Engagierte Betreuerin für die Murrhardter Stadthistorie

Seit Januar 2022 arbeitet die historisch interessierte Sylvia Bäßler im Murrhardter Stadtarchiv. Beim jüngsten Geschichtstreff informiert sie über die dort aufbewahrten Archivalien und neue Möglichkeiten für die Nutzung.

Sylvia Bäßler recherchiert gerne in alten Schriftstücken. Foto: Elisabeth Klaper

Sylvia Bäßler recherchiert gerne in alten Schriftstücken. Foto: Elisabeth Klaper

Von Elisabeth Klaper

Murrhardt. Seit Jahresbeginn weht frischer Wind durchs Stadtarchiv, als dessen Anwalt sich der Geschichtsverein versteht. Dessen Vorsitzender Andreas Kozlik ist froh, dass mit der Quereinsteigerin Sylvia Bäßler nun ein historisch interessiertes Mitglied das „Gedächtnis der Stadt“ betreut. „Da fühle ich mich am richtigen Platz“, erklärt sie, die gerne in alten Schriftstücken recherchiert. Beim jüngsten Geschichtstreff im Carl-Schweizer-Museum stellt sie das Stadtarchiv vor, das im Erdgeschoss des 1725 erbauten denkmalgeschützten Schafhauses untergebracht ist.

Links neben der Eingangstür, direkt über dem Schild „Stadtarchiv Murrhardt“, gibts nach Jahren endlich eine Klingel. In den Archivräumen werden verschiedene Bestände, Dokumente zu unterschiedlichen Themen und Sachgebieten aufbewahrt: das Personenstandsregister ab 1876, wofür strenge Datenschutzbestimmungen gelten, Akten der Stadtverwaltung des 19. und 20. Jahrhunderts und Gemeinderatsprotokolle von 1818 bis 1970. Wertvoll sind alte, teils ab dem 15. Jahrhundert vorhandene Archivalien wie Urkunden und Bände, Akten, Rechnungen oder Kaufbücher.

Sie „gehören zu den ältesten Unterlagen über Gebäude- und Grundstücksverkäufe und sind eine essenzielle Quelle zur Murrhardter Geschichte“, erläutert Andreas Kozlik. Kaufbucheinträge nennen Verkäufer und Käufer, die genaue Lage der Gebäude und Grundstücke mit Angabe der Flurnamen sowie den Kaufpreis.

Die Besitzhistorie von Häusern und Grundstücken lässt sich nachverfolgen

Im Lagerbuch von 1705 aktualisierte die Verwaltung die Grundsteuerpflicht auf Basis uralter Vorläufer. So lässt sich die Besitzhistorie von Häusern und Grundstücken nachverfolgen. Auch ist angegeben, ob die Grundsteuer in Geld oder Naturalien bezahlt wurde. Grundbücher ab 1900 wurden ans Grundbuch-Zentralarchiv in Kornwestheim abgegeben, Güterbücher vor 1900 blieben hingegen im Stadtarchiv.

Eine zentrale Quelle für Recherchen über Vorfahren sind die sogenannten Inventuren und Teilungen, also offizielle Vermögensverzeichnisse. Bei Hochzeiten und Todesfällen wurde das gesamte Hab und Gut in einem Haushalt komplett erfasst, von Möbeln über Geschirr, Kleidung und Werkzeug bis zu Geld und Wertsachen. Neben Dokumenten der Stadtverwaltung Murrhardt werden im Stadtarchiv auch die vorhandenen Akten der ehemals selbstständigen Gemeinden Fornsbach und Kirchenkirnberg aufbewahrt. Zeitgeschichtlich wertvoll sind das Foto- und Zeitungsarchiv: Der „Murrtal-Bote“, Vorläufer der Backnanger Kreiszeitung, ist unvollständig von 1838 bis 1929 vorhanden, die „Murrhardter Zeitung“ ab 1889, jedoch fehlen einige alte Bände.

Zwischen 1996 und 2007 hat der Archäologe Gotthard G.G. Reinhold die Bestände im Stadtarchiv erfasst und die für Recherchen erforderlichen Findbücher erarbeitet. Nun sollen diese und die Archivalien digitalisiert und öffentlich zugänglich gemacht werden, zudem sind die seither hinzugekommenen Dokumente zu erfassen. Als die Stadt im Sommer 2021 eine 40-Prozent-Stelle zur Stadtarchivbetreuung ausschrieb, wies der Geschichtsverein die Stadtverwaltung und die Gemeinderatsfraktionen per Brief auf „dringend notwendige Maßnahmen zur Aufrechterhaltung und Weiterentwicklung der städtischen Archivaufgaben“ hin. Dazu gehören: ausreichende Archivräume mit Erweiterungsmöglichkeiten, sichere Archivalienlagerung ohne Gefahr von Wasserschäden oder Schimmelbefall, geregelte Öffnungszeiten und ein Raum vor Ort für Benutzer, um Archivalien einsehen zu können. Mit Erfolg: Seit einer Besprechung im Februar 2022 „hat sich mehr getan als in den vergangenen 20 Jahren“, betont Kozlik.

Der neue Rechercheplatz ist mit allerhand Hilfsmitteln ausgestattet

Inzwischen gibt es einen Rechercheplatz in einem Archivraum, das Büro der Betreuerin ist mit der erforderlichen Technik und neuen Möbeln ausgestattet. Sylvia Bäßler arbeitet mit einem Laptop und hat Internetzugang, nutzt ein Multifunktionsgerät zum Kopieren und Drucken sowie einen digitalen Dokumentenscanner, um empfindliche alte Archivalien schonend zu scannen. Sie hat etliche Fortbildungskurse und Schulungen absolviert, steht im Kontakt mit Experten wie Professor Gerhard Fritz, Andreas Kozlik und Christian Schweizer, Kreisarchivarin Valeska Martin und mehreren Stadtarchivaren, hat Stadtarchive besichtigt und nimmt an Sitzungen der Arbeitsgemeinschaft Archive und Museen im Kreis (Agamus) teil.

„Mittelfristig sollte alles an einem Ort sein“, betont der Geschichtsvereinsvorsitzende, deshalb hält er das Klärwärterwohnhaus nur als „Übergangslösung“ geeignet. Derzeit wird es renoviert, um darin laut Bürgermeister Armin Mößner nur selten benötigte Archivalien und alte Akten vom Rathausdachboden aufzubewahren.

Kontakt Wer im Murrhardter Stadtarchiv recherchieren möchte oder eine Auskunft benötigt, kann Sylvia Bäßler kontaktieren und bei Bedarf einen Termin vereinbaren. Sie ist im Stadtarchiv erreichbar unter Telefon 0160/95562440 sowie per E-Mail unter archiv@murrhardt.de.

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Erstellt:
4. November 2022, 06:00 Uhr

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