Hat Werner in Leipzig eine Zukunft?
Die RB-Fans lieben ihren Rekordtorjäger. Auch innerhalb der Mannschaft hat der ehemalige Stürmer des VfB Stuttgart ein hohes Ansehen. Durchsetzen wird er sich bei dem ostdeutschen Club aber wohl nicht.
Von dpa
Leipzig - Mit Handschuhen absolviert Timo Werner bei gut 15 Grad Celsius ein Testspiel. Man könnte meinen, der ehemalige Nationalstürmer benötigt bei RB Leipzig Wärme. Bei seinem Startelf-Debüt gegen Dukla Prag (2:2) nach seiner Rückkehr von Tottenham war der 29-Jährige sehr bemüht, agierte links, rechts, in der Mitte, ließ sich mal zurückfallen und spielte gute Pässe in die Tiefe auf Neuzugang Romulo, der aktuell bei RB Leipzig im Sturm gesetzt ist.
Nach seinem Kurz-Comeback in der Nachspielzeit beim 1:0 in Wolfsburg durfte Werner im Test erstmals über die komplette Spielzeit ran. „Für ihn ging es darum, nach langer Zeit wieder auf dem Platz zu stehen. Er hat das so für sich genutzt, dass er wie die gesamte Mannschaft auch intensiv unterwegs war“, sagte Cheftrainer Ole Werner über Leipzigs Rekordtorjäger (113 Tore), der noch bis Sommer 2026 unter Vertrag steht. Sein letztes Pflichtspiel-Tor für RB hatte der Stürmer am 28. Oktober 2023 beim 6:0 gegen Köln erzielt, ehe er für anderthalb Jahre leihweise zu den Tottenham Hotspur gewechselt war.
Gegen Prag bewegte sich Werner viel, leitete mit einem Pass auf Tidiam Gomis auch einen Treffer ein, doch seine zwei Schusschancen (33./48. Minute) gingen vorbei. Auffällig war: Werner ist immer noch schnell, aber nicht schneller als die jungen Wilden bei RB. Dieses Alleinstellungsmerkmal hat er nicht mehr. Zudem kann er im eins gegen eins nicht die Ballbehandlung vorweisen, wie die technisch versierten Neuzugänge bei RB. Selbst die U-19-Spieler bei RB haben im Erstkontakt und im Zweikampf technische Fertigkeiten, die Werner nicht bieten kann. Auch das war im Testspiel deutlich erkennbar. Das Urteil von Trainer und Namensvetter Ole Werner vor wenigen Wochen, „andere seien da noch vor ihm“ kommt nicht von ungefähr.
Timo Werner kommt dennoch mit seiner belebenden Art und Weise an. Sein Auftreten ist tadellos, er bringt sich als erfahrener Profi auch bei den jungen Neuzugängen bestens ein. Das wird belohnt. Beim 3:1 gegen Köln war er erstmals in dieser Saison wieder im Spieltagskader, in Wolfsburg kam der 57-malige Nationalspieler in den Schlussminuten zu einem Kurzeinsatz. Immerhin das war dem Offensivmann vergönnt.
Doch es bleibt die Frage: Wohin mit dem Fan-Liebling, der so viel Verdienste bei RB hat, nachdem er im Sommer 2016 vom VfB Stuttgart zum damaligen Aufsteiger nach Leipzig gekommen war? Im XXL-Umbruch spielt er keine Rolle, das wurde ihm auch klar vom Sportvorstand Marcel Schäfer so kommuniziert. Ein Verkauf im Winter ist deshalb durchaus denkbar. Aktuell ist Werner nach den Stürmer-Abgängen von Benjamin Sesko und Loïs Openda Bestandteil der Mannschaft und da zähle laut Schäfer und Coach nur das „Leistungsprinzip“. Nun liegt es an Werner selbst, sich für die Mannschaft zu empfehlen.
Medial ist die „Cinderella-Story“ um den zurückgekehrten Sohn, der für 53 Millionen Euro nach Chelsea wechselte und 2021 die Champions League gewann, dann für 20 Millionen Euro zurückkehrte und dabei auf Geld verzichtete, ein Quotenbringer. Nicht wenige wünschen ihm den Durchbruch in Leipzig. Doch ein Happy End ist noch in weiter Ferne.
Selbst der Rekord-Nationalspieler Lothar Matthäus sorgt sich um den Stürmer. „England hat irgendwas mit ihm gemacht, weil er eben dort auch nicht die Wärme bekam. In Stuttgart ist eine familiäre Atmosphäre, hier bei RB nimmt man sich in den Arm – das passiert in England nicht, das ist knallharter Profifußball“, sagte Matthäus und bezeichnete den Wechsel 2020 zum FC Chelsea als Hauptgrund für den sportlichen Absturz des einstigen Top-Torjägers.