Hohenstein ist auf vielen Ebenen gefordert
Jörg Kronmüller, Leiter des Murrhardter Alten- und Pflegeheims, betrachtet die stetig steigenden Infektionszahlen mit Sorge. Im Haus setzt man auf Aufklärung und Testung. Zum Coronaalltag kommen Sanierungsprojekte und mit ihrem Abschluss ein höherer Fachkräftebedarf hinzu.

Als die Sanierung des Auguste-Haid-Hauses, das sich ans Haus Raphael (rechts) als zentraler Komplex anschließt, abgeschlossen war, hat sich der Heimleiter aufs Dach begeben, um einige Drohnenaufnahmen von der Einrichtung zu machen. Im hinteren Bereich links liegen Haus Brücke und Clara, deren Instandsetzung sich nun anschließt. Foto: J. Kronmüller
Von Christine Schick
Murrhardt. Angesichts der sehr hohen Infektionszahlen und der Kliniken, die immer mehr Coronapatienten zu versorgen haben und darüber nachdenken, planbare Operationen zu verschieben, wird mittlerweile eine Impfpflicht in spezifischen Bereichen mit besonders gefährdeten Personengruppen diskutiert. Auch der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann und sein Gesundheitsminister Manfred Lucha hatten sich für eine Impfpflicht im Pflegebereich ausgesprochen.
Jörg Kronmüller, Heimleiter von Haus Hohenstein, gibt zu: „Ich finde es wirklich schwer, mich da zu positionieren.“ Es gebe Fälle, in denen Einzelne vor einer Impfung Angst hätten, und bisher habe man auf Aufklärung gesetzt. Die Impfquote im Haus, das zur Doreafamilie gehört, beurteilt er als relativ hoch: 84 Prozent sind es bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, bei den Bewohnerinnen und Bewohnern rund 90 Prozent. Auch geboostert worden ist schon – sprich die dritte Impfung ist für diejenigen, die konnten und wollten, schon absolviert. „Das heißt, für Geimpfte ist die Chance bei einer Infektion auf einen schwachen Verlauf der Krankheit vergleichsweise hoch, und das ist wichtig“, sagt er. Wenn er die Sterberaten vor der Möglichkeit eines Impfschutzes mit aktuellen vergleiche, könne man den Effekt nicht von der Hand weisen.
Gleichzeitig mahnt Kronmüller zur Umsicht und Vorsicht. Ein Fall vom März dieses Jahres mit drei Infizierten, bei dem sich wohl zwei Ungeimpfte bei einer Geimpften mit so gut wie keinen Symptomen angesteckt haben, zeige zweierlei. Zum einen, dass die Gefahr weiterhin besteht – bei den beiden Ungeimpften waren die Verläufe der Covid-19-Erkrankung schwer. Zum anderen sei das Beispiel für ihn ein klarer Hinweis dafür, dass das Testen beibehalten werden sollte. „Es ist wichtig, dass wir auch Geimpfte mit Viruslast erkennen und dann Infektionsketten schneller unterbrechen können.“ Im Haus Hohenstein müssen ungeimpfte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter täglich einen Schnelltest machen und Bewohnerinnen und Bewohner werden generell alle einmal die Woche getestet.
Bisher mussten Besucherinnen und Besucher, die nicht geimpft oder genesen sind, ebenfalls einen Schnelltest absolvieren. Nun werden wieder alle, die bei Angehörigen vorbeischauen, zum Test gebeten. Im Foyer steht ein mit einem Paravent abgeschirmter Bereich zur Verfügung. Aus Sicht von Kronmüller hat es sich bewährt, auf Aufklärung zu setzen. Für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter habe man bei Schulungen beispielsweise gut verständliche Beiträge beispielsweise der Wissenschaftssendung „Quarks“ bereitgehalten und immer mal wieder entsprechende Links verschickt. Auch eine Fragerunde hat das Haus angeboten, bei der eine Hausarztpraxis mitgewirkt hat. Nicht zu unterschätzen ist für Jörg Kronmüller auch, ob die Führungskräfte bei der Impfung vorangehen und ihre Vorbildfunktion wahrnehmen.
