Im EU-Vergleich

Geringe durchschnittliche Arbeitszeit durch hohe Teilzeitquote

Die Deutschen arbeiten in der Woche weniger als der EU-Durchschnitt. Das liegt vor allem an der hohen Teilzeitquote.

34,8 Stunden in der Woche arbeiten die Deutschen im Schnitt.

© Klaus-Dietmar Gabbert/dpa/Klaus-Dietmar Gabbert

34,8 Stunden in der Woche arbeiten die Deutschen im Schnitt.

Von epd

. Angesichts einer niedrigen durchschnittlichen Arbeitszeit in Deutschland kritisiert das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung Pläne der Bundesregierung zur Aufweichung des Arbeitszeitgesetzes. WSI-Arbeitszeitexpertin Yvonne Lott erklärte, die Pläne gingen in die falsche Richtung. Laut einer Untersuchung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hängt die Bereitschaft für längere Tagesarbeitszeiten vom Alter der Beschäftigten ab.

Am Dienstag hatte das Statistische Bundesamt in Wiesbaden auf Basis von Daten der europäischen Statistikbehörde Eurostat mitgeteilt, dass die durchschnittliche Wochenarbeitszeit in Deutschland im vergangenen Jahr bei 34,8 Stunden gelegen habe und damit deutlich unter dem EU-Durchschnitt von 37,1 Stunden. Dies sei vor allem auf die hohe Teilzeitquote hierzulande zurückzuführen.

Deutschland habe eine der höchsten Teilzeitquoten in der EU, hoben die Statistiker hervor: Im vergangenen Jahr arbeiteten in Deutschland nach Daten der Europäischen Arbeitskräfteerhebung 29 Prozent der Erwerbstätigen zwischen 15 und 64 Jahren in Teilzeit. Höher war die Teilzeitquote lediglich in den Niederlanden (43 Prozent) und in Österreich (31 Prozent). EU-weit arbeiteten nicht einmal ein Fünftel (18 Prozent) aller Erwerbstätigen in Teilzeit.

Frauen waren dabei hierzulande mehr als viermal so häufig in Teilzeit tätig wie Männer: Bei den Frauen war es 2024 fast jede zweite (48 Prozent), bei den männlichen Beschäftigten lag die Quote bei nur 12 Prozent.

Längere Arbeitszeiten verschlechtern Bedingungen für Eltern

Laut einer WSI-Untersuchung schränken unbezahlte Sorgearbeit und unzureichende Betreuungsmöglichkeiten vor allem bei Müttern die Kapazitäten für den Erwerbsjob ein. An diesem Zusammenhang könne eine Aufweichung des Arbeitszeitgesetzes nichts ändern. Längere Arbeitstage und unplanbarere Arbeitszeiten könnten die Rahmenbedingungen für Eltern sogar verschlechtern. Ähnlich kontraproduktiv sind demnach Pläne, Überstunden steuerlich zu begünstigen.

„Aus der Forschung wissen wir: Sehr lange Tagesarbeitszeiten, die damit noch einfacher möglich würden, gehen einher mit schwer planbaren Arbeitszeiten“, sagte WSI-Expertin Lott. „Die machen es Menschen mit Sorgeverpflichtung schwerer, erwerbstätig zu sein.“ Das gelte erst recht, wenn der Partner regelmäßig deutlich länger als acht Stunden arbeite und noch weniger Zeit für Arbeit in Familie oder Haushalt habe.

Laut einer am Dienstag veröffentlichten Umfrage des IAB wären vor allem jüngere Vollzeitbeschäftigte bereit, mehr Überstunden zu leisten, wenn ein steuerfreier Zuschlag gezahlt würde. 60 Prozent der Angestellten bis 30 Jahre zeigten sich dafür offen, im Vergleich zu 37 Prozent bei jenen über 61 Jahren. Zwei Drittel (67 Prozent) aller Befragten lehnte es allerdings ab, künftig mehr als zehn Stunden an einzelnen Tagen zu arbeiten. Gleichzeitig betrachteten 59 Prozent feste Regelungen zur täglichen Arbeitszeit als zu starr und nicht mehr zeitgemäß.

IAB-Forscher Jens Stegmaier erklärte, die Wirkung von Anreizen zur Ausweitung von Teilzeit hingen von der Zielgruppe ab. Außerdem seien strukturelle Hürden zu beachten, etwa im Bereich der Kinderbetreuung.

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Erstellt:
17. Juni 2025, 13:48 Uhr

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