Rätsel des Universums
Die geheimnisvolle Gold-Fabrik im Weltall
Ihr Ursprung war bisher eines der großen Rätsel der Astronomie. Nun haben Forscher eine weitere Quelle von Gold, Platin und anderen schweren Elementen im Kosmos entdeckt. Ein Teil könnte in Magnetaren entstanden sein – den stärksten Magneten des Kosmos.

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Wenn die Kruste eines Magnetars aufreißt, setzt dies große Mengen energiereicher Strahlung und Neutronen frei – und erzeugt schwere Elemente wie Gold und Platin.
Von Markus Brauer
Im Anfang war das Nichts. Und aus dem Nichts entstand der Urknall. Alles ist durch den Urknall geworden. Und ohne den Urknall wurde nichts, was geworden ist. In ihm war das Beginn allen Seins. So könnte es in Anlehnung an die Eingangssequenz des Johannesevangeliums (Johannes, Kapitel l, Verse 1-4) gewesen sein. Kurz nach dem Urknall gab es im jungen Weltall nicht viel – nur Wasserstoff, Helium und Spuren von Lithium. Alle anderen Elemente entstanden erst durch die Kernfusion in den ersten Sternen.
Wie aber sind die schweren Elemente des Periodensystems entstanden – wie Gold, Platin und Metalle der Seltenen Erden?
27. Dezember 2004: Mega-Eruption eines Magnetars
Eine Antwort darauf könnten Astronomen um Anirudh Patel von der Columbia University in New York gefunden haben – in einem der stärksten je detektierten Gammastrahlenausbrüche. Dieser ereignete sich am 27. Dezember 2004 und setzte innerhalb einer halben Sekunde mehr Energie frei als unsere Sonne in 250.000 Jahren.
Quelle des Ausbruchs war ein mehr als 30.000 Lichtjahre entfernter Magnetar. Dabei handelt es sich um einen Neutronenstern mit extrem starkem Magnetfeld, den kollabierten Überresten einer ausgebrannten Riesensonne. Hat sie ihren nuklearen Energievorrat verbraucht, stürzt ihr Inneres – also der Kern – zusammen und es entsteht ein Schwarzes Loch oder ein Neutronenstern, während die äußere Hülle explosionsartig ins All abgestoßen wird.
Hellste Explosionen des Kosmos
Gammastrahlenausbrüche sind die hellsten und energiereichsten Explosionen des Kosmos. Innerhalb weniger Sekunden können bei diesen sogenannten Mega-Flares so viel Strahlung freisetzen wie die Sonne in ihrer gesamten Lebenszeit.
Einige von ihnen waren sogar mit bloßem Auge am Himmel sichtbar. Als Ursache solcher Ausbrüche gelten Kollisionen von Neutronensternen oder eine Kernkollaps-Supernova von sehr massereichen Sternen.
Magnetar-Eruptionen sind extrem selten: Bisher wurden erst drei solcher astronomischen Ereignisse in der Milchstraße, der Großen Magellanschen Wolken sowie sieben in anderen Galaxien beobachtet.
Masse des Planeten Mars in wenigen Minuten freigesetzt
Die Magnetar-Eruption im Jahr 2004 produzierte innerhalb weniger Minuten rund 0,3 Erdmassen an schweren Elementen, was ungefähr der Masse des Planeten Mars entspricht.
„Dieser eine Mega-Flare war so ergiebig, dass schon wenige andere Ausbrüche dieser Art einen signifikanten Anteil aller schweren Elemente der Erde erzeugt haben könnten“, schreiben die Astronomen im Fachjournal „The Astrophysical Journal Letters“. In der Milchstraße könnten demnach bis zu zehn Prozent allen Golds, Platins und anderer Elemente jenseits der Ordnungszahl 90 durch Magnetar-Flares entstanden sein.
Eine der Jahrhundertfragen der Astronomie gelöst
„Diese Entdeckung beantwortet eine der Jahrhundertfragen der Astronomie und löst ein lange bestehendes Rätsel“, erklärt Koautor Eric Burns von der Louisiana State University. Mit den Magnetar-Ausbrüchen kennen die Astronomen nach den Neutronenstern-Kollisionen nun auch eine zweite „Goldfabrik“ des Kosmos.
Da es Magnetare schon sehr früh in der kosmischen Geschichte gab, könnten sie auch erklären, woher einige der ersten schweren Elemente kamen.
„Es ist wirklich cool, wenn man sich klarmacht, dass einiges Material in meinem Handy und Laptop aus solchen kosmischen Extremexplosionen stammt“, resümiert Patel.