Sexuelle Identität

Der Union droht ein neuer Richtungskampf

Der Berliner Vorstoß zur Grundgesetzänderung zwingt die Union zu einer hochsymbolischen Weichenstellung, sagt unser Berliner Korrespondent Norbert Wallet.

Wieder ein neuer Kulturkampf in der CDU?

© Bernd von Jutrczenka/dpa

Wieder ein neuer Kulturkampf in der CDU?

Von Norbert Wallet

Noch köchelt das Thema bei geringer Hitze unter der Oberfläche des politischen Tageskampfes. Das kann sich schnell ändern. Der Berliner Vorstoß zur Aufnahme der sexuellen Identität in den Schutzkatalog des Artikels 3 unserer Verfassung birgt vor allem für die Union einigen Sprengstoff.

Repräsentanten des liberalen Flügels formieren sich

Es ist kein Zufall, wer diesen Antrag in den Bundesrat eingebracht hat. Nicht nur Berlins Regierender Kai Wegner macht sich für die Reform stark, auch die Ministerpräsidenten von NRW und Schleswig-Holstein, Hendrik Wüst und Daniel Günther. Das sind drei Repräsentanten des liberalen Flügels der Union. Allen dreien gehen die Kulturkämpfer in der Partei seit langem mächtig auf die Nerven, die den Kurs der Union in Richtung einer rein konservativen Kraft verändern wollen. Das Thema der Grundgesetzänderung ist geeignet, hier ein Stoppzeichen zu setzen. Es geht also auch um eine für die Union hochsymbolische Weichenstellung.

Leider tut das der Debatte gar nicht gut. Denn sie wird auf dem Rücken einer noch immer angreifbaren und verletzlichen Gruppe geführt. Das zeigen auch alljährlich die Zahlen des Bundeskriminalamtes im Bereich von Delikten zur „Sexuellen Orientierung“. Es ist durchaus nicht so, dass sich queeres Leben in Deutschland immer ohne Hindernisse und Diskriminierungen äußern und entwickeln könnte – erst recht nicht außerhalb der großen Städte.

Umfangreicher Katalog an Diskriminierungsverboten

Natürlich kann man argumentieren, dass der schlichte Satz „Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich“ bereits einen umfassenden Diskriminierungsschutz garantiert. Aber diese Debatte ist überholt. Denn der Gesetzgeber hat bereits einen umfangreichen Katalog an Diskriminierungsverboten in die Verfassung hineingeschrieben. In diesem Zusammenhang die Diskriminierung aufgrund der sexuellen Identität nicht zu erwähnen, ist deshalb nicht mehr zu rechtfertigen.

Zum Artikel

Erstellt:
3. August 2025, 16:06 Uhr
Aktualisiert:
3. August 2025, 17:13 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen