Gestaltungswille trifft auf schwierige Finanzlage

Haushaltseinbringung 2020: Bürgermeister Armin Mößner ordnet Situation und Planungen ein – Die Stadt kommt ohne Kreditaufnahme aus

Von Christine Schick

MURRHARDT. Am Vorabend des Nikolaustags stand im Murrhardter Gemeinderat die Haushaltseinbringung auf dem Programm. Insofern fanden die Mitglieder des Gremiums auch kleine Schokorepräsentanten auf ihren Plätzen, die ihnen die Lektüre des Planwerks versüßen sollten. Bürgermeister Armin Mößner ging in seiner Haushaltsrede auf die politischen und finanziellen Rahmenbedingungen ein, vor denen die Gestaltung der Stadtentwicklung nicht einfacher geworden ist.

Zum Ende des Jahres steht auch die Haushaltsplanung an. „Denn die Weichen wollen für das kommende Jahr richtig gestellt sein mit all den wichtigen Fragen, die sich um die Weiterentwicklung der Stadt, aber auch rund um das Soll und das Haben drehen“, sagte Armin Mößner. Der Bürgermeister blickte auf die weltpolitisch schwierige Lage, die nicht mehr so stabilen politischen Verhältnisse in Deutschland, gesellschaftliche Trends wie Verrohung und verbale Aufrüstung, aber auch auf die Klimaschutzbewegung und Veränderungsprozesse für die Autoindustrie mit geplantem Stellenabbau bis hin zu Werksschließungen. „Es fällt angesichts dieser Gemengelage schwer, Zuversicht zu verbreiten, aber dennoch bin ich als Bürgermeister Berufsoptimist, der gerade in der Advents- und Vorweihnachtszeit von der Hoffnung lebt.“ Die Entwicklung, die Murrhardt in den vergangenen Jahren genommen hat, und die Rückmeldung vieler Bürger, gerne in der Stadt zu leben, motivierten ihn ebenso.

Die Planungen für 2020 zeigen allerdings, dass sich die Situation für die Walterichstadt im Vergleich zu den letzten Jahren finanziell etwas schwieriger darstellt. Die Erträge, sprich Einnahmen, nehmen bei steigenden Aufwendungen, also Ausgaben, ab. Das steuerstarke Jahr 2018 bedeutet unter dem Strich weniger Zuweisungen und steigende Umlagen. Beim Kreis erhöht sich die Beteiligung weiter auf etwa 6,9 Millionen Euro. Mößner resümierte für die konkreten Zahlen zwar, dass das laufende Verwaltungsgeschäft immer noch ein Plus von rund 635300 Euro erwirtschafte, aber abzüglich der Kredittilgungen mit 633300 Euro wenig übrig bleibe. Die Investitionen können noch ohne Kreditaufnahmen geschultert werden und der Schuldenstand kann auf 6,14 Millionen Euro leicht reduziert werden. „Mitbetrachten sollte man aber auch das Contracting am Heinrich-von-Zügel-Gymnasium beziehungsweise der Trauzenbachhalle mit einem kreditähnlichen Rechtsgeschäft“, sagte er. Dies eingerechnet liegt die Zahl Ende 2020 bei rund 7 Millionen Euro.

Zu den größten Ausgabenblöcken gehört mit rund 8,9 Millionen Euro das Personal. Dies sind 5,4 Prozent mehr als im Vorjahr, wobei Tarifabschlüsse und Besoldungsanpassungen genauso eine Rolle spielen wie Schaffung neuer Stellen für die Baurechtszuständigkeit, neue Kindergartengruppen und die Neukonzeption der Schulsozialarbeit. Ebenfalls ins Gewicht fällt die Unterhaltung der Grundstücke und baulichen Anlagen sowie der Infrastruktur.