Zu den nicht kleinen Herausforderungen in der Pandemie kamen als Schippe obendrauf die umfangreichen Sanierungsarbeiten des größten Komplexes, dem Auguste-Haid-Haus, mit deren Abschluss im August zwar zwei weitere Projekte folgen, aber eine wichtige Etappe genommen ist. Nun sind alle Übergänge und Verbindungen zum Haus Raphael am Fuße der Einrichtung geschaffen, ein neues Wohngruppenkonzept mit kleineren Einheiten in Bezug auf Leben, gemeinsames Speisen und Freizeitgestaltung etabliert und 82 Heimplätze verfügbar. Zuvor waren es aufgrund der Bauphase nur 62 Pflegeplätze.
Der nächste Schritt: Haus Clara sanieren, in dem weitere 16 Einzelzimmer entstehen, sodass man die Zielmarke von 98 Heimplätzen erreicht. Letztes Element ist, das Haus Brücke umzubauen, in dem künftig betreutes Wohnen angeboten wird. Dort entstehen 14 Ein- bis Zwei-Zimmer-Apartments, für die aber ausschließlich Dienstleistungen wie Essen oder Reinigungsarbeiten angeboten werden und Pflege kein Thema ist. Die beiden letzten Bauprojekte sollen im Frühjahr abgeschlossen sein. Wie hat es bisher mit dem Bau funktioniert? Gab es Verzögerungen wegen des oft beklagten Materialmangels? „Der Umbau hat sehr gut geklappt, aber es gab wirklich Probleme und zwar bei der Möblierung“, erzählt Kronmüller. Kücheneinrichtungen und Möbel konnten erst sehr viel später geliefert werden, sodass der anvisierte Einzugstermin im Auguste-Haid-Haus sich vom Mai in den August zog.
Eine der Herausforderungen ist und bleibt zudem die Suche nach Pflegefachkräften. So kann eine weitere Belegung der nun zur Verfügung stehenden Zimmer erst erfolgen, wenn das Haus auch über die entsprechenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verfügt. In dieser Hinsicht gehen Jörg Kronmüller und die Einrichtung der Doreagruppe neue Wege. In Zusammenarbeit mit einer Agentur hat er vier Auszubildende verpflichtet, die aus Vietnam kommen und ihre Lehre in der Einrichtung begonnen haben. Hinzu kommen drei Vietnamesen, die ein Freiwilliges Soziales Jahr im Haus ableisten mit dem Ziel, eine Ausbildung anzuschließen. Des Weiteren arbeiten drei Fachkräfte aus der Türkei im Haus, die ihre Anerkennungsprüfung im Januar ablegen. „Das war schon spannend, Vorstellungsgespräche auf Skype zu führen“, sagt Kronmüller. Verbunden mit der Rekrutierung sind auch einige verwaltungstechnische Anforderungen – der Heimleiter muss beispielsweise bei Visaanträgen, Anmeldung oder Einrichtung eines Bankkontos unterstützen. Aber es ist auch klar: „Auf dem Land ist es noch schwieriger, Fachkräfte zu bekommen.“
Jörg Kronmüller hat sich nach etwas mehr als einem Jahr gut im Haus eingelebt. „Einerseits gab es viel Bewegung, andererseits liegt darin auch die Chance, zu gestalten und Dinge zu verbessern“, sagt er. Schließlich stehen mit den Sanierungsarbeiten nun auch neue, moderne Räumlichkeiten zur Verfügung, neues Personal hat sich eingearbeitet und wird es tun und Jörg Kronmüller setzt darauf, Abläufe noch besser aufeinander abstimmen zu können. Natürlich sei es kein Nine-to-five-Job und das Arbeitspensum und die Verantwortung seien nicht klein, trotzdem schätze er die Gestaltungsmöglichkeiten.

„Es ist wichtig, dass wir auch Geimpfte mit Viruslast erkennen und dann Infektionsketten schneller unterbrechen können.“
Pflege und Betreuung Zurzeit sind es knapp 30 Vollzeitstellen in der Pflege, exakt 29,5, die verteilt auf 56 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Heimbewohner versorgen. Aktuell sind 69 Plätze belegt. Der exakte Schlüssel richtet sich auch nach Pflegestufe und -grad, weshalb er immer wieder variiert. Hinzu kommen fünf Stellen in der sozialen Betreuung, über die