Drei Fornsbacher Vertreter für Murrhardt
50 Jahre Gemeindereform in Murrhardt (3): Die Walterichstadt kam Fornsbach mit einem kulanten Eingemeindungsvertrag entgegen. Die Einwohner von Plapphof, Rupphof und Hornberg fürchteten hohe Murrhardter Gebühren und entschieden sich deshalb für Fichtenberg.

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Der Blick auf Fornsbach von der Schanze aus. Die Bürger sollten durch die Eingemeindung Unterstützung bei der Infrastruktur bekommen, wuchern konnten sie wiederum mit ihrem Pfund Waldsee und das zugehörige Freizeitgebiet. Archivfoto: J. Fiedler
Von Elisabeth Klaper
Murrhardt. Am 2. April 1971 beriet das Murrhardter Stadtparlament die Ergänzung der Vereinbarung zur Eingliederung von Fornsbach, da der Fornsbacher Gemeinderat verschiedene Änderungen beantragt hatte, die man nach einer Besprechung der Stadtverwaltung mit Bürgermeister Emil Kasper in den Text der Vereinbarungen integrierte (siehe Infokasten). Am 23. April 1971 schloss man die Vereinbarung zur Eingemeindung Fornsbachs in die Stadt Murrhardt ab und am 24. April erfolgte die Unterzeichnung des Eingliederungsvertrags in feierlichem Rahmen.
Dabei wurde der bisherige Bürgermeister Emil Kasper mit dem Bundesverdienstkreuz für die außerordentliche Wiederaufbauleistung der kurz vor Kriegsende fast völlig zerstörten Ortsmitte von Fornsbach ausgezeichnet. „Es muss anerkannt werden, dass Murrhardt sich gegenüber Fornsbach als ein sehr guter Partner zeigte, so kam ein kulanter Vertrag zustande“, unterstrich Kasper. In seiner letzten Sitzung am 23. Juni wählte der Fornsbacher Gemeinderat Wilhelm Weber, Karl Föll und Karl Laubenberger als Gemeinderäte und Vertreter des neuen Stadtbezirks für den Murrhardter Gemeinderat. Überdies wählten sie diese drei Räte sowie die sachkundigen Bürger Karl Kronmüller, Arthur Epple, Alfred Windmüller sowie Emil Kasper in den neu gebildeten Waldseeausschuss.
„Mindestens ein gutes Drittel der Bevölkerung von Fornsbach wollte sich nicht eingemeinden lassen“, wobei der Fremdenverkehr am Waldsee eine wichtige Rolle spielte, darum „gab es lebhafte politische Diskussionen über die Gemeindereform in den Vereinen und Gaststätten“, erinnert sich Altstadtrat Rolf Schweizer. Doch als Bürgermeister Emil Kasper in den Ruhestand ging, „überlegte man, ein Zusammenschluss mit Murrhardt wäre den Zeitumständen entsprechend besser“. Zwischen Murrhardt und Fornsbach bestanden seit dem Mittelalter vielfältige Beziehungen, obwohl beide Orte bis Anfang des 19. Jahrhunderts, als Württemberg zum Königreich wurde, in unterschiedlichen Herrschaftsgebieten lagen: Die Walterichstadt gehörte zum Herzogtum Württemberg, Fornsbach zur Grafschaft Löwenstein, verdeutlicht der Heimatgeschichtsexperte.
„Die Fornsbacher Bürger wären am liebsten selbstständig geblieben, denn sie waren sehr zufrieden mit Bürgermeister Emil Kasper. Er war sehr beliebt, weil er sich vorbildlich um alle Anliegen, Aufgaben und Probleme kümmerte“, betont Zeitzeuge Heinz Goller, ehemals Mitglied im Waldseeausschuss. Die finanzielle Situation Fornsbachs „war jedoch den Aufgaben zum Ausbau der modernen Infrastruktur nicht gewachsen: Die Investition für die vom Land vorgeschriebene Kanalisation wäre für die kleine Gemeinde zu hoch gewesen.“ Deren Bau und Anschluss an die Murrhardter Kläranlage erfolgten 1975.
