Ein dreifach besiegeltes Dokument

Historiker Gerhard Fritz berichtet über die Urkunde von 1338, die er im Hauptstaatsarchiv Stuttgart entdeckt hat und die die Erwähnung Fornsbachs 1338 belegt. Sie dokumentiert vertragliche Regelungen zwischen dem Kloster Murrhardt und Adelberg und nennt Zeugen.

An die Urkunde sind drei Siegel angehängt – von Abt Heinrich von Murrhardt, vom Konvent der Mönche des Klosters und von Pfarrer Albrecht von Murrhardt. Foto: Hauptstaatsarchiv Stuttgart A 469 I U 138.

An die Urkunde sind drei Siegel angehängt – von Abt Heinrich von Murrhardt, vom Konvent der Mönche des Klosters und von Pfarrer Albrecht von Murrhardt. Foto: Hauptstaatsarchiv Stuttgart A 469 I U 138.

Von Elisabeth Klaper

Fornsbach. „Als Historiker wühlt man in der Vergangenheit und findet ständig Neues“, erklärt Professor Gerhard Fritz bei der Präsentation des Heimatbuchs Fornsbach im evangelischen Gemeindehaus. In einem Kurzvortrag zur ersten urkundlichen Erwähnung Fornsbachs 1338 erläutert er das Dokument, das er vor kurzem im Hauptstaatsarchiv Stuttgart entdeckte und das die Signatur A 469 U 138 trägt.

„Die Urkunde ist ein Rechtsdokument in deutscher Sprache, auf Pergament geschrieben, das über 1000 Jahre hält, über einen Vertrag zwischen dem Kloster Murrhardt und dem Kloster Adelberg.“ Hintergrund ist laut Fritz die Übertragung des Ortes Kirchenkirnberg im Jahr 1182 vom Kloster Murrhardt ans Kloster Adelberg, die auf Druck des Stauferkaisers Friedrich Barbarossa erfolgte. Gleichsam als kleine Entschädigung musste das Kloster Adelberg dem Kloster und der Pfarrei Murrhardt über 156 Jahre lang jährlich 20 Lämmer abgeben.

Der Urkundentext lautet: „Abt Heinrich und der Konvent des Klosters Murrhardt beurkunden: Die jährliche Gült (Abgabe) von 20 Lämmern, die der Propst und Konvent des Klosters Adelberg an das Kloster Murrhardt und die Pfarrei Murrhardt gegeben haben, wird mit Einwilligung des Pfarrers Albrecht von Murrhardt um (eine einmalige Zahlung von) 20 Pfund Heller abgelöst. Das Kloster Murrhardt bestätigt deren Empfang. Diese 20 Pfund Heller sollen zum Nutzen des Klosters verwendet werden. Der Pfarrer Albrecht soll zum Ausgleich jährlich eine Gült von 2 Pfund Heller erhalten, die aus der Obermühle zu Murrhardt fallen (erwirtschaftet werden).“

An der Urkunde hängen drei Siegel: Das erste ist von Abt Heinrich von Murrhardt, das einen Mann mit Abtstab zeigt, das zweite vom Konvent der Mönche des Klosters, symbolisiert durch Abtstab und Palmwedel, und das dritte von Pfarrer Albrecht von Murrhardt mit einer Figur der Gottesmutter Maria als Himmelskönigin. Diese weist hin auf die Marienkirche (heute Walterichskirche), damals Gotteshaus für die Murrhardter. Als Zeugen genannt sind „Pfarrer Heinrich, Dekan zu (Groß-)Bottwar, Pfarrer Dietrich Camerer zu Oberesslingen, Burglin und Heinrich Battenburg, Bürger zu Murrhardt, Cunrad von Furensbach und Johannes Geben und andere ehrbare Leute“. Als Datum ist der Bartholomäustag (24. August) 1338 angegeben.

