Umweltschutz

Die EU streitet über den Weg zu mehr Klimaschutz

Europa will bis 2050 klimaneutral werden. Die EU-Kommission legt nun einen Vorschlag für ein verbindliches Zwischenziel für 2040 vor, doch es regt sich Widerstand in den Ländern.

Zu den Maßnahmen im Kampf gegen den Klimawandel zählt auch der Ausbau der Solarenergie. Einigen Staaten in der EU sind die Vorgaben inzwischen allerdings zu eng gesteckt.

© Jens Büttner/dpa

Zu den Maßnahmen im Kampf gegen den Klimawandel zählt auch der Ausbau der Solarenergie. Einigen Staaten in der EU sind die Vorgaben inzwischen allerdings zu eng gesteckt.

Von Knut Krohn

Die EU-Kommission gibt sich wieder einmal optimistisch. Das Ziel sei weiter, in den kommenden 15 Jahren die Treibhausgase um mindestens 90 Prozent im Vergleich zu 1990 zu reduzieren, hat der zuständige Klimakommissar Wopke Hoekstra jüngst formuliert. Die entscheidende Einschränkung folgt aber im nächsten Satz, die Wettbewerbsfähigkeit Europas sowie ein gerechter und fairer Wandel der Wirtschaft müsse in Zukunft stärker berücksichtigt werden. Im Klartext heißt das, in Brüssel glaubt inzwischen niemand mehr, dass die strengen Vorgaben wie geplant umgesetzt werden können. Die Liste der grundlegenden Probleme ist lang: eine lahmende Wirtschaft, die drohenden Handelsauseinandersetzungen mit den USA, die wachsenden Konkurrenz aus China und der Krieg in der Ukraine.

Die EU-Kommission räumt mehr Flexibilität ein

Am Mittwoch will die EU-Kommission die längst überfälligen Vorschläge für eine Gesetzesänderung mit verbindlichen Klimazielen für das Jahr 2040 vorlegen. Erwartet wird, dass offiziell an der ambitionierten Endmarke festgehalten, den Staaten aber mehr Flexibilität auf dem Weg dorthin eingeräumt wird.

Aus einem am Wochenende öffentlich gewordenen Entwurf des Papiers geht hervor, dass die Kommission den EU-Staaten etwa eine anteilige Anrechnung von CO2-Emissionen aus dem Ausland erlauben könnte. Konkret bedeutet das, dass Investitionen in grüne Technologie im Ausland – etwa Solar- oder Windparks - auf die eigene Klimabilanz angerechnet werden könnten. Das entspricht auch der Position der deutschen Regierung. Diese hält an einem Ziel von 90 Prozent fest, drei Prozent davon könnten nach der Vorstellung von Berlin über solche Investitionen auch außerhalb Europas angerechnet werden.

Grüne kritisieren einen „Ablasshandel“

Dieser Vorschlag treibt den Grünen-Europaabgeordneten Michael Bloss auf die Palme. „Das ist Etikettenschwindel, denn diese Gutschriften sind nicht viel mehr als Ablasshandel“, kritisiert der Stellvertreter im Klimaausschuss des Parlaments. „Sie gaukeln Klimaschutz vor, wo in der Realität kein CO2 eingespart wird.“ Er betont, dass dieses System schon seit Jahrzehnten existiert und es sich immer wieder gezeigt hat, dass diese Art von CO2-Gutschriften nicht funktionieren. Damit werde nichts für den Klimaschutz getan, sondern „Tricksen und Täuschen Tür und Tor geöffnet“, sagt Bloss.

Kein Freund dieser Zertifikate, aber dennoch ein Befürworter, ist Peter Liese. „Wir müssen beim Erreichen der Klimaziele pragmatisch vorgehen“, betont der CDU-Europaparlamentarier. Und für eine begrenzte Zeit des Übergangs seien dazu die Zertifikate ein gangbarer Pfad. Der gebe der europäischen Industrie etwas mehr Bewegungsfreiheit auf dem Weg zur Dekarbonisierung. Aus Peter Liese spricht auch die Angst, dass der ganze Prozess zum Klimaziel 2040 aus den Fugen geraten könnte, wenn zu starr an den Vorgaben festgehalten wird.

In den Ländern formiert sich der Widerstand

Diese Bedenken sind nicht unbegründet. In den EU-Mitgliedsländern formiert sich seit Monaten Widerstand gegen die Klimaziele. Auf dem Ratsgipfel vergangene Woche in Brüssel wurde der Streit über das brisante Thema noch umschifft, obwohl Frankreichs Präsident Emmanuel Macron eine Debatte anmahnte. Er ist einer der größten Bremser und nicht nur Umweltschützer befürchten, dass Paris die Klimaziele am liebsten ganz kippen würde.

Aber nicht nur Macron fordert Zusagen bei der Finanzierung für Unternehmen oder einen besseren Schutz von Branchen wie der Stahlindustrie, die mit unfairem Wettbewerb aus Drittstaaten wie China zu kämpfen hätten. Auch Länder wie Polen. Tschechien und Italien hatten sich zuletzt offensiv für niedrigere Klimaziele ausgesprochen. Das überschuldete Frankreich geht aber noch weiter und will aus Brüssel massive Finanzhilfen für die Umstellung auf eine klimafreundliche Industrie und die Förderung der Atomkraft. Die AKW werden für Frankreich inzwischen zu einem Problem, da viele Meiler marode sind und dringend saniert werden müssen, wofür im Staatshaushalt aber das Geld fehlt.

Die EU steht unter einem gewissen Druck, sich schnell auf die Klimaziele zu einigen. Im November findet die Klimakonferenz in Belém in Brasilien statt, dann müssen die Pläne präsentiert werden. Michael Bloss warnt, die USA unter Donald Trump hätten den Klimaschutz bereits in die Tonne getreten. In dieser Situation müsse Europa die Verantwortung für die Zukunft übernehmen.

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Erstellt:
30. Juni 2025, 16:06 Uhr

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