und dass sie nun mit den Grundkenntnissen gut weiterarbeiten und üben können, auch zu Hause.
Nicht jeder muss Informatiker werden, aber das logische, mathematische Denken braucht es in vielen Bereichen, und dafür steht letztlich auch solch eine Schritt-für-Schritt-Programm-Entwicklung. Damit sie die nochmals anschauen können, werden die Codes auf einen Stick kopiert. Nachdem die Laptops ausgeschaltet sind, geht es nach Hause.
Mit dem Ende der Herbstferien ist auch die Kinderhochschule abgeschlossen. Kirstin Krack von der Volkshochschule sagt: „Wir waren sehr zufrieden mit den Anmeldungen.“ Aufgrund der Coronasituation hatte das Team die Seminare für etwas weniger Kinder ausgeschrieben als bisher, teils gab es auch Wartelisten. „Das ist wirklich schön angenommen worden.“ Insgesamt gab es drei Angebote: Willi Werf hat mit Kindern einen Schaltungskreis „Lagerfeuer“ erarbeitet, Ralf Laternser in die Welt der Meteoriten und Mathias Schwope ins Programmieren eingeführt. Alle Kurse konnten kostenlos angeboten werden, was die Bürgerstiftung Murrhardt ermöglicht.