Neuer Wehrbeauftragter
Ein Reserveoffizier als neuer „Anwalt der Soldaten“
Nach der SPD-Frau Eva Högl soll das Amt des Wehrbeauftragten des Bundestags nun der langjährige CDU-Verteidigungsexperte Henning Otte übernehmen.

© IMAGO/Political-Moments
Am Mittwoch stellt sich Henning Otte (CDU) im Bundestag zur Wahl.
Von Tobias Heimbach
Rein formal scheint Henning Otte wie gemacht für den Posten des Wehrbeauftragten. Der CDU-Abgeordnete aus Niedersachsen ist nicht nur selbst Reserveoffizier, sondern auch Jurist. Und der Wehrbeauftragte des Bundestags wird oft als „Anwalt der Soldaten“ charakterisiert.
An diesem Mittwoch soll er mit Stimmen von Union und SPD für fünf Jahre in das Amt gewählt werden. Es ist ein durchaus bedeutender Posten. Der Wehrbeauftragte ist dafür da, die parlamentarische Kontrolle über die Bundeswehr zu gewährleisten. Gleichzeitig soll er darüber wachen, dass die Grundrechte der Soldaten geachtet werden und diese sich umgekehrt an das Leitbild des „Staatsbürgers in Uniform“ halten. Und: Wenn etwas schiefläuft in der Truppe, dann muss er die Stimme erheben.
Viel Erfahrung mit Verteidigungsfragen
Was für einen Mann können die Soldaten erwarten? Otte, 56 Jahre alt, sitzt seit 2005 im Bundestag, war lange Mitglied des Verteidigungsausschusses und zuletzt dessen stellvertretender Vorsitzender. Eine lange Einarbeitungszeit braucht er nicht. Klar ist auch, er vertritt künftig die Interessen einer Truppe, die vor großen Veränderungen steht: Die Bundeswehr soll massiv aufgerüstet werden, schon 2027 sollen 5 000 Männer und Frauen dauerhaft in Litauen stationiert werden. Auch eine Reaktivierung der Wehrpflicht wird weiter diskutiert.
Aus der Opposition hört man Gutes über Otte. „Er ist ein feiner Kerl“, sagte Sara Nanni, Verteidigungspolitikerin der Grünen. „Ich traue ihm zu, dass er mit der nötigen Demut an die Aufgabe geht. Er ist auf jeden Fall kein Zampano.“
Viele Truppenbesuche
Nanni mahnt: „Er muss sich schnell das Vertrauen der Truppe erarbeiten, damit er ein realistisches Bild der Zustände vermittelt bekommt.“ Traditionell absolviert der Wehrbeauftragte viele Truppenbesuche. Doch sobald so ein Besuch angekündigt ist, wird dort oftmals schnell noch der Rasen ordentlich gemäht und das Kasernengebäude neu gestrichen. „Nur weil einem beim Besuch keine Probleme gezeigt werden, heißt das nicht, das keine da sind“, weiß Nanni. Die Grünen-Politikerin hat eine weitere Forderung an Otte: „Ich erwarte auch, dass er sich mit Themen befasst, die ihm vielleicht nicht so naheliegen, etwa die Förderung von Frauen oder die Belange queerer Soldaten.“
Neben den Truppenbesuchen gehört es zu Ottes zentralen Aufgaben, dass er sich um die Eingaben der Soldaten kümmert. Denn jeder Soldat vom Wehrdienstleistenden bis zum General kann sich an den Wehrbeauftragten wenden. Im vergangenen Jahr haben Soldaten diese Möglichkeit 2 467 Mal genutzt. Dabei geht es um Dinge wie Beförderungen, Arbeitszeit und überbordende Bürokratie, verschimmelte Duschen in den Kasernen, Fälle von politischem Extremismus oder sexueller Belästigung. Hinzu kommen weitere Fälle, denen der Wehrbeauftragte selbst nachgeht, etwa als Folge eines Truppenbesuchs. Alle Sachverhalte werden im Jahresbericht gesammelt.
Högl hätte wohl gerne weitergemacht
Mit der Wahl Ottes endet die fünfjährige Amtszeit von Eva Högl (SPD). Sie war ursprünglich fachfremd, hatte sich aber emsig in das Thema eingearbeitet und den Respekt der Truppe erworben. Högl hätte wohl auch gern weitergemacht, doch das ging auch aus Gründen der Parteizugehörigkeit nicht.
Aufgrund der Kontrollfunktion des Wehrbeauftragten soll dieser in der Regel nicht der gleichen Partei angehören wie der Verteidigungsminister. Högl wurde 2020 zur Wehrbeauftragten gewählt, als Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) im Bendlerblock amtierte. Zwar wurde Högl gute Arbeit bescheinigt, auch nachdem das Haus von der SPD besetzt wurde – doch mit der Wahl Ottes würde die angestrebte Trennung wiederhergestellt.