Braunalgen-Plage

Glitschiger brauner Schleim wabert in der Ostsee

Die Ostsee gehört zu den mit am stärksten belasteten Meeresgewässern. Bein den derzeit warmen Frühjahrstemperaturen wird das „Mare balticum“ von einer Braunalgen-Plage heimgesucht.

Die mehrjährige Braunalge – auch bekannt als Seetang – erreicht eine Länge von  10 bis 30 Zentimeter und ist beim Anfassen glitschig.

© Daniel Gastaldi/dpa

Die mehrjährige Braunalge – auch bekannt als Seetang – erreicht eine Länge von 10 bis 30 Zentimeter und ist beim Anfassen glitschig.

Von Markus Brauer

Fucus vesiculosus. Diesen Namen dürften die wenigsten kennen. Vielleicht ist Ihnen schon eher der deutsche Begriff Blasentang bekannt. Diese im Nordatlantik sowie in der Nord- und Ostsee weit verbreitete Braunalge wird unter anderem als Heilmittel verwendet. Die Bestände in der Ostsee sind in den vergangenen Jahrzehnten drastisch zurückgegangen. Bis jetzt.

Schleimige, klebrige Masse aus Seetang

Die mehrjährige Großalge – auch bekannt als Seetang – erreicht eine Länge von 10 bis 30 Zentimeter und ist beim Anfassen glitschig. Derzeit schimmert ein grün-farbener Schleier vor allem in den Strömungen des Kleinen Belt in Dänemark.

„Früher habe ich beim Tauchen Hunderte Fische gesehen“, sagt der Unterwasserfotograf Morten Rasmussen dem dänischen Magazin „Politiken“. „Heute sehe ich nur noch eine schleimige, klebrige Masse. Es ist, als würde man in nassem Wattebausch tauchen“

Als erstes hat die „Bild“-Zeitung über die Braunalgen-Teppiche berichtet und getitelt: „Die Ostsee erstickt im Algen-Schleim.“ Weiter berichtet das Boulevard-Blatt: „Was harmlos klingt, ist im Ökosystem der Ostsee tödlich. Denn unter der dichten Algenschicht liegt der Meeresboden: tot. Kein Fisch, kein Leben – nur noch Sand.“

Höhere Temperaturen und Nährstoffe lassen Algen prächtig gedeihen

Ulf Karsten vom Institute of Biological Sciences in Rostock erklärt, dass vor Warnemünde im späten Winter und im frühen Frühjahr verstärkt Algen-Biomasse aufgetreten sei, die an den Strand gespült wurde.

„Dieses Phänomen wird durch die Wassererwärmung und zu hohe Nährstoff-Fracht in die Ostsee gefördert“, erläutert der Experte. „ Bei der Algen-Biomasse handelt es sich um fadenartige Braunalgen, die von Hartsubstraten wie Felsen oder Korallen nach Stürmen losgerissen werden und dann im Meerwasser schwimmen. Durch die höheren Temperaturen und Nährstoffe gedeihen sie prächtig und zeigen ein massives Wachstum.“

„Kilometerlange, tote Flächen“

Die dichten Algenteppiche blockieren demnach das Sonnenlicht, das den Boden erreichen müsste. Unter der schleimigen Schicht aus fadenartigen Algen bleibt nichts als toter Sand zurück.

Wie „Bild“ weiter berichtet, sind die Folgen der Algenblüte bereits deutlich sichtbar. Im Limfjord, einem Meeresarm im Norden Dänemarks, erstrecken sich „kilometerlange, tote Flächen“. Der Boden sei bedeckt mit schwarzer, fauliger Biomasse – ein „untrügliches Zeichen für den Kollaps des Ökosystems“.

Blaualgenblüte in der Ostsee

Auch Blaualgenblüten (Cyanobakterien) treten derzeit gehäuft in der Ostsee und in Badegewässern auf. Diese hängen, so das Bundesumweltministerium, insbesondere mit der Landwirtschaft und hohen Temperaturen zusammen.

„Eine massenhafte Entwicklung von Cyanobakterien ist insbesondere bei hohen Nährstoffgehalten zu erwarten, wobei hier der Phosphor für diese Algengruppe die herausragende Rolle spielt“, schreibt das Ministerium und fügt hinzu: „Für das Ziel einer Vermeidung sogenannter ‚Blaualgenblüten‘ in Badegewässern sollte daher der Fokus weiterhin auf einer Verringerung des Eintrags von Phosphor liegen.“

Vibrionen-Alarm in der Ostsee

Neben dem Algenbefall treten bei warmen Temperaturen im „Mare balticum“ auch verstärkt Stäbchenbakterien der Art Vibrio vulnificus auf. Sie sind mit dem Choleraerreger verwandt und können schwere Wundinfektionen hervorrufen. Die auch als Killerbakterien und fleischfressende Bakterien bekannten Vibrionen vermehren sich stark bei anhaltenden Wassertemperaturen über 20 Grad.

Vibrionen können über Hautverletzungen in den Körper eindringen und bei Menschen mit chronischen Grunderkrankungen und Älteren zu schweren Wundinfektionen und Sepsis (Blutvergiftung) führen.

Kaskade an Kipppunkten

Zu den größten Gefahren für das Ökosystem der Ostsee zählen dem Bericht zufolge Überfischung, Verschmutzung sowie die Anreicherung von Nährstoffen, zum Beispiel aus Abwässern oder von stark gedüngten landwirtschaftlichen Flächen.

Auch der Klimawandel wirke sich zunehmend auf die Ostseeregion aus, heißt es weiter. Er führe zu steigenden Wassertemperaturen, einer geringeren Eisbedeckung und einer Zunahme extremer Wetterereignisse.

Belastung durch Schadstoffe

In einigen Teilen der Ostsee sei die Verschmutzung des Meeres dank regionaler Absprachen reduziert worden, in den meisten Regionen habe sich aber kaum etwas verbessert. Vor der deutschen Ostseeküste beispielsweise haben es einige Tierarten dem Bericht zufolge schwer.

Laut Nitratbericht 2020 des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) ist die sogenannte Eutrophierung – also die menschengemachte Anreicherung von Nährstoffen im Meer – weiterhin eines „der größten ökologischen Probleme für die Meeresumwelt der deutschen Ostseegewässer“.

In der Ostsee seien die Nitratkonzentrationen küstennah und insbesondere in der Nähe der Flussmündungen am höchsten.

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Erstellt:
20. Mai 2025, 15:22 Uhr

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