Mößner umriss auch noch mal die Investitionsschwerpunkte. Für den Bereich Bildung und Erziehung sind dies die Fortsetzung der Sanierungsarbeiten an Walterich- und Herzog-Christoph-Schule und am Heinrich-von-Zügel-Gymnasium sowie die Flachdacherneuerung an der Hörschbachschule, die Beteiligung beim Kindergartenneubau Klosterhof, der Erwerb des Kindergartens Oetingerhaus (Schaffung neuer Plätze) und Turnhallenneubau (Förderantrag wieder gestellt). Unter dem Stichwort zukunftsfähige Infrastruktur summierte er vor allem das Breitbandprojekt, den Hochwasserschutz sowie Kanalsanierungen. Wohnraum bleibt ein dringliches Thema, konkrete Maßnahmen sind die Planung des Baugebiets Siegelsberg-Ost und Entwicklung des Gebiets Brunnen II in Fornsbach. Mit Blick auf das Sanierungsgebiet stehen Zukunftskonzepte für den Bahnhof und das Lindenareal – hier begegnet Mößner oftmals der Wunsch, Parkmöglichkeiten zu schaffen – sowie Sanierung von Murrgasse, kleine Seegasse, Karlstraße und Gasthaus Hirsch an. Ebenfalls Thema sein werden die Umsetzung des Malerwegs, der Neubau einer öffentlichen Toilettenanalage in der Innenstadt und die Fortführung des Aufbaus Online-Marktplatz. „Auch wollen wir den Stadtentwicklungsplan unter professioneller Begleitung und Bürgerbeteiligung fortschreiben, gerade auch eventuell mit der Weiterentwicklung in Richtung einer Gartenschau in einigen Jahren. Mit dem Stadtgarten, der Murr, innenstadtnahen Freiflächen, dem Parkwald Hohenstein und dem die Stadt umgebenden Stadtwald hätten wir beste Bedingungen dafür“, sagte Mößner.

Die mittelfristige Finanzplanung allerdings sei wie schon 2019 ernüchternd – um eine Kreditaufnahme wird Murrhardt dann vermutlich nicht mehr herumkommen. „Insbesondere der Neubau der Walterichschulturnhalle und der Hochwasserschutz werden uns fordern.“

Kämmerer Matthias Glassl ging im Anschluss noch mal ausführlich auf die Haushaltszahlen ein, die nicht ganz so erfreulich seien und an mancher Stelle aus Nikolaus einen Knecht Ruprecht werden ließen. Er erläuterte im Detail, wie das „schlechteste ordentliche Ergebnis seit der Umstellung auf das neue Kommunale Haushalts- und Rechnungswesen“ von minus 1,36 Millionen Euro zustande kommt. Sind die Personalkosten gestiegen, setzte die Verwaltung noch mal bei den Sach- und Dienstleistungsaufwendungen an, die um rund acht Prozent auf 6,2 Millionen Euro gekürzt wurden, so Glassl. Beim Investitionspaket stehen rund 10,38 Millionen Euro einer Summe an Einzahlungen von rund 3,96 Millionen Euro gegenüber. Mittelfristig (2021 bis 2023) könne sich die Neuverschuldung auf 12,9 Millionen Euro aufsummieren, da sich aber Maßnahmen auch oft verzögerten, sehe es möglicherweise doch besser aus. Mit Blick auf 2020 sagte der Stadtkämmerer: „Es ist ein schlechtes Jahr, aber ein gutes Leistungsniveau“, auch wenn Murrhardt finanziell nicht gut gestellt sei, punkte die Stadt durch viele öffentliche und kulturelle Angebote und ihre Einbettung in eine attraktive Landschaft und Umgebung.

„Wir wollen den Stadtentwicklungsplan unter professioneller Begleitung und Bürgerbeteiligung fortschreiben.“Bürgermeister Armin Mößner

© Jörg Fiedler

„Wir wollen den Stadtentwicklungsplan unter professioneller Begleitung und Bürgerbeteiligung fortschreiben.“ Bürgermeister Armin Mößner

Zum Artikel

Erstellt:
7. Dezember 2019, 06:00 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen

Lesen Sie jetzt!

Murrhardt und Umgebung

Zwischen Freiheit und Absturz

Titus Simon arbeitet in seinem jüngsten Erzählband „Extreme Fallhöhe“ seine Jugend und die Zeit der 1970er auf. Bei seiner Lesung in Murrhardt wirft er Schlaglichter auf das Leben in der Provinz, den Reisehunger und Konzerterlebnisse. Einige Bekannte hat er früh verloren.

Murrhardt und Umgebung

Warenspenden brechen immer mehr weg

Das Team der Tafel Murrhardt engagiert sich ehrenamtlich dafür, dass Bedürftige verbilligte Lebensmittel im Laden in der Weststadt einkaufen können. Doch die Sachspenden gehen weiter zurück, sodass mittlerweile Geldspenden verwendet werden, um Waren zu kaufen.