Fabrikstandort soll Wohnquartier werden

Das Areal der insolventen Schweizer Group hat einen möglichen Käufer. Die Unternehmensgruppe Schlegel concepts aus Bietigheim-Bissingen will dort sieben Mehrgeschosswohngebäude mit einer zentralen Tiefgarage bauen. Der Gemeinderat kann sich das grundsätzlich vorstellen.

Der ehemalige Standort der Schweizer Group in Murrhardt (Mitte) könnte in absehbarer Zeit mehrgeschossigen Wohngebäuden weichen. An der Theodor-Heuss-Straße, die unten horizontal verläuft, sollen die Häuser mit den meisten Stockwerken entstehen, weitere am Obermühlenweg, der nach oben abzweigt, sowie zwei niedrigere Bauten im Inneren. Foto: Florian Muhl

© Florian Muhl

Der ehemalige Standort der Schweizer Group in Murrhardt (Mitte) könnte in absehbarer Zeit mehrgeschossigen Wohngebäuden weichen. An der Theodor-Heuss-Straße, die unten horizontal verläuft, sollen die Häuser mit den meisten Stockwerken entstehen, weitere am Obermühlenweg, der nach oben abzweigt, sowie zwei niedrigere Bauten im Inneren. Foto: Florian Muhl

Von Christine Schick

Murrhardt. Nachdem die Schweizer Group das zweite Mal in die Insolvenz gegangen war und sich für den Murrhardter Standort kein Investor gefunden hatte, war das Ende des Werks vor rund zwei Jahren besiegelt (wir berichteten). Mittlerweile ist das Areal des ehemaligen Produktionsstandorts zum Verkauf angeboten worden, wie Bürgermeister Armin Mößner in der jüngsten Gemeinderatssitzung in Erinnerung rief, für rund 2,1 Millionen Euro beispielsweise auf der Plattform Immoscout24.

Schon länger ist klar, dass das nördliche Schweizer-Areal städtebaulich neu entwickelt werden soll. Vor dem konzeptionellen Hintergrund einer gemischten Wohn- und Gewerbenutzung hat der Gemeinderat bereits ein Bebauungsplanverfahren in die Wege geleitet (wir berichteten). Nun gibt es für das südliche Gebiet und den ehemaligen Fabrikstandort einen potenziellen Käufer, die Unternehmensgruppe Schlegel concepts aus Bietigheim-Bissingen. Diese möchte auf der Fläche ein Wohnbauprojekt angehen, das Mößner skizzierte. Er beschrieb Schlegel concepts als ein Unternehmen, das auf dem Baumarkt breit aufgestellt ist. Zu umgesetzten Projekten gehörten Schulen genauso wie Hotels oder Fachmärkte.

Das Konzept sieht ein Ensemble

von Mehrgeschosswohngebäuden vor

Für das Areal sähen die Pläne den Abriss der bestehenden Gebäude und den Neubau von sieben Mehrgeschosswohngebäuden vor. So könnten je nach Schnitt beziehungsweise Größe der Einheiten zwischen 60 und 70 Wohnungen entstehen. Zwar sollen die Details erst später eine Rolle spielen, aber die grobe Marschrichtung ist im Vorschlag vorgegeben. Er sieht zwei höhere, größere Mehrgeschossbauten an der Theodor-Heuss-Straße vor. Auch die Gebäude am Obermühlenweg sind mit mehreren Stockwerken geplant. Zur Murr hin will man von der Höhe her etwas niedriger bauen. Darüber hinaus sind eine zentrale Tiefgarage und eine Durchgrünung des Grundstücks mit Bäumen, Aufenthalts- und Ruhebereichen sowie Spielplätzen vorgesehen. Wünschenswert sei auch eine Planung, die entsprechende Fußwege miteinbezieht, sodass das Areal gut in die Umgebung eingebettet ist, so Mößner. Grundsätzlich könne man sich einen Mehrgeschosswohnungsbau dort vorstellen, mit Blick auf das Ärztehaus, die ehemalige Lederfabrik Schweizer und die Erich-Schumm-Stiftung seien die Höhen vergleichbar. In puncto Stellplätze müsse konkret nachgewiesen werden, dass der Bedarf gedeckt ist.

