50. Landesposaunentag
Großes Gebläse mit viel Gänsehaut
Eine große Blech-Karawane zieht am Wochenende nach Ulm: ein eindeutiges Zeichen, dass Landesposaunentag ist. Tausende Bläser treffen sich in der Donaustadt.

© : EJW-Archiv /Christoph Bauer
Wimmelbild mit ganz viel Blech: Vom Münsterturm lässt sich die beeindruckende Zahl an Bläsern ermessen, die alle zwei Jahre zum Landesposaunentag kommen.
Von Steffen Rometsch
An diesem Sonntag ist wieder Gänsehautstimmung unter dem höchsten Kirchturm der Welt: Tausende Menschen füllen den Ulmer Münsterplatz, ebenso viele Instrumente blinken und strahlen in der Sonne. Wenn dann 7000 Bläser Johann Sebastian Bachs Choral „Gloria sei dir gesungen“ anstimmen, ist das der bewegendste Augenblick beim Landesposaunentag.
In diesem Jahr lädt das Evangelische Jugendwerk in Württemberg (EJW) zum 50. Mal zu dem Treffen nach Ulm ein. Erwartet werden wieder rund 7000 Bläserinnen und Bläser aus ganz Württemberg und darüber hinaus sowie zahlreiche Besucher. Das musikalische Großereignis steht, angelehnt an die diesjährige Jahreslosung, unter dem Motto „Alles Gute!“. Lässt man den nur alle acht Jahres stattfindenden Bundesposaunentag außen vor, trifft sich in Ulm regelmäßig der größte Posaunenchor der Welt.
In Ulm trifft sich alle zwei Jahre der größte Posaunenchor der Welt
„Für mich ist das ein Muss, ein Highlight alle zwei Jahre“, sagt Selim Hauschild, der im Alter von zehn Jahren im Posaunenchor Brenz auf der Ostalb angefangen hat, Waldhorn zu spielen. Seit 1994 war er jedes mal in Ulm dabei – erst als Zuhörer, dann aktiv. Heute leitet er den Bezirksposaunendienst Ludwigsburg-Ditzingen. „Die Atmosphäre mit 6000, 7000 Bläsern auf dem Münsterplatz – das ist Gänsehaut pur!“ sagt der 41-Jährige. Es gehe nicht um Perfektion, sondern um das gemeinsame Erleben. „Man trifft Freunde, verabredet sich, feiert gemeinsam. Für mich ist der Lapo wie ein Festival, ein Ort tiefer Verbundenheit.“
Ähnlich ergeht es Wolfgang Goll: „Der Landesposaunentag ist immer ein Fest, bei dem man viele Gleichgesinnte trifft.“ Seit 26 Jahren leitet der 61-jährige den Posaunenchor des CVJM Beutelsbach, mit gut 90 Aktiven einer der größten Posaunenchöre im Land. Goll selbst war 1976 zum ersten bei dem Bläsertreffen in Ulm dabei und hat seither mehr als 20 Landesposaunentage erlebt. Auch an diesem Wochenende fahren wieder rund 60 Bläserinnen und Bläser aus der knapp 9000 Einwohner zählenden Gemeinde im Rems-Murr-Kreis nach Ulm. „Es wird ein Fest mit viel Musik und vielen neuen Ideen, mit denen man hoffentlich junge Leute einfangen und begeistern kann“, hofft Goll, der neben seinem Engagement in Beutelsbach auch noch im Schwäbischen Posaunendienst spielt.
