Elektromobilität
Doch keine Klimastrafen für Autobauer?
Das Europaparlament stimmt über die Entschärfung der CO2-Flottengrenzwerte ab. Kritiker befürchten großen Schaden für die Klimaziele in der EU.

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Dem Elektroauto gehört die Zukunft, darin sind sich die Experten einig. Doch Streit gibt es über den Weg und den Zeitpunkt des Abschieds für den Verbrennermotors.
Von Knut Krohn
Der lange Kampf um das Verbrenner-Aus ist in seiner entscheidenden Phase. Das Europaparlament stimmt diese Woche in einem Dringlichkeitsverfahren darüber ab, ob den Autobauern mehr Zeit gegeben werden soll, die von Brüssel geforderten CO2-Flottengrenzwerte einzuhalten. Eigentlich haben die Unternehmen die Vorgabe, dass die Emissionen ihrer Flotte in diesem Jahr 15 Prozent unter den Werten von 2021 liegen müssen. Dieses Ziel wird aber von den vielen Herstellern verfehlt, was hohe Strafzahlungen zur Folge hätte. Sehr wahrscheinlich wird diese Regelung nun entschärft, doch vor allem die Konservativen im EU-Parlament wollen mehr: das Ende des strikten Verbrenner-Verbots im Jahr 2035.
Arbeitsplätze in der Autobranche erhalten
Einig sind sich die großen Fraktionen, dass die drohenden Strafzahlungen vermieden werden müssen. „Aus Sicht der Europa-SPD sind in diesem Fall Anpassungen notwendig“, sagt Tiemo Wölken, umweltpolitischer Sprecher der Sozialisten im Parlament. Die Marktlage habe sich durch den Angriffskrieg Russlands und die Energiekrise in den vergangenen Jahren dramatisch verändert. Zudem habe sich das Hochlaufen der Elektromobilität nicht so gut entwickelt, wie prognostiziert. Ziel sei es nun, „Arbeitsplätze in Europa und im Besonderen auch in Deutschland zu erhalten“, betont Wölken.
Deutsche Autohersteller hätten allerdings noch die Möglichkeit, über den Kauf von Zertifikaten von E-Auto-Herstellern die Strafzahlungen zu vermindern. Das wäre nach Ansicht des CDU-Politikers Peter Liese allerdings ein Unding. Deswegen große Summen an Konkurrenten aus China oder den USA, zum Beispiel Tesla von Elon Musk, zu überweisen, „passt nicht in die Zeit“, betont der umweltpolitische Sprecher der konservativen EVP-Fraktion im Europaparlament. Aus diesem Grund sei es sinnvoll, dass die Autobauer mehr Zeit zur Anpassung der CO2-Flottengrenzwerte bekommen.
Die Zukunft gehört der Elektromobilität
Doch dann schiebt Peter Liese nach, dass in einem zweiten Schritt auch das sogenannte Verbrenner-Verbot aufgehoben werden müsse. „Ich bin dafür, das Ziel, ab 2035 nur noch klimaneutrale Neuwagen zuzulassen, bestehen zu lassen“, erklärt der CDU-Politiker, „aber wie die Industrie das erreicht, sollten wir Ingenieuren und dem Markt sowie den Kunden überlassen.“
Auch er ist überzeugt, dass die Zukunft der Elektromobilität gehöre. „Dass die gesamte Flotte auf E-Fuels umgestellt wird, halte ich für extrem unwahrscheinlich“, sagt Liese und plädiert für Ausnahmen, bei denen eine Kombination von Elektroauto und Verbrenner „sinnvoller sind als reine Elektroautos“. Als Beispiel nennt er Hybridfahrzeuge mit sehr hoher Batteriereichweite oder auch sogenannte Range Extender, bei denen die Batterie im Auto selbst mit einem kleinen Benzinmotor aufgeladen werden kann.
E-Feuls sind für den Individualverkehr zu teuer
Am völligen Verbot für Verbrenner-Motoren im Jahr 2035 wollen SPD und auch die Grünen allerdings festhalten. Man müssen damit aufhören, den Verbrauchern „vorzugaukeln“, dass sie auch in Zukunft mit einem Verbrenner-Fahrzeug unterwegs sein könnten, sagt Tiemo Wölken. Und von synthetischen Kraftstoffen wie E-Fuels für Pkw hält der SPD-Mann überhaupt nichts. Die würden für das Betanken von Flugzeugen und Schiffen gebraucht und seien für den Individualverkehr sehr wahrscheinlich nicht verfügbar und wenn, dann wären sie enorm teuer.
Michael Bloss, umweltpolitischer Sprecher der Grünen im Europaparlament, kann die Argumente von CDU und SPD im Fall der CO2-Flottengrenzwerte allerdings nicht nachvollziehen. Er befürchtet sogar, dass ein Aufweichen der Kriterien der Einstieg in den Ausstieg aus dem Green Deal sein könnte, dem Umbau Europas zu einem klimaneutralen Kontinent. „Die Grenzwerte gelten seit 2019“, betont Bloss. „Die Automobilhersteller hatten also ausreichend Zeit, ihre Produktionsplanung anzupassen und etliche haben dies auch getan. Volvo Cars hat sein Ziel für 2025 bereits im Vorjahr erreicht.“
Für die Konservativen nur ein Etappensieg
Wahrscheinlich ist allerdings, dass der Vorschlag, die Vorgaben für die CO2-Flottengrenzwerte aufzuweichen und damit Strafzahlung für die Autobauer zu vermeiden, kommende Woche in Straßburg die Zustimmung des Europaparlamentes finden wird. Für die Konservativen wird das allerdings nur ein erster Etappensieg sein. Gegen den vehementen Widerstand von SPD und Grünen werden sie weiter an ihrem Ziel arbeiten, auch das harte Verbrenner-Aus im Jahr 2035 zu kippen.