Mit hohen Bauten und Schallschutzfenstern gegen den Lärm

Die Stadtverwaltung hat sich im Vorfeld eine generelle Einschätzung des Stuttgarter Fachbüros ARP zum Vorhaben geholt. Die Experten halten die Idee, an der Theodor-Heuss-Straße, also der Landesstraße1066, und am westlichen Obermühlenweg Mehrgeschossgebäude zu planen, für sinnvoll, um auf die Lärmbelastung zu reagieren. Bei den Fenstern müsse ähnlich wie bei der Erich-Schumm-Stiftung mit Schallschutzfenster gearbeitet werden, ergänzte Mößner. Was die in zweiter Reihe in der Nähe zur Murr vorgesehenen Häuser anbelangt, so schlägt ARP wie der Investor zwei Vollgeschosse plus Dachgeschoss vor. Bei den Gebäuden am Obermühlenweg sei zu überlegen, ob man von vier auf drei Vollgeschosse plus Dach heruntergeht, damit mehr Sonne in den Innenhof gelangen kann. Um den Lärmschutz noch zu verbessern, bringen die Fachleute für die Gebäude an der Theodor-Heuss-Straße zudem einen dreigeschossigen Zwischenbau als Vorschlag ein. Weiterer Punkt ist, die Parkplätze als solche für Besucher auszuweisen. „Wir müssen grundsätzlich entscheiden, ob wir uns das mit diesem Partner vorstellen können“, sagte Mößner. Abzustimmen sei dies auch mit der städtebaulichen Entwicklung des nördlichen Areals. Ausgehend von dieser Grundsatzentscheidung wäre der nächste Schritt, mit Schlegel conceptions in eine Bauleitplanung einzusteigen.

Mario Brenner (CDU/FWV) stellte heraus, dass mit dem Projekt weitere innenstadtnahe Wohnungen geschaffen werden könnten. Der zentrale Knackpunkt sei für ihn die Geschosshöhe, was die Verwaltung beziehungsweise das Fachbüro auch schon thematisiert habe. Grundsätzlich könne man beim Projekt aber mitgehen. Das signalisierte auch Klaus-Peter Dörrscheidt (UL). Die Planung habe ihm gut gefallen, sie ermögliche neue Wohnungen und berücksichtige auch relativ viel Grün im Areal.

Martin Stierand (MDAL/Die Grünen) sprach von einer vielversprechenden Planung und einem potenten Partner. Unter dem Gesichtspunkt des Sonneneinfalls im Inneren frage er sich, ob es nicht besser sei, an beschriebener Stelle ein Geschoss weniger vorzusehen. Dies sei aber ein Ausschussthema. Die Dachgeschosse seien in den Entwurfsskizzen als grüne Flächen dargestellt, insofern vermisse er Fotovoltaikanlagen – mittlerweile vorgeschrieben. Für Mößner ist dies schon Teil der Detailplanung, nach seinen Informationen seien PV-Anlagen aber in aufgeständerter Form geplant.

Vom Fachbüro vorgeschlagener Zwischenbau funktionell nicht ganz klar

Elisabeth Zenker (SPD) unterstrich, dass es ihr bei einer künftigen Zusammenarbeit mit der Unternehmensgruppe wichtig sei, auch zu thematisieren, wenn etwas nicht passe. Wie genau die Konzeption eines Zwischenbaus, den das beratende Büro ARP vorgeschlagen hat, funktionieren könne, sei ihr noch nicht ganz klar, dass Lärmschutz ein wichtiges Thema sei, aber einleuchtend. Ralf Nentwich (MDAL/Die Grünen) merkte an, dass weder besagte PV-Anlagen noch ein einziger Baum auf den Planentwürfen eingezeichnet seien. In Bezug auf Nachhaltigkeitsstandards beim Bauen mache ihm das Konzept nicht den Eindruck, unter den innovativsten zu sein.

Für Bürgermeister Mößner sind dies inhaltliche Kriterien, die aktuell noch nicht ausdefiniert, aber in einem späteren Planungsschritt vom Gemeinderat oder Ausschussmitgliedern eingebracht werden können. Auch war er anderer Ansicht als Nentwich, der vorschlug, zuerst eine Bauleitplanung zu definieren, um über das Gesamtprojekt zu entscheiden. Beides sollte Hand in Hand gehen, man müsse jeweils überprüfen, was wie umsetzbar sei, so Mößner. Abzuklären ist für ihn der Punkt Gebäudehöhe. Zu Letzterer merkte Gerd Linke (MDAL/Die Grünen) noch an, dass diese allerdings wieder in Relation zum geschaffenen Wohnraum zu sehen sei.

Zum Schluss gab der Gemeinderat mit einer Enthaltung grünes Licht für die generelle Zielrichtung einer Wohnbebauung.

Büro ARP soll weiter unterstützen

Abstimmung Es ist vorgesehen, dass die Verwaltung und der städtebauliche Ausschuss die Planung des voraussichtlichen Käufers – Schlegel concepts – und die Entwicklung des gesamten Schweizer-Areals eng und im Sinne der formulierten städtebaulichen Zielsetzung verfolgen und das beauftragte Büro ARP dabei einbinden, wie in den Unterlagen zum Thema ausgeführt wird. Ebenfalls hält die Verwaltung dort fest: „Der Erwerber wäre gut beraten, eine Rücktrittsklausel im Kaufvertrag vorzusehen, falls sich die Planung so städtebaulich über die Bauleitplanung der Stadt nicht realisieren lässt.“ Kosten für die Planung entstehen keine, sie soll – geregelt über einen städtebaulichen Vertrag – vom Käufer des Grundstücks getragen werden.

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Erstellt:
8. Juni 2022, 06:00 Uhr

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