Zu den Waldseebetrieben berichtet Goller: Der um 1960 eingerichtete Campingplatz war privat, an der Stelle des heutigen Gebäudes stand eine Gaststätte. In Bürgermeister Kaspers Amtszeit schuf man die Minigolfanlage, Badestellen, einen Kinderspielplatz und feierte das Sommernachtsfest. Erst ab 2000, als die Familie Pfizenmaier die Waldseegaststätte übernahm, erfolgte deren Modernisierung.
Seit den 1960er-Jahren wuchs die wirtschaftliche Verflechtung von Fornsbach mit Murrhardt, wohin viele Arbeiter pendelten. Die Verwaltungsstelle in Fornsbach bestand bis 2002: „Als Fachbeamter kümmerte sich Erwin Richardon gut um die Anliegen der Bürger, es gab feste Sprechzeiten, bei Bedarf auch abends“. Die Einwohner von Plapp-, Retzen- und Rupphof sowie Hornberg „befürchteten, die Abgaben seien in Murrhardt viel höher als in Fichtenberg“, darum stimmten sie gegen die Eingemeindung nach Murrhardt. Aber: „Die Kinder besuchen die Grundschule und die Höfe gehören zur Kirchengemeinde Fornsbach“, betont Heinz Goller.

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„Es muss anerkannt werden, dass Murrhardt sich gegenüber Fornsbach als ein sehr guter Partner zeigte, so kam ein kulanter Vertrag zustande.“
Emil Kasper, Bürgermeister Fornsbachs, über die Eingliederung der Gemeinde
Die wichtigsten Punkte der Vereinbarung zur Eingemeindung von Fornsbach nach Murrhardt:
Die Stadt Murrhardt richtet im künftigen Stadtbezirk Fornsbach im Rathaus eine örtliche Verwaltungsstelle ein, die ein Verwaltungsbeamter leitet, der in Fornsbach wohnen muss.
Für eine Übergangszeit bis 31. Dezember 1974 verpflichtet sich die Stadt Murrhardt, die Trink- und Abwassergebühr in der bisherigen Höhe zu belassen, danach gelten deren Gebührensätze.
Die Stadt stellt für das Gebiet des Stadtbezirks Fornsbach unverzüglich einen Flächennutzungsplan auf, weist weitere Baugebiete aus und erschließt sie.
Sie führt die Waldseebetriebe in der bisherigen Weise weiter und baut sie aus. Überschüsse sind ausschließlich zur Verbesserung, Erneuerung und Erweiterung der Waldseebetriebe zu verwenden, soweit sie nicht zur Schuldentilgung benötigt werden.
Der Sportplatz wird dem SC Fornsbach auf Dauer zur Verfügung gestellt und zugesichert, dass er bei ungünstiger Witterung nicht von anderen benutzt werden darf.
Die Weiterführung des Betriebs des Kindergartens Fornsbach in zwei Gruppen wird auf Dauer sichergestellt, das Gebäude bleibt im Eigentum der Stadt.
Die Stadt Murrhardt setzt sich beim Krankenpflegeverein dafür ein, dass dieser auch im Stadtbezirk Fornsbach tätig wird.
Die öffentlichen Fernsprechstellen werden im gleichen Umfang wie in Murrhardt weitergeführt.
In den Teilorten Mettelberg, Schloßhof und Hinterwestermurr werden wie in den Murrhardter Teilorten Anwälte bestellt. Die unechte Teilortswahl wird beibehalten, wobei der Stadtbezirk und die Teilorte Mettelberg, Schloßhof und Hinterwestermurr bei der Gemeinderatswahl einen Wohnbezirk bilden, den drei Gemeinderäte vertreten.