Herantasten an künftige Herausforderungen

Bei „Politik&Pizza“, einem Abend der Volkshochschule Murrhardt und der Landeszentrale für politische Bildung, geht es um Lösungsansätze drängender Probleme. Eine Stadträtin und drei Stadträte skizzieren ihre Positionen und die Stoßrichtung ihrer jeweiligen Gemeinderatsfraktion.

Alice Robra (von links) mit Andreas Winkle, Gerd Linke, Elisabeth Zenker und Wolfgang Hess, die zu verschiedenen Problemen ihre Einschätzung und Lösungsideen abgaben. Foto: Stefan Bossow

© Stefan Bossow

Alice Robra (von links) mit Andreas Winkle, Gerd Linke, Elisabeth Zenker und Wolfgang Hess, die zu verschiedenen Problemen ihre Einschätzung und Lösungsideen abgaben. Foto: Stefan Bossow

Von Christine Schick

Murrhardt. Wer sich entschlossen hat, bei den Kommunalwahlen anzutreten, sieht sich einem ganzen Bündel an Problemfeldern gegenüber. Keine leichte Aufgabe. Zugleich geht es für die Wählerinnen und Wähler darum, zu entscheiden, wer aus ihrer Sicht die besten Lösungsansätze hat, und Wünsche einzufordern. Um einen Austausch beider Seiten zu ermöglichen, hatte die Volkshochschule Murrhardt im Schulterschluss mit der Landeszentrale für politische Bildung zu einem Abend ins Casino der Kreissparkasse eingeladen, der unter der Überschrift „Politik&Pizza“ stand. Herzhaftes gab es im zweiten Teil des Abends, in dem Aspekte und Fragen in direkteren Gesprächen vertieft werden konnten, sprich zuerst hieß es, sich in die Themenfelder und Positionen einzuarbeiten. Unterstützt wurden das Publikum und die lokalpolitischen Gäste – Andreas Winkle (CDU/FWV), Wolfgang Hess (UL), Gerd Linke (MDAL/Die Grünen) und Elisabeth Zenker (SPD) als Mitglieder des Murrhardter Gemeinderats – dabei von Journalistin Alice Robra, die die Gesprächsrunde moderierte. Sie hakte auch immer wieder nach, sodass sich, wenn auch nicht immer dezidierte Lösungsansätze, so doch die Konturen der einzelnen Fraktionen herausschälten.

Kernanliegen Nach Motivation und zentralen Anliegen gefragt, hob Gerd Linke auf das „grüne Thema“ ab. Zwar habe sich die Fraktion der Murrhardter Demokraten Alternative Liste/Die Grünen (MDAL/Die Grünen) mit Blick auf die noch laufende Amtsperiode bei einzelnen Forderungen durchgesetzt, bei anderen aber auch nicht. Der Fraktionsvorsitzende gab zu: „Es geht nur im Schneckentempo voran. Angesichts der Krisen und Umbrüche, vor denen wir stehen, müssten wir aber klotzen, nicht kleckern.“ Dieses nur zähe Vorankommen sei sehr ermüdend.

Auch Andreas Winkle, Fraktionschef der Christlich Demokratischen Union Deutschlands/Freien Wähler (CDU/FWV) und stellvertretender ehrenamtlicher Bürgermeister, nimmt diese Mühsamkeit wahr, die für ihn nicht unerheblich mit gewachsener Bürokratie zu tun hat. Wichtige Themen für ihn sind umweltverträgliche Energiegewinnung im Schulterschluss mit genossenschaftlichen Strukturen sowie Digitalisierung.

Mit Blick auf die Pläne von vor fünf Jahren räumt Wolfgang Hess, Fraktionsvorsitzender der Unabhängigen Liste (UL) , ein: „Corona hat uns ganz schön eingebremst.“ Angesichts des Ukrainekriegs sowie Geflüchteter aus weiteren Ländern heiße es jetzt, Plätze in Kitas und Schulen auszubauen. Besonderes Augenmerk liege für die UL darauf, gute Rahmenbedingungen für Kinder und Jugendliche und Sicherheit für Ältere zu schaffen. Manches aber – wie Probleme der Industrie – komme von außen, sprich ist schwer zu beeinflussen.

„Die SPD steht für soziale Gerechtigkeit“, sagte Elisabeth Zenker. Konkret heißt das für die sozialdemokratische Stadträtin, dass alle unabhängig von den finanziellen Voraussetzungen gut in Murrhardt leben können. Die Schwierigkeit liege im Balanceakt für die Stadt, mit Einrichtungen und Leistungen zu unterstützen, ohne sich selbst (finanziell) zu überfordern.

Wohnraum Bei einer Abfrage des Publikums, wie es um Wohnraum in Murrhardt bestellt ist, zeigen viele Daumen nach unten. Wie das Problem anpacken? Für Gerd Linke (MDAL/Die Grünen) ist klar, dass sich seine Fraktion auf den Mehrgeschosswohnungsbau konzentrieren will, ob mit Investoren wie auf dem Schattenkellerareal oder bei Projekten wie dem an der Siebenkniestraße, bei dem die Stadt noch ein Stück weit beteiligt ist.

