Schwäbisch Gmünd

Dieser Brillenhersteller entlässt 100 Mitarbeiter

Brillenhersteller Menrad muss nach 130 Jahren seinen Stammsitz in Baden-Württemberg schließen. 100 Mitarbeiter verlieren ihre Jobs - nicht der erste Schlag für den Wirtschaftsstandort.

Die Brillenherstellung ist in Deutschland ein schwieriges Geschäft und erfolgt meist in Asien.

© Imago/Petra Schneider

Die Brillenherstellung ist in Deutschland ein schwieriges Geschäft und erfolgt meist in Asien.

Von Michael Maier

Die Kündigung kam per Microsoft-Teams: Das Familienunternehmen Menrad aus Schwäbisch Gmünd muss nach der Insolvenzanmeldung Ende März 2025 seinen Hauptsitz schließen. Rund 100 Mitarbeiter verlieren ihre Arbeitsplätze.

Die Nachricht war für viele überraschend, als die Belegschaft am 28. Mai per Videokonferenz über die sofortige Freistellung informiert wurde. Alle Hoffnungen auf Übernahme der angeschlagenen Firma durch einen Investor erwiesen sich damit als trügerisch.

Das 1896 gegründete Unternehmen, das sich auf die Herstellung und den Vertrieb von Brillengestellen spezialisiert hatte, kämpfte zuletzt mit erheblichen Liquiditätsproblemen. Als Grund wurden rückläufige Auftrags- und Umsatzentwicklungen in einem zunehmend schwierigen Marktumfeld genannt. Namhafte Marken wie Jaguar, Joop und Pepe Jeans zählten zu den Partnern des Unternehmens.

Keine Sanierung für Menrad möglich

Insolvenzverwalter Florian Zistler von der Kanzlei Pluta erklärte, dass die Finanzierungslücke zu groß sei, um den Betrieb in seiner bisherigen Form fortzuführen. Nachdem die Gehälter bis Mai noch über das Insolvenzgeld bezahlt wurden, konnte keine tragfähige Lösung für die Weiterführung gefunden werden. Die Suche nach einem Investor für den gesamten Betrieb blieb erfolglos.

Für einige Außendienstmitarbeiter besteht unter Umständen noch die Möglichkeit einer Weiterbeschäftigung im Rahmen einer Übernahme. Der Münchner Standort, der für Produktdesign und Marketing zuständig ist, bleibt von der Schließung unberührt. Auch die etwa 80 Mitarbeiter im Ausland, die für den Vertrieb zuständig sind, sind nicht von der Insolvenz betroffen.

Gmünds OB Arnold beklagt Menrad-Aus

Gmünds Oberbürgermeister Richard Arnold bezeichnete die Schließung als schweren Schlag für die Stadt. Der Gmünder Wirtschaftsförderer Alexander Groll äußerte seine Trauer über das Ende einer 130-jährigen Firmengeschichte in der Region.

Aus für Mitarbeiter – Rettung für Marke Menrad?

Die Gespräche zur Übernahme der Marke Menrad verlaufen nach Angaben des Insolvenzverwalters indes positiv. Ein fließender Übergang soll die weitere Lieferung der Waren und die Ersatzteilversorgung für die Händler gewährleisten, heißt es. Für die jetzt gekündigten Mitarbeiter wird der scheinbar so wichtige und reibungslose Warenfluss allerdings nur ein schwacher Trost sein.

Arbeitsplatzabbau in Schwäbisch Gmünd

  • Schleich GmbH (Spielwaren) - 140 Arbeitsplätze
  • Menrad (Brillen) - 100 Jobs
  • Bosch (ehemals ZF-Lenksysteme) - voraussichtlich 1300 Stellen bis 2030

Schwäbisch Gmünd in der Abwärtsspirale

Der Standort Schwäbisch Gmünd hatte jüngst schon den Weggang des bekannten Spielzeugherstellers Schleicht Richtung Tschechien hinnehmen müssen. Das Schleich-Marketing wird hingegen nach München verlagert. Lediglich in der Logistik sollen nach langem Tauziehen 90 Gmünder Arbeitsplätze erhalten bleiben.

Darüber hinaus ist das große Bosch-Werk in der geschichtsträchtigen Stauferstadt existenziell bedroht und verliert in den nächsten Jahren auf jeden Fall hunderte von Arbeitsplätzen – falls es nicht vollständig aufgelöst werden muss. Etwas besser laufen die Geschäfte dagegen beim anthroposophisch angehauchten Naturkosmetik-Hersteller Weleda.

In der Region Schwäbisch Gmünd sinken inzwischen auch die Immobilienpreise, die sich noch vor Jahresfrist fast auf dem Niveau der Region Stuttgart bewegt hatten – zumindest auf Angebotsseite. Inzwischen differenziert der Markt jedoch wieder stärker zwischen Ballungsraum und Peripherie, obwohl es im Ostalbkreis nach wie vor starke Unternehmen wie Zeiss in Oberkochen gibt.

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Erstellt:
3. Juni 2025, 12:30 Uhr
Aktualisiert:
3. Juni 2025, 17:55 Uhr

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