Dustin Condello kickt in drei Teams

Mittelfeldakteur spielt in seinem Heimatverein SV Allmersbach und auch als Gehörloser für die GSG Stuttgart. Sein Talent blieb nicht lange unentdeckt, sodass er seit ein paar Jahren zusätzlich für die italienische Nationalmannschaft der Gehörlosen aufläuft.

Dustin Condello ist unter anderem für seinen Heimatverein SV Allmersbach am Ball. Foto: T. Babic

Dustin Condello ist unter anderem für seinen Heimatverein SV Allmersbach am Ball. Foto: T. Babic

Von Simon Ferber

Flagge statt Pfiff. Dies ist einer der wenigen Unterschiede zwischen dem Fußballsport der Hörenden und dem der Gehörlosen. Die Flagge wird im Gehörlosenfußball als Hinweis für eine Regelwidrigkeit verwendet und erfüllt dieselbe Funktion wie eine Pfeife. Ansonsten gelten auch im Ballsport der Gehörlosen die FIFA-Regeln. Dass der Fußball im Leben von Dustin Condello eine tragende Rolle spielen wird, war bereits in früher Kindheit zu erahnen. Als kleiner Junge spielte der Allmersbacher mit seinem älteren Bruder Richie oft vor dem Haus auf der Straße. Mit acht Jahren zog es ihn zu seinem ersten – und wie sich später herausstellen sollte nicht einzigen – Verein, den SV Allmersbach. Dort ist er auch heute noch aktiv am Ball.

Als Teenager trat er dem GSG Stuttgart bei. Das kam vor allem durch den ebenfalls gehörlosen Vater Andreas Salzmann seines damaligen Mitspielers Kevin zustande. Dies sollte aber nicht die letzte Station des mittlerweile 24-jährigen Mittelfeldakteurs bleiben. „Ein Talentscout wurde bei der Champions League der Gehörlosen im Jahr 2014 auf mich aufmerksam“, so Condello. Dieser lud ihn kurzerhand zum Training der italienischen Nationalmannschaft der Gehörlosen ein. Seitdem hat der Halbitaliener einige Begegnungen im Nationaltrikot Italiens bestritten. Condello beschreibt: „Ich bin stolz darauf, das italienische Trikot zu tragen.“ Die Erfahrung, in einem anderen Land für seine Nationalmannschaft spielen zu dürfen, kann nicht jeder Fußballer vorweisen.

„Wir haben uns auf dem Feld auf eine Zeichensprache geeinigt.“

So schön wie das Ganze klingt, das Spielen in drei verschiedenen Teams bedarf eines ordentlichen Zeitaufwands. Während die allermeisten Fußballer am Wochenende auf nur einem Sportplatz aktiv sind, jagt Condello an beiden Tagen dem Ball hinterher. Die Spiele der Männermannschaften des SV Allmersbach – er war auch schon in der Landesliga am Ball – und der GSG Stuttgart sind an verschiedenen Tagen, was das Auflaufen für beide Teams ermöglicht. Für die Spiele der Nationalmannschaft müssen im Falle aber beide Vereine passen. Das alles unter einen Hut zu bekommen, fällt auch Condello nicht immer leicht. „Meine Familie und auch meine Freunde unterstützen mich und stehen immer an meiner Seite“, schildert er. Ohne deren jahrelange Unterstützung wäre eine derartig hohe Belastung wohl kaum zu bewältigen. Die Tatsache, dass er bei seinem Arbeitgeber – Mercedes-Benz AG – im Schichtbetrieb arbeitet, macht die Planung nicht unbedingt leichter. Jedoch ist Dustin Condello froh, dass dieser ein großer Unterstützer des Leistungssports ist und ihm beispielsweise den benötigten Urlaub für die Spiele mit der Nationalmannschaft gewährt.

Natürlich ist es für einen Gehörlosen nicht einfach in der Fußballwelt der Hörenden. Über die Jahre hinweg hat es Condello aber geschafft, mit seinen Mitspielern des SV Allmersbach gut zu kommunizieren. „Wir haben uns auf dem Feld auf eine gewisse Zeichensprache geeinigt“, erläutert Condello und schiebt nach: „Außerhalb des Felds trage ich Hörgeräte, sodass ich dann auch wieder hören kann, wenn man mit mir redet.“ Auch bei seinen anderen zwei Mannschaften ist es immens wichtig, dass die Kommunikation auf und neben dem Platz stimmt. Alle drei Mannschaften weisen ihr eigenes Spielkonzept auf. Das auseinanderzuhalten ist ebenfalls keine leichte Aufgabe. Condello hat aber Wege gefunden, auch diese zu bewältigen. Seine schnelle Lern- und Anpassungsfähigkeit an die neuen Herausforderungen helfen ihm dabei. Bei der Nationalmannschaft ist es allerdings aufgrund der Sprachbarriere nicht immer so einfach, sich auf einer Ebene zu bewegen. Dennoch bereitet es ihm im Vergleich zu den anderen Teams dort am meisten Freude, da „dort nur die besten Spieler eines Landes spielen, was das Niveau deutlich anhebt“, so Condello.

Fußball beansprucht ganz klar den größten Teil seiner Freizeit. Allerdings lässt er es sich nicht nehmen, auch mal ein paar Körbe mit seinem Bruder zu werfen. Aktuell sind die Sportmöglichkeiten allerdings sehr begrenzt, weshalb individuelles Training auf der Tagesordnung steht. Um den Fitnesszustand aufrechtzuerhalten, versucht der Allmersbacher, sich fast täglich zu Hause sportlich zu betätigen. Ergänzend dazu absolviert Dustin Condello auch mehrere Laufeinheiten in einer Woche.

Ein besonderes Heimspiel

Auf ein besonderes Heimspiel hatte sich der Mittelfeldmann des GSG Stuttgart im vergangenen Jahr gefreut. Denn es war ein Spiel seiner Stuttgarter Mannschaft gegen den GSV Karlsruhe geplant – und das auf dem Sportgelände Bildäcker in Allmersbach im Tal. Durch den Lockdown fiel dieser Termin aber ins Wasser. Das Spiel soll in diesem Jahr neu angesetzt werden. Condello bedauert den Ausfall der Partie, richtet den Blick nach vorne: „Ich würde mich über viele Zuschauer freuen, damit die Menschen einen Eindruck gewinnen, wie Fußball in der Gehörlosenwelt aussieht.“

Dustin Condellos Vorbild ist Pavel Nedved. „Er war immer mein Lieblingsspieler bei Juventus Turin, welches auch meine Lieblingsmannschaft ist, da er auch immer dieselbe Position spielte wie ich. Nämlich im linken Mittelfeld“, so der Allmersbacher.

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Erstellt:
19. Januar 2021, 06:00 Uhr

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