Elisabeth Zenker (SPD) hob auf letzteres Projekt ab, das sie in der Tradition des sozialen Wohnungsbaus in Murrhardt sieht. Sie selbst sei in einem sozialgeförderten Wohngebäude aufgewachsen. Als ebenso richtigen Ansatz bewertet sie die Ende 2021 gegründete Kommunalbau Murrhardt GmbH, mit deren Hilfe städtische Immobilien saniert und als Wohnraum für Menschen mit mittlerem und niedrigerem Einkommen zur Verfügung gestellt werden sollen.

Die Gebäude am Schattenkeller „haben nichts mit sozialem Wohnungsbau zu tun“, sagte Wolfgang Hess (UL). Ähnlich fiel seine Einschätzung für die Vorhaben auf den Schweizer-Arealen aus, bei denen die Preise hoch sein dürften. Mithilfe der Kommunalbau aktiv zu werden, sei der richtige Ansatz, wobei er die Möglichkeiten angesichts der Preise in der Bauwirtschaft relativierte. Dass der Schutz einer Obstbaumwiese das Projekt an der Siebenkniestraße mit dem Bau von Sozialwohnungen bisher verhindere, gefalle ihm nicht.

Andreas Winkle (CDU/FWV) hob auf die schwierigen Bedingungen durch Preissteigerungen und Bürokratie ab. Die Eigentumsquote bei Immobilien sei im Vergleich zu anderen Ländern viel zu niedrig.

Arbeitsplätze In Bezug auf die Umbrüche in der Wirtschaft durch Elektromobilität und künstliche Intelligenz wollte Alice Robra wissen, wie die Runde auf die Zukunft der Arbeitsplätze in Murrhardt blickt. Wolfgang Hess (UL) erinnerte daran, dass auch schon vor längerer Zeit beispielsweise bei der Murrhardter Pelzveredelung Arbeitsplätze verloren gingen. Einfluss durch die Verbesserung des Umfelds zu nehmen, scheint ihm nicht realistisch. Unterstützen wolle die UL die Handwerker, denen es zurzeit aber noch relativ gut ginge.

Firmenschließungen abzuwenden sei auch bisher nicht geglückt, sagte Elisabeth Zenker (SPD). Investieren wolle sie vor allem in die Köpfe. Gerd Linke (MDAL/Die Grünen) gab die Stichworte: Neben Wertschöpfung vor Ort hoffe er, mit Investitionen in regenerative Energieanlagen Einfluss auf den Strompreis zu nehmen. Am Beispiel von L-Mobile in Sulzbach an der Murr sehe man aber auch, dass sich Firmen in der Umgebung ansiedelten. Neben guter Bildung hieße es, mit dem Wandel mitzugehen, beispielsweise indem man Homeoffice ermögliche, die nötige Infrastruktur vorausgesetzt.

Betreuung Wenn es um die Frage nach ausreichend Betreuungsplätzen in Schule und Kita geht, steht Murrhardt für Andreas Winkle (CDU/FWV) nicht schlecht da. Es liefen eine Reihe von Erweiterungen. „Bildung ist ein wichtiges Thema“, sagte er, wobei Sprachunterricht für Kinder, die noch kein Deutsch sprechen, ganz zentral sei. Und wie die Erzieherinnen und andere Fachkräfte nach Murrhardt locken? Punkten könne man mit der tollen Kulturlandschaft und dem ÖPNV. Nicht zuletzt sei ein guter Breitbandausbau zentral, um den (künftigen) Fachkräften, die von überall aus arbeiten könnten, ein Angebot zu machen.

Für Elisabeth Zenker (SPD) hat die Stadt mit Freibad, Kino und Volkshochschule einiges zu bieten. Allerdings sei auch klar, dass Abiturientinnen und Abiturienten die Stadt verlassen. Insofern müsse man auf die jungen Menschen setzen, die hierbleiben.

Wolfgang Hess (UL) zeigte sich zumindest skeptisch, dass das Fachkräfteproblem so leicht zu lösen ist – angesichts der Tatsache, dass beispielsweise die Öffnungszeiten in Kitas erweitert werden sollen, die Beschäftigten aber nicht selten weniger arbeiten wollen. Auch in den Schulen suche man händeringend Quereinsteiger.

Integration Gegen Schluss der gemeinsamen Runde richtete sich der Blick auf die Lage rund um die Aufnahme Geflüchteter und die Integrationsarbeit. Gerd Linke (MDAL/Die Grünen) zeigte sich dankbar dafür, dass die Aufnahme von Menschen aus der Ukraine vor allem über private Netzwerke funktioniert habe. Für die Neuankömmlinge seien Sprachkurse wichtig. Bedeutend sei, später auf eigenen Füßen zu stehen und über Sport oder Sommerpalast in der Gemeinschaft anzukommen.

Für Andreas Winkle (CDU/FWV) ist es von Bedeutung, den Prozentsatz Geflüchteter, die in Lohn und Arbeit kommen, zu erhöhen, da ansonsten die Transferleistungen nicht mehr zu stemmen seien. Eine Integration über Vereine sei wertvoll, letztlich könne sie aber auch durch Arbeit gelingen.

Wolfgang Hess (UL) zollte der Integrationsarbeit der Caritas sowie dem ehrenamtlichen Engagement im Vereinssport oder beim Sommerpalast Respekt. Elisabeth Zenker (SPD) ergänzte, dass viele Verantwortliche auf unterschiedlichen Ebenen und an verschiedenen gesellschaftlichen Orten mithelfen, die geflüchteten Familien zu integrieren – von der Sprachkursdozentin bis zur Supermarktverkäuferin.

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Erstellt:
24. April 2024, 06:00 Uhr

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