Die Mammutbäume in der Wilhelma leiden
Sie sind die größten lebenden Pflanzen der Welt, die Mammutbäume. Die Wilhelma hat sogar welche von 1864. Doch warum sind die Nadeln auf einmal braun geworden?
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Die Mammutbäume in der Wilhelma haben seit ein paar Monaten viele braune Nadeln. Was ist passiert?
Von Iris Frey
Stuttgart - Die Mammutbäume, die in der Wilhelma am Hang bei den Subtropenterrassen stehen, leiden. „Sie sind in den letzten vier, fünf Monaten ziemlich braun geworden“, sagt Katja Siegmann. Die Bereichsleiterin der Parkpflege im zoologisch-botanischen Garten kennt die Ursachen. Drei Pilzarten wurden im Oktober an den Baumriesen nachgewiesen: die Phyllosticta (Blattfleckenkrankheit), die Diplodia (Triebsterben) und die Pestalotia (Zweigsterben).
Mammutbäume in der Wilhelma in Stuttgart leiden am Borkenkäfer
Die Bäume seien also nicht vertrocknet, erklärt die 52-Jährige. Ihr Standort sei jedoch nicht optimal. Von den insgesamt rund 70 Bäumen stammen 35 noch von der alten Bepflanzung aus den Anfängen des botanischen Gartens im Jahr 1864 durch König Wilhelm I. Er hatte damals ein Pfund Samen bestellt – das entsprach jedoch viel mehr Saat als gedacht. Es wurden 5000 Setzlinge gezogen, die damals in ganz Württemberg verteilt wurden.
Der Standort in der Wilhelma sei deshalb schwierig, weil der größte Baum der Welt dort in einem lehmigen Tonboden stehe, der sehr verdichtet sei. Das bedeute, dass das Erdvolumen und der Boden die Bäume nicht ausreichend versorgen könne, so Siegmann.
Die Wilhelma hat auf die Probleme der Bäume reagiert: Schon 2019 wurden Bodenfeuchtesensoren eingebaut. Anfang dieses Jahres kamen noch bessere Sensoren mit neuer Technik hinzu. Diese messen den Wassergehalt im Boden und steuern bei Bedarf nach. „Wir bekommen wöchentlich eine Auswertung“, sagt Siegmann. Doch allein eine Bewässerungssteuerung reiche nicht aus.
Die Pilze an den Bäumen müssen weggeschnitten werden. Im Frühjahr sollen Pflanzenstärkungsmittel aufgebracht werden, auch in die Kronen der Bäume. Dieser Tage werden die Bäume gedüngt und erhalten ebenfalls Pflanzenstärkungsmittel, Mineralien, Kraftdünger mit Mikrobiologie, Bodenpilzen und Pflanzenhomöopathie drin, um das Bodenleben zu verbessern, weil ja der Tonboden so verdichtet ist. Dadurch können sich die Bäume auch nicht so richtig entfalten. Im Frühjahr werden die Baumpfleger der Wilhelma die Bäume schneiden, sodass die braunen Nadeln mit den Pilzen weggenommen werden.
Die Mammutbäume leiden zudem am Borkenkäfer. „Das ist ebenfalls ein Schwächeparasit.“ Auch wegen dieses Problems müssten Äste herausgeschnitten werden. Und noch eine Maßnahme steht im Mammutbaumwald im Frühjahr bevor: „Wir werden ein paar Bäume entnehmen müssen“, sagt Siegmann, weil sie so stark geschädigt seien. Drei oder vier Bäume mittleren Alters sollen umgesägt werden. So seien es mehrere Faktoren, die das Leiden der Bäume verursachen: die Auswahl, der Boden und die Klimaveränderung.
Denn durch die Hitze und den Trockenstress seien die Bäume geschwächt. Mammutbäume wollen feuchteres Klima. Geprüft werde, ob eine Vernebelung den Baumriesen helfen könnte. Die hohe Trockenheit und Hitze durch die Klimaveränderung führe dazu, dass die Nadeln zu wenig Feuchtigkeit erhalten. Sie brauchen auch eine gewisse Winterfeuchte. „Deshalb gießen wir jetzt nochmals intensiver“, sagt Siegmann, damit die Bäume feucht in den Winter gehen.
Alle Koniferen in der Wilhelma seien braun geworden und hätten den Schädling, nicht nur die Mammutbäume. Für Laien sei der Schädling nicht mit bloßem Auge erkennbar. „Wir haben Proben an einen Profi geschickt, der den Pilz gefunden hat.“
Entwarnung kann Siegmann für den höchsten Mammutbaum im Stuttgarter zoologisch-botanischen Garten geben, er ist 38 Meter hoch, und ihm geht es noch gut. Der Bestand werde ständig beobachtet. Die Rahmenbedingungen seien nicht optimal, dazu die Schwächung der Bäume durch Trockenheit. So langsam käme aber die Parkpflege an ihre Grenzen, denn: „Wir können nicht den Naturstandort nachsimulieren“, sagt Siegmann.