Posaunenchöre verbinden ganz unterschiedliche Generationen
Darauf setzt auch Cornelius Kuttler, der Leiter des veranstaltenden Evangelische Jugendwerks in Württemberg. „Die Posaunenarbeit ist eine musikalische Form der Jugendarbeit“, betont der Pfarrer. „Geschichtlich liegt dies darin begründet, dass die Entstehung der Posaunenarbeit eine Jugendbewegung war.“ Und noch heute gelinge in den Posaunenchören, was sonst in der Gesellschaft immer schwieriger werde: „Dass unterschiedliche Generationen verbunden werden, über alle Grenzen hinweg.“
Der erste Landesposaunentag in Württemberg fand 1901 unter dem Namen „Bundesposaunenfest“ mit 177 Bläsern in Esslingen statt. Es folgten regelmäßige Posaunentage an unterschiedlichen Orten, etwa in Tübingen, Schwäbisch Hall, Reutlingen oder Ludwigsburg. 1946 fand der erste Landesposaunentag nach dem Krieg statt. Unter dem Motto „Jesus Christus herrscht als König“ trafen sich 2000 Bläser im zerbombten Ulm und musizierten im wie durch ein Wunder fast unbeschädigten Münster und auf dem Münsterplatz, der erst wenige Tage zuvor von den Kriegstrümmern freigeräumt worden war. Dieses Erlebnis war so eindrücklich, dass die Landesposaunentage seither immer in der Donaustadt stattfinden.
Für Landesposaunenwart Hans-Ulrich Nonnenmann wird es der letzte Landesposaunentag sein, bei dem er bei der Schlussfeier den großen, über einen Meter langen Taktstock schwingt und den Chor der Vielen dirigiert – einen Tag nach dem Posaunenfest geht der 67-Jährige in den Ruhestand. Zwölf Landesposaunentage hat er dann organisiert und geleitet – und trotz seiner Routine ist auch er immer noch fasziniert: „Ich habe bei der Schlussfeier ja einen Vorzugsplatz auf einem hohen Podest in der Mitte des Münsterplatzes, der Rundumblick auf die unzähligen Bläser und die blitzenden Instrumente ist immer wieder beeindruckend.“ Es sei die Mischung, die den Landesposaunentag so besonders und auch nach vielen Jahrzehnten noch so anziehend mache: „Viel Musik, viele Menschen und der geistliche Rahmen: das Lob Gottes.“
Längst hat sich auch das Programm des zweitägigen Bläsertreffens über die Jahre gewandelt: Neben den Gottesdiensten und klassischen Konzerten gibt es ein Jungbläserfestival mit mehr als tausend Teilnehmern, Mitmachaktionen in der ganzen Stadt und am Samstagabend auch eine Disco-Night in einem Ulmer Club.
Geblieben ist über die Jahrzehnte die imposante Schlussfeier unter dem Münsterturm, bei der die 7000 Bläserinnen und Bläser gemeinsam erst „Nun danket alle Gott“ spielen und nach dem Verklingen der Münsterglocken „Gloria sei dir gesungen“ – Gänsehaut garantiert.
Klingende Donaustadt
Konzerte Mehrere Tausend Bläserinnen und Bläser bringen Ulm am Wochenende zum klingen: Um 18 Uhr wird der Landesposaunentag am Samstag auf dem Südlichen Münsterplatz im Beisein von Oberbürgermeister Martin Ansbacher eröffnet. Um 19 Uhr spielen dort rund 700 Bläserinnen und Bläsern mit dem Schwäbischen Posaunendienst eine Serenade. Ein besonderes Highlight ist das Nachtkonzert mit German Brass um 21.30 Uhr in der Pauluskirche. Ab 23 Uhr ist Party-Time im Club Cocomo.
Schlussfeier Der Sonntag beginnt um 10 Uhr mit zwölf öffentlichen Gottesdiensten im Münster, Pauluskirche, Donauhalle, Club Cocomo und den Ulmer Gemeinden. Zahlreiche Freiluftkonzerte, Angebote für Kinder, Jugendliche und Familien, (Stadt)-Führungen, Mitmachaktionen und weitere musikalische Angebote bieten für alle Besucher Abwechslung. Höhepunkt des zweitägigen Bläsertreffens ist die Schlussfeier um 16.10 Uhr auf dem Platz vor dem Ulmer Münster mit Ministerpräsident Winfried Kretschmann, Oberbürgermeister Ansbacher und Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl.
Ausstellung Einblicke in die Geschichte des Landesposaunentags bietet eine Ausstellung, mit dem Titel „Alles Gute – 50 Landesposaunentage … und ihre besondere Bedeutung für die Posaunenarbeit in Württemberg“ im m25, dem Museum der Stadt Ulm. Zu sehen ist die Schau bis 24. August, jeweils Mittwoch bis Sonntag von 14–18 Uhr, samstags von 10–18 Uhr.
www. landesposaunentag.de