Geschichte einer ungewöhnlichen Rettung

Verein Wasserfreunde Hinterwestermurr betreibt seit 25 Jahren sein Bädle – Familien schätzen Gelände, Kinder lernen schwimmen

Im Grunde genommen sind die Wasserfreunde Hinterwestermurr aus der Not heraus entstanden. Als die Stadt Murrhardt das kleine Teilortbad aus wirtschaftlichen Erwägungen aufgeben wollte, aber nicht privat verpachten konnte und es vor dem Aus stand, haben sich Bewohner von Hinterwestermurr, Schlosshof und Umgebung zusammengetan. Seither betreibt der Verein sein Bad nun in Eigenregie.

Für Kinder und Jugendliche ist das Bädle in Hinterwestermurr eine wichtige Einrichtung. Dort verbringen sie ihre Freizeit und können schwimmen lernen. Fotos: J. Fiedler (1)/privat (2)

© Jörg Fiedler

Für Kinder und Jugendliche ist das Bädle in Hinterwestermurr eine wichtige Einrichtung. Dort verbringen sie ihre Freizeit und können schwimmen lernen. Fotos: J. Fiedler (1)/privat (2)

Von Christine Schick

MURRHARDT. Das Bädle in Hinterwestermurr, wie es liebevoll genannt wird, ist Geheimtipp und Institution zugleich. Die mittlerweile über 400 Mitglieder des Vereins sind einerseits vor allem Familien und Einwohner von Hinterwestermurr, Schlosshof und Umgebung, andererseits auch Menschen, die den Betrieb des kleinen Freibads in idyllischer Lage und gepflegtem Gelände einfach unterstützen, obwohl sie es nicht regelmäßig nutzen.

Die Ursprünge der Anlage liegen in den 1960er-Jahren. Die damals noch selbstständige Gemeinde Fornsbach nahm das Bad 1966 in Betrieb. Es sollte den Bewohnern von Hinterwestermurr und Umgebung als Freizeitangebot und zur sommerlichen Erfrischung dienen. Damals haben sich die Bürger vor Ort an den Baukosten beteiligt. Gleich zu Anfang führte ein Problem dazu, dass das Bädle seine natürliche Einbettung erhielt. Eigentlich wollte die Gemeinde das Wasser des nahen Feuerlöschteichs nutzen, doch dort fanden sich Kolibakterien. Also beschloss man, das kühle Nass der unteren Quelle im Schlosshof zuzuleiten. Vorsitzender Jürgen Wurst und sein Stellvertreter Markus Schieber erzählen, dass dies das Bad seither zwar etwas frisch macht, aber eben auch besonders. „Das Bädle ist eine Mischung aus Freibad und Waldsee, die es so eigentlich nicht mehr in Murrhardt gibt“, erklärt Manuela Wurst. Sie bildet mit ihrer Cousine Johanna Wurst seit vergangenem Jahr das Schriftführerinnenteam, obwohl die beiden außerhalb studieren. Auch ihr Bruder Ralph ist im Vorstand engagiert. Das Bädle gehört seit sie denken kann einfach dazu, auch für Jürgen Wurst und Markus Schieber, deren Eltern schon mit der kleinen Institution vertraut waren.

Kaputte Dehnfugen und Wasserverlust machen Probleme

Nach der Eröffnung lief der Betrieb bis Ende der 1980er-Jahre gut. Doch dann kündigte sich eine Reparatur der Dehnfugen an, die notdürftig erledigt wurde. 1992 war der Wasserverlust dann so groß, dass der Badebetrieb eingestellt werden musste. Wirtschaftlichkeit, Wasseraufbereitungsprobleme und Fragen der Haftung (Schwimmmeister) ließen bei der Stadt Murrhardt, die nach der Angliederung Fornsbachs nun zuständig war, den Entschluss reifen, das Bad entweder zu verpachten oder zu schließen. An dieser Stelle trat Sascha Willkomm auf den Plan. Er hatte die Idee, einen Verein auf die Beine zu stellen, verfasste eine Einladung an die Anwohner und trommelte für die Gründungsversammlung. Das Engagement fruchtete und die Wasserfreunde Hinterwestermurr waren geboren. Sie stemmten die Reparatur, brachten das Gelände auf Vordermann und konnten ein Jahr später das erste Badfest feiern.