Zwar war der Abt Chef des Klosters, benötigte für Verträge aber den Konvent der Mönche, im Prinzip wie heute „der Bürgermeister ohne Gemeinderat keine wichtigen Entscheidungen treffen kann“, verdeutlichte Fritz. Kurz erklärte er wichtige Details: 20 Pfund Heller „waren ein hoher Betrag, dafür konnte man ein kleines Haus kaufen“. Und der Zeuge „Cunrad von Furensbach war sicher eine wichtige Person, aber kein Adeliger“. Genaueres über ihn sei (noch) unbekannt. Erstmals erwähnt die Urkunde die Obermühle, die auch auf die Existenz der Untermühle hinweist.

Die Erforschung der Fornsbacher Ortsgeschichte geht weiter: Vor Kurzem hat Geschichtsvereinsvorsitzender Andreas Kozlik, der das Heimatbuch-kapitel zur Auswanderung nach Amerika verfasste, im Gemeindearchiv von Sulzbach an der Murr etliche Quellen über Fornsbach aus dem 17. und 18. Jahrhundert entdeckt. „Kirchlich gehörte Fornsbach bis 1900 zu Murrhardt, politisch zu Sulzbach, das wiederum Teil der Grafschaft Löwenstein war. Erst 1843 wurde Fornsbach selbstständige Gemeinde“, erläuterte der Historiker auf Nachfrage eines Zuhörers.

Pfarrer Steffen Kaltenbach brachte seine Freude über die Fertigstellung des Heimatbuchs zum Ausdruck. Wertvoll seien die Aussagen von Zeitzeugen und ihre Erlebnisse genauso wie die Forschungen der Historiker und Experten für Heimatgeschichte. Das Buch erinnere auch an die Verantwortung und Schuld während der Zeit des Nationalsozialismus. „Ich habe großen Respekt vor denen, die vor uns waren“, betonte Kaltenbach und verurteilte, dass Geschichte heute als Mittel zur Politik und Rechtfertigung für den Krieg Russlands gegen die Ukraine missbraucht wird.

Anhand des Inhaltsverzeichnisses skizzierte Bürgermeister Armin Mößner kurz die wichtigsten Details der Ortsgeschichte im Heimatbuch Fornsbach. Noch ungeklärt sei, ob der vom Bach abgeleitete Ortsname auf „Forellenbach“ oder „vorderer Bach“ als Murr-Zufluss zurückgeht. Am Anfang stehen frühgeschichtliche Fossilien aus dem Mettelberger Steinbruch. Die Ortsentwicklung in Mittelalter und Neuzeit illustrieren Zeichnungen im Forstlagerbuch von Andreas Kieser 1685, sozialhistorisch aufschlussreich ist die Auswertung der Urkarte von 1830. 1848 zerstörte ein Gemeindebrand die Ortsmitte und das Rathausarchiv, Auslöser war wohl ein Unfall in der Schmiede hinter der „Krone“.

Pfarrer Steffen Kaltenbach erzählt die Geschichte der evangelischen Kirchengemeinde. 1929 schuf eine Bürgergesellschaft den Waldsee und schüttete in Handarbeit den Damm auf. Ein Beitrag von Susan Schuchert informiert über die Zeit des Nationalsozialismus. Prägende Persönlichkeit des Wiederaufbaus nach der Zerstörung des Ortes am 18. April 1945 war der Heimatvertriebene Emil Kasper, ab 1948 Bürgermeister. Mößner schrieb selbst einige Kapitel, so zu Gemeindereform und Gemeindeeinrichtungen. Viele Fornsbacher unterstützten die Erstellung des Heimatbuchs mit historischen Schriftstücken, Fotografien und Zeitzeugenberichten. Mitautor Christian Schweizer regte eine archäologische Untersuchung in Fornsbach an, um das Alter des Ortes genauer zu ermitteln.

Das Werk Heimatbuch Fornsbach. Herausgegeben von der Stadt Murrhardt. 257 Seiten, 192 schwarz-weiße und farbige Abbildungen. Verlag Ph. C. W. Schmidt, Neustadt an der Aisch 2022, ISBN: 978-3-87707-247-9, 20 Euro. Es ist erhältlich im Naturparkzentrum, den Buchhandlungen Bücher ABC und Franke sowie im Online-Shop des Verlags unter: www.verlagsdruckerei-schmidt.de/shop

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Erstellt:
20. Mai 2022, 06:00 Uhr

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