Neue Optionen in der Offensive

Es läuft bei Stuttgart Surge

Quarterback Reilly Hennessey ist zurück bei Stuttgart Surge – und weiterhin die Führungskraft Nummer eins. Neue Mitarbeiter machen die Offensive des Teams nun noch stärker.

Hatte beim Saisonstart von Stuttgart Surge gegen Frankfurt Galaxy alles im Griff: Quarterback Reilly Hennessey.

© Baumann

Hatte beim Saisonstart von Stuttgart Surge gegen Frankfurt Galaxy alles im Griff: Quarterback Reilly Hennessey.

Von Jochen Klingovsky

Fünf Minuten vor dem Ende des Spiels war der Arbeitstag für Reilly Hennessey vorbei. Der Quarterback von Stuttgart Surge durfte sich die letzten beiden Angriffe seines Teams von draußen anschauen. 30:6 führte der Gastgeber zu diesem Zeitpunkt im ersten Duell der neuen Saison in der European League of Football (ELF) gegen Frankfurt Galaxy – und Hennessey hatte seinen Job zur Zufriedenheit aller erledigt. „Wenn er stark spielt, haben wir eine gute Chance auf den Sieg“, sagte Coach Jordan Neuman, „genau das hat er getan.“

Eine Überraschung war das nicht. Reilly Hennessey (29) ist seit Jahren eine formidable Führungskraft im europäischen Football. Als er 2023 gemeinsam mit Jordan Neuman (41) aus Schwäbisch Hall nach Stuttgart kam, begann der Aufschwung des Surge-Projektes. Im vergangenen September, beim in der Verlängerung verlorenen Halbfinale gegen Rhein Fire, machte auch der US-Amerikaner in der Schlussphase eine unglückliche Figur – seine zwei Fehlpässe, die zur Niederlage führten, wurmten ihn derart, dass er das Ende seiner Karriere verschoben hat und aus den USA zurückkehrte. „Die Leistung damals war nicht der Anspruch, den ich an mich selbst habe“, sagte Reilly Hennessey, der sein Comeback im Gazi-Stadion sichtlich genoss: „Ich liebe diese Stadt und diese Fans. Sie waren unglaublich laut, haben die Arena gerockt. Ich habe mich richtig gut gefühlt.“ Wozu natürlich auch der Start nach Maß beitrug.

Reilly Hennessey lobt die Vorarbeit seiner Jungs

Die beiden ersten Angriffszüge waren ziemlich ähnlich abgelaufen. Dank des enorm starken Laufspiels und einiger gelungener Pässe stand das Surge-Team jeweils kurz vor der Endzone, den Rest erledigte der Chef selbst – er brachte den Ball, angeschoben von den Kollegen, bei zwei Quarterback-Sneaks über die Linie. „Ich musste nur vollenden“, sagte Reilly Hennessey, „diese zwei Touchdowns waren das Verdienst meiner Jungs. Sie haben die ganze Arbeit gemacht.“

Was folgte, war ein souveräner Auftritt des Favoriten, dessen Vorstellung auch dem Trainer des hoch gehandelten Kontrahenten Respekt abnötigte. „Stuttgart Surge hat eine großartige Leistung gezeigt“, sagte Bart Andrus, der Chefcoach von Frankfurt Galaxy, „das Laufspiel des Gegners nicht stoppen zu können ist enorm frustrierend. Wir sind beschämt.“ Auch von den Zahlen.

Fast doppelt so viele Yards erkämpft

Am Ende hatten die Stuttgarter starke 235 Yards Raumgewinn erlaufen, dazu kamen 197 Yards durch Pässe von Reilly Hennessey. In der Summe machte dies 432 Yards, Frankfurt Galaxy kam nur auf 248 Yards. „Mein Team“, sagte Surge-Coach Neuman, „hat es richtig gut gemacht.“

Auffallend in der Offensive war die Unberechenbarkeit. Dass Reilly Hennessey über einen starken Arm und große Übersicht verfügt, war bekannt. Doch das Laufspiel könnte dank der neuen Runningbacks Tomiwa Oyewo (122 Yards) und Albert Wiesigstrauch (48 Yards) sowie des bestens bekannten Kai Hunter (56 Yards, ein Touchdown) ein noch größeres Plus werden als in der vergangenen Saison. „Ich bin sehr glücklich über die Qualität der Leute, die wir auf dieser Position haben“, sagte Jordan Neuman, „sie geben unserer Offensive eine neue Identität.“

Das liegt vor allem an Tomiwa Oyewo. Der 25-jährige Ire, der von den Munich Ravens, wo er in zwei Jahren auf insgesamt 2510 Yards und 33 Touchdowns kam, nach Stuttgart wechselte, schlug bei seiner Premiere voll ein. Auch er durfte sich bereits ausruhen, während seine Surge-Kollegen den Sieg gegen Frankfurt Galaxy in den letzten Minuten nach Hause brachten. „Meine Leistung war okay“, sagte Tomiwa Oyewo mit einem Lächeln, „aber es geht noch besser.“ Ähnlich dachte auch Reilly Hennessey.

Patrick Esume würde auf Stuttgart Surge wetten

Während Jordan Neuman darüber sinnierte, wie in den nächsten Spielen die Wurfkraft seines Quarterbacks besser zur Geltung gebracht werden kann („Er wird mehr Chancen bekommen, Pässe anzubringen“), schaute auch Reilly Hennessey schon nach vorne. „Es war ein gutes Spiel, in dem wir wenig Fehler gemacht haben“, sagte er, „trotzdem werden wir unsere Lehren ziehen. Es ist schön, durch Siege lernen zu können – wir sind ganz sicher noch nicht am Ende unserer Entwicklung.“ Für die Konkurrenz? Muss sich das anhören wie eine Drohung.

Patrick Esume, der Chef der ELF, schaute sich das erste Spiel des Stuttgarter Teams, das unbedingt das Finale am 7. September in der MHP-Arena im Neckarpark erreichen will, vor Ort an – und war beeindruckt: „Es ist ein starker Auftritt gewesen.“ Drei Tage zuvor war Patrick Esume schon einmal gefragt worden, was er von den Stuttgartern erwarte und wie er deren Potenzial einschätze. „Die Liga wird enger sein als jemals zuvor“, sagte der ELF-Commissioner, „aber wenn ich wetten müsste, dann würde ich mein Geld auf Surge setzen.“

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Erstellt:
19. Mai 2025, 16:26 Uhr

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