Seenotretter
Der Kampf gegen das Sterben im Mittelmeer
Die Seenotretter nehmen nicht hin, dass Tausende Geflüchtete ertrinken. Dafür ernten sie kein Lob, sondern werden angefeindet.
© epd/Thomas Lohnes
Flüchtlinge werden vor der libyschen Küste aus Seenot gerettet.
Von Knut Krohn
Fast 35 000 Menschen sind seit 2014 nach UN-Angaben auf ihrem Weg nach Europa ertrunken. Der Schrecken ist längst auf eine nackte und kalte Statistik reduziert. Politiker äußern sich zwar betroffen angesichts dieser humanitären Katastrophe, doch sind sie meist damit beschäftigt, die Verantwortung den politischen Gegnern in die Schuhe zu schieben. Nun hat sich die EU zu einer Reform des Asylsystems durchgerungen. Sie dokumentiert, dass sich die Stimmung in der EU in Sachen Migration grundsätzlich gewandelt hat.
In Zukunft stehen die Zeichen auf Abschottung, Abschreckung, Abschiebung und die Auslagerung von Asylverfahren in Nicht-EU-Länder. Das heißt auch, dass die Arbeit der Seenotretter im Mittelmeer noch schwieriger wird. Allen Anfeindungen zum Trotz versuchen sie aber, die klaffende Lücke zu schließen, die sich nach dem Ende der staatlichen Rettungsoperation Mare Nostrum 2014 aufgetan hat. Dabei ist es eine Frage der Glaubwürdigkeit Europas, das sich gerne als Hort der Menschenrechte darstellt, das Massensterben zu verhindern. Im Moment wird aber genau das Gegenteil getan, die Aktivisten werden behindert, kriminalisiert und diffamiert. Dabei sind sie es, die zutiefst menschlich agieren. Mit ihrer Mission lösen sie aber in unserer Wohlstandsgesellschaft Irritationen aus, denn diese Männer und Frauen geben durch ihr Tun den kalten Statistiken ein Gesicht. Sie halten Europa den Spiegel vor, das vor dem Sterben im Meer lieber die Augen verschließt.
