Aus den Kindertagen des Universums
Forscher entdecken früheste bekannte Supernova
Unvorstellbare Dimensionen: Astronomen erspähen eine Supernova, deren Licht mehr als 13 Milliarden Jahre bis zur Erde braucht. Diese Sternexplosion ist damit die bei Weitem früheste, die jemals entdeckt wurde. Ein bestimmtes Phänomen gibt den entscheidenden Hinweis.
© Nasa/Esa CSA/STScI/L. Hustak (STScI)/dpa
Illustration der Supernova GRB 250314A während ihrer Explosion und drei Monate später, als „James Webb“ sie beobachtete.
Von Rainer Kayser (dpa)/Markus Brauer
Bereits 730 Millionen Jahre nach dem Urknall ist in einer fernen Galaxie ein Stern explodiert. Einem internationalen Forschersteam ist es gelungen, die mit Abstand früheste bekannte Supernova mithilfe des Weltraumteleskops „James Webb“ aufzuspüren, nachdem es durch einen Ausbruch von Gammastrahlung vorgewarnt war.
Supernova-Altersrekord
Die Sternexplosion, bezeichnet mit GRB 250314A, übertrifft den bisherigen Altersrekord deutlich: Die früheste zuvor beobachtete Supernova fand erst 1,6 Milliarden Jahre nach dem Urknall statt.
Die jetzt beobachtete Sternexplosion im jungen Kosmos ähnelt erstaunlich Supernova-Ausbrüchen im heutigen Kosmos, wie die Wissenschaftler im Fachblatt „Astronomy & Astrophysics“ berichten.
Another #NASAWebb record breaker: a supernova that existed only 730 million years after the big bang! Learn how Webb delivered the conclusive evidence when it followed up on a fleeting event known as a gamma-ray burst: https://t.co/yLuXAsWpzWpic.twitter.com/8coEBXhk0O — Space Telescope Science Institute (@SpaceTelescope) December 9, 2025
Am 14. März dieses Jahres registrierten die Detektoren des französisch-chinesischen Forschungssatelliten SVOM einen Schauer hochenergetischer Gammastrahlung aus dem Weltall. Der Schauer dauerte mehrere Minuten - und solche langen Gamma-Ausbrüche gelten unter Sterneforschern als Vorankündigung der Explosion eines massereichen, schnell rotierenden Sterns. Sofort wurden Astronomen in aller Welt in Alarm versetzt.
Nachleuchten des Gamma-Ausbruchs
Wenn Sterne mit großer Masse – mehr als das Achtfache der Sonnenmasse – ihren nuklearen Brennstoff-Vorrat verbraucht haben, stürzen sie unaufhaltsam zu einem Neutronenstern oder zu einem Schwarzen Loch zusammen.
Dreht sich der kollabierende Stern sehr schnell, so bilden sich an seinen Polen stark gebündelte Materiestrahlen, die mit hoher Geschwindigkeit ins Weltall hinausschießen. Dabei entstehen für kurze Zeit auch hochenergetische Gammastrahlen. Und wenn diese Strahlen zufällig Richtung Erde zeigen, wird dort ein Gamma-Ausbruch registriert.
Unterdessen stürzt der sterbende Stern weiter zusammen und stößt schließlich explosionsartig seine äußere Hülle ins Weltall ab. Dieser Auswurf führt durch radioaktive Prozesse Wochen nach dem Gamma-Ausbruch zum Aufleuchten des Sterns als Supernova - die Astronomen haben damit eine lange Vorwarnzeit, um nach der Sternexplosion Ausschau zu halten.
Woher kommen die Gammastrahlen?
Zunächst galt es für die Himmelsforscher jedoch, herauszufinden, wo die Gammastrahlen ihren Ursprung hatten. Mithilfe von Swift, einem weiteren Satelliten-Observatorium, sowie dem Nordic Optical Telescope auf La Palma und dem Very Large Telescope der Europäischen Südsternwarte gelang es, ein Nachleuchten des Gamma-Ausbruchs im sichtbaren und infraroten Licht nachzuweisen.
Anhand der Wellenlängen dieser Strahlung ermittelten die Astronomen dann deren Herkunft: Es handelt sich um die Explosion eines Sterns in einer fernen Galaxie im jungen Kosmos.
Winziger Lichtpunkt in junger Galaxie
Die Strahlung hatte, so zeigten die Daten, über 13 Milliarden Jahre bis zur Erde benötigt. Vor entsprechend langer Zeit hatte der Ausbruch also tatsächlich stattgefunden, etwa 730 Millionen Jahre nach der Entstehung des Kosmos im Urknall.
Mit diesem Wissen konnten die Forscher ausrechnen, wann die Sternexplosion als Supernova am Himmel erscheinen sollte: etwa dreieinhalb Monate nach dem Gamma-Ausbruch.
Zu dieser Zeit richtete also das Team um Andrew Levan von der Radboud-Universität Nijmegen in den Niederlanden das Webb-Teleskop auf die Region am Himmel, aus der die Gammastrahlung gekommen war. Und die Astronomen hatten Erfolg: In einer kaum sichtbaren jungen Galaxie leuchtete wie erwartet ein winziger Lichtpunkt auf.
Damit handelt es sich um die am weitesten entfernte Supernova, die bislang beobachtet werden konnte. Und zugleich um die früheste bekannte Sternexplosion im Kosmos.
Informationen über Entstehung der ersten Sterne
Für die Astronomen ist das eine einmalige Gelegenheit, um Informationen über die Entstehung der ersten Sterne im Kosmos zu erhalten. Damals gab es viel weniger schwere Elemente wie Sauerstoff und Eisen im Kosmos, da diese Stoffe nicht beim Urknall, sondern erst in Sternen entstanden sind. Deshalb sollten sich auch die ersten Sterne von heutigen Sternen unterscheiden . Auch die Explosionen sollten anders verlaufen, so die Vermutung.
Doch die Beobachtung der Supernova mit dem Weltraumteleskop lieferten eine weitere Überraschung: Die Explosion verlief keineswegs anders als eine Supernova im heutigen Kosmos. Die Beobachtungen deuteten also darauf hin, schreiben Levan und seine Kollegen, „dass der Vorgängerstern dieses Gamma-Ausbruchs trotz unterschiedlicher physikalischer Bedingungen den Vorgängersternen“ im heutigen Universum erstaunlich ähnlich gewesen sei.
Nova und Supernova
NovaNova (Plural: Novae) nennt man Helligkeitsausbrüche in engen Doppelsternsystemen – bestehend aus einem Weißen Zwerg und einem Roten Riesen –, bei denen Wasserstoff auf der Oberfläche eines Weißen Zwerges explosionsartig zündet.
Supernova Eine Supernova (Plural: Supernovae) wiederum ist das kurzzeitige, helle Aufleuchten eines massereichen Sterns am Ende seiner Lebenszeit durch eine Explosion, bei welcher der ursprüngliche Stern selbst vernichtet wird. Seine Leuchtkraft nimmt dabei millionen- bis milliardenfach zu, so dass er für kurze Zeit so hell strahlt wie eine ganze Galaxie.
Sternenexplosion Die Überreste der Supernova bilden mitsamt Sternenhülle und erbrüteten Elementen einen planetarischen Nebel aus größeren und kleineren Objekten bis hin zu Staubpartikeln von Atomgröße, die durch das Weltall wabern. Auf ihrer Reise durch das Universum treffen die stellaren Relikte auf die Reste anderer Sternenexplosionen. All dieses Material bildet eine kosmische Fabrik, die neue Himmelskörper produziert.
