Bedrohung aus Russland

Europa rüstet massiv auf

Die EU-Kommission hat ihren Fahrplan für eine verteidigungsfähige Union vorgestellt und reagiert damit auf die zunehmende Bedrohung aus Russland.

EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen sieht Europa in Gefahr.

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EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen sieht Europa in Gefahr.

Von Knut Krohn

Der Aggressor heißt Russland. Europa lässt keine Zweifel aufkommen, dass die am Donnerstag in Brüssel präsentierten Aufrüstungspläne vor allem einen Zweck haben: Moskau vor einem möglichen Angriff auf die EU-Staaten abzuschrecken. Die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, erklärte: „Die jüngsten Bedrohungen haben gezeigt, dass Europa in Gefahr ist. Wir müssen jeden Bürger und jeden Quadratzentimeter unseres Territoriums schützen.“ Damit bezog sie sich nicht nur auf den Krieg in der Ukraine, sondern auch auf die ständigen hybriden Angriffe Russlands innerhalb der EU und die Provokationen im europäischen Luftraum mit Kampfjets und Drohnen. In dem Fahrplan zum Aufbau der europäischen Verteidigungsbereitschaft heißt es, dass keine Zeit verloren werden dürfe: „Was Europa und seine Mitgliedstaaten in diesem Jahrzehnt aufbauen, wird die Sicherheit des Kontinentes für das ganze Jahrhundert beeinflussen.“

Eine deutliche Warnung an den Kreml

Das 15 Seiten lange Papier liest sich wie eine Warnung an den Kreml, die Verteidigungsbereitschaft der Union nicht zu unterschätzen. „Die Mitgliedstaaten haben die Gangart gewechselt“, heißt es in dem Fahrplan, der von der EU-Außenbeauftragten Kaja Kallas und EU-Verteidigungskommissar Andrius Kubilius vorgestellt wurde. Die Investitionen in die Verteidigung seien in allen Staaten zuletzt stark gestiegen, und auch die von Brüssel im Safe-Programm zur Verfügung gestellten 150 Milliarden Euro würden von den EU-Ländern vollständig abgerufen.

Vor allem im Bereich Drohnenabwehr will Brüssel schnelle Fortschritte erzielen. Bereits in den kommenden Tagen sollen die Staats- und Regierungschefs entsprechende Beschlüsse verabschieden. Danach könnte die gemeinsame Beschaffung von Überwachungssystemen und Abwehrtechnik beginnen. Erste Teile des Systems sollen dann bereits bis Ende 2026 einsatzfähig sein, das gesamte bis Ende 2027. Mittelfristiges Ziel ist es, ein mehrschichtiges, hochmodernes System mit Fähigkeiten zur Erkennung, Verfolgung und Neutralisierung feindlicher Drohnen aufzubauen, das auch in der Lage ist, mittels eigener Drohnentechnik präzise Schläge gegen Bodenziele auszuführen.

Enge Zusammenarbeit mit der Nato

Betont wird, dass nicht jedes EU-Land seine eigene Abwehrtechnik entwickelt, sondern die Kapazitäten zur Sicherung kritischer Infrastrukturen vernetzt werden. Hervorgehoben wird auch die geplante enge Zusammenarbeit mit der Nato. Bei allen Schritten will die EU zudem auf die Erfahrungen aus der Ukraine zurückgreifen.

Europa setzt bei der Aufrüstung aber nicht nur auf Drohnen, sondern wird parallel dazu an anderen Projekten zur Verteidigung arbeiten. „Der Fahrplan sieht vier europäische Leitinitiativen vor: die Europäische Drohnenabwehrinitiative, die Überwachung der Ostflanke, den Europäischen Luftschutzschild und den Europäischen Weltraumschild“, beschrieb Ursula von der Leyen das gesamte Projekt.

Berlin übernimmt Führung bei der Flugabwehr

Im Rahmen der „Eastern Flank Watch“ sollen vor allem die Staaten in Osteuropa vor einem militärischen Überfall Russlands geschützt werden. Begegnet werden soll aber auch hybriden Operationen wie dem Stören von Funksignalen oder das konsequentere Vorgehen gegen die russische Schattenflotte. Beim „European Defence Space Shield“ geht es darum, den Schutz europäischer Satelliten sicherzustellen.

Wie Verteidigungsminister Boris Pistorius am Mittwoch bei einem Nato-Treffen mit seinen Kollegen erklärte, plane Deutschland, die Führung beim geplanten „European Air Shield“ zu übernehmen. Ziel ist es, verschiedene EU-Programme zu nutzen, um ein über Ländergrenzen hinweg vernetztes, mehrstufiges Flugabwehrsystem einschließlich der erforderlichen Sensorik aufzubauen. Es soll gegen das gesamte Spektrum von Bedrohungen aus der Luft schützen und nahtlos mit dem Führungs- und Kontrollsystem der Nato zusammenarbeiten können.

Die EU-Kommission will auch der Gefahr vorbeugen, dass den großen Worten in den nächsten Jahren keine Taten folgen. Geplant ist ein jährlicher Bericht zur Verteidigungsbereitschaft, in dem die Fortschritte in den einzelnen Mitgliedstaaten verfolgt werden. Im Zweifel könne der Europäische Rat dann „politische Impulse“ setzen und „vorrangige Maßnahmen empfehlen“.

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Erstellt:
16. Oktober 2025, 15:08 Uhr

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