Nun steht der 25. Geburtstag ins Haus. „Die Eltern können das Fest genießen, die Kinder schwimmen“, sagt Jürgen Wurst. Markus Schieber ergänzt: „Das Gelände ist übersichtlich, man kann sie einfach springen lassen. Meine Kinder haben im Bädle schwimmen gelernt“, ein Aspekt, der heute wieder wichtig ist.

Der Verein hat in der Zwischenzeit in unzähligen Arbeitsstunden den Betrieb geschmissen. „Die Arbeit macht Spaß, ist auf mehrere Schultern verteilt“, sagt Jürgen Wurst. Eine wichtige Etappe war 2014/15, als ein Sandfilter und eine Umwälzanlage eingebaut wurden. Zuvor war immer noch ein mehrmaliger Wassertausch während der Badesaison notwendig. Zudem richtete der Verein getrennte WCs, eine Umkleide und Duschmöglichkeit ein. Die finanziellen Mittel dafür speisten sich vor allem aus den Einnahmen beim jährlichen Badfest. Dass die beiden Familienväter bei den Wasserfreunden dabei sind, ist für sie ganz selbstverständlich. „Es macht Spaß, gemeinsam auf dem Gelände mitanzupacken, im Sommer ist das Bädle dann einfach auch Treffpunkt“, erzählt Jürgen Wurst. Wasserwart Ralf Wurst kontrolliert in regelmäßigen Abständen die Wasserqualität, bei anstehenden Reparaturen können die Mitglieder das meiste selbst erledigen. „Wir haben viele Handwerker im Verein, da ist fast jede Fachrichtung vertreten“, stellt Markus Schieber mit einem Schmunzeln fest.

Im Hitzesommer 2018 konnten die Mitglieder es sich im Bädle gut gehen lassen und sich abkühlen, „trotzdem war es nicht so, dass Handtuch an Handtuch lag, das Gelände ist nie überlaufen“. Manuela Wursts Lieblingsplätzchen ist in der Nähe des Sitterichbachs, wo auch Bäume Schatten bieten. „Wenn ich im Bädle bin, ist das Erholung pur, und man ist nie allein da, hat immer Gesellschaft“, sagt die junge Frau. Gleichzeitig klappt es mit der Eigenverantwortung. Die Gemeinschaft achtet aufeinander, ohne dass es eine Aufsicht gibt. Wer außerhalb des Badfestes dort ist, muss deshalb auch Vereinsmitglied sein.

Warum funktioniert das Engagement bei den Wasserfreunden so gut? „Jeder findet sein Plätzle und die Beiträge, die man leistet, werden geschätzt“, meint Manuela Wurst. Markus Schieber nickt. „Es ist einfach auch prima, sich dort zu sehen.“ Initiator Sascha Willkomm sagt heute zur Institution: „Wir wollten der Jugend die Möglichkeit geben, auf einem Teilort ein wenig Luxus zu genießen und dort auch das Schwimmen lernen zu können.“

Eine Postkarte zeigt das Bädle in seinen Anfängen – im Jahr 1966.

Eine Postkarte zeigt das Bädle in seinen Anfängen – im Jahr 1966.

Wichtige Etappe für den Verein: Einbau der Sandfilteranlage.

Wichtige Etappe für den Verein: Einbau der Sandfilteranlage.

Info
Einladung zum Badfest

Die Wasserfreunde Hinterwestermurr laden am Sonntag, 2. Juni, zu ihrem 25. Badfest ein. Zum Auftakt gibt es von 10 bis 11 Uhr ein Frühschwimmerfrühstück. Auch im Anschluss ist für das leibliche Wohl bestens gesorgt – inklusive Cocktails (auch alkoholfrei). Mitglieder genauso wie Gäste können ihre Runden im Wasser drehen, für Kinder besteht die Möglichkeit, das Frühschwimmerabzeichen „Seepferdchen“ zu machen (14 bis 17 Uhr). Außerdem wartet eine Hüpfburg sowie Kinderschminken auf die jungen Gäste. Das Bädle befindet sich am Rande von Hinterwestermurr.

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Erstellt:
31. Mai 2019, 06:00 Uhr

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