Ein Feuerwerk an spielerischem Können
Auch beim dritten Teilnehmerkonzert der Internationalen Klavierakademie gibt es nur Hochkarätiges zu hören. Sechs junge Pianistinnen und Pianisten zeigen, dass ihr Spiel bereits auf einem sehr hohen Level ist und begeistern das Publikum mit ihren Darbietungen in der Festhalle.

© Jörg Fiedler
Haben das Publikum begeistert (von links): Ryunosuke Kishimoto, Eric (Zijie) Lu, Nadia Kisseleva, Yeram Park, Yinzi Cao und Michi Arai. Foto: Jörg Fiedler
Von Petra Neumann
Murrhardt. Gleich zu Anfang des Konzerts stimmte die mehrfache Preisträgerin Yinzi Cao aus China mit ihrer Interpretation des Allegros aus der Klaviersonate Hob. XVI:50 C-Dur von Joseph Haydn auf einen hörgenussvollen Abend ein. Die Melodie des Allegros oszilliert zwischen spaßig und heiter, spielt mit einem Hauch feinster Ironie, lässt aber auch eine eigentümliche Rastlosigkeit durchschimmern, die jeglichen Tiefgang verweigert. Mithilfe dieses klanglichen Gefühlscocktails perlt sie voller Ausgelassenheit auf der Klaviertastatur hin und her, nimmermehr ruhend. Die Künstlerin verstand es, alle Nuancierungen gekonnt zu Gehör zu bringen, seien sie fließend, akzentuiert, dynamisch oder kontrastierend, und überzeugte so das Publikum.
Ukrainerin kostet das ganze Spektrum musikalischer Erzählmittel aus
Die Klaviersonate Nr. 32 op. 111 c-moll, Maestoso – Allegro con brio ed appassionato von Ludwig van Beethoven war der vollendete Gegensatz zum Vorgängerstück. Nadia Kisseleva, die auf der Krim geboren wurde und in einem fulminant glanzvollen funkelnden Kleid auftrat, meisterte diese auch im Ausdruck anspruchsvolle Komposition, die in ihrer ganzen Bedeutung, Gravität und Größe interpretiert werden will, bravourös. Das Majestätische verlangt nach einer genauen Ponderation (Abwägung/Ausbalancierung) der Klangqualität, die von wuchtig bis filigran changiert. Die Ausdrucksstärke verlangte der Pianistin höchste Ansprüche ab, denn der Komponist kostete mit seinem eleganten und zugleich dynamischen Forte sowie dem Wechselspiel von zart besaitet bis zu ungestümen, wilden Läufen das ganze Spektrum musikalischer Erzählmittel aus. Eine sehr eindrucksvolle Darbietung.
Dass Fantasien nicht immer leichtfüßig und ätherisch sein müssen, beweist die Fantasie op. f-moll von Frédéric Chopin. Die junge Japanerin Michi Arai widmete sich dem Stück, das eine gewisse Schwere verheißt und sofort mit dunklen Klängen und großer Nachdenklichkeit beginnt. Dennoch enthält es auch etwas Tröstliches und Klares, was die Musikerin sehr schön in ihrer Interpretation durchscheinen ließ. Gerade an einer bedeutenden Stelle ließ sie eine Weichheit einfließen, die tiefster innerer Größe vorausgeht und Schwere zu überwinden vermag. Auch hier faszinierten das abwechslungsreiche Spiel, die Ausgewogenheit und Angemessenheit des Ausdrucks, vor allem deshalb, weil es der Klavierspielerin gelang, aus dem musikalischen Wolkenschloss eine nachvollziehbare Geschichte zu formulieren.
Der Komponist Robert Schumann war gleich mit zwei Stücken vertreten. Ryunosuke Kishimoto aus Japan hatte sich für den Faschingsschwank aus Wien op. 26 B-Dur mit den Sätzen Allegro, Romanze und Intermezzo entschieden. Dieser steckt voller übermütiger Dynamik, ist er doch in einer verkehrten Welt angesiedelt. In dieser herrschen andere Gesetze, die nicht immer harmlos sein müssen, denn, wenn man der Musik Glauben schenken darf, es steckt viel Planvolles dahinter. Die Komposition gewährt dem Interpreten viele gestalterische Ausdrucksmöglichkeiten, auch wenn sie nicht im eigentlichen Sinne überbordend sind, sondern sich immer im Rahmen der gesellschaftlichen Konvention der damaligen Zeit bewegen. Ryunosuke Kishimoto spielte den Schwank mit einer klugen Besonnenheit, die dieser Zeit in Wien durchaus angemessen war. In der Romanze dominiert das Träumerische, das sich die Erfüllung seiner Sehnsucht erhofft. Die sensible Spielweise, die den Überschwang der Zartheit und der Zärtlichkeit erfahrbar macht, dokumentierte das musikalische Können des Japaners. Das zweite Schumann’sche Werk Klaviersonate Nr. 1 op. fis-moll hatte Eric Lu aus der Schweiz einstudiert. Die Epoche der Romantik drückt sich deutlich in ihr aus – die Melodie überwältigt mit einer reinen undinenhaften Dynamik: Sie strudelt, quirlt und stößt sich an Widerständen, die sie grazil umfließt. Die stetige Unruhe der linken Hand findet ein jähes Ende, das gleichsam einen Wechsel der Elemente markiert; nunmehr schreitet das Stück rhythmisch akzentuiert und ganz irdisch weiter und schließlich von dannen – konträr zum Vorgängermodus. Das Drängende findet auch in der Wiederholung des Themas seinen Ausdruck. Eine äußerst gelungene Auslegung durch den jungen Schweizer.
Südkoreanerin geht an die Grenzen
des Instruments und sorgt für Jubel
Den Abschluss des Konzerts machte Yeram Park aus Südkorea, die schon manchen Preis eingeheimst hat. Ihr Favorit steht nicht so oft auf dem Spielplan: Le Festin D´Esope op. 39. Nr. 12 (Das Fest von Äsop) von Charles Valentin Alkan. Es ist ein ungemein faszinierendes Werk, das sehr feierlich, doch auch mit einer gewissen Unerbittlichkeit voranschreitet und sich auch nicht vor Disharmonien scheut. Es schildert gleichsam gesellschaftliche Konventionen, die sich über starre und wiederkehrende Abläufe mitteilen, so als wären die Klanggestalten kleine, von Rädern getriebene Figürchen, mal etwas auftürmend, dann wieder lieblich säuselnd. Das Thema erfährt vielfältige, mitunter aberwitzige Variationen, wobei die Musik ein köstliches Schauspiel beschreibt. Yeram Parks temperamentvolles Spiel reizte die musikalischen Möglichkeiten des Flügels bis zum Letzten aus, egal, ob es das Fortissimo war oder die Geschwindigkeit der Läufe anbelangte. Ein absoluter musikalischer Wow-Moment, der das Publikum zum Jubeln brachte. Das Konzert kam einem Feuerwerk an Können und musikalischer Intensität gleich.
Publikumspreis Mit einer Abschlussgala am heutigen Samstag, 10. September, um 19 Uhr in der Murrhardter Festhalle geht die Internationale Klavierakademie zu Ende. Im Rahmen des Konzertabends wird auch der Publikumspreis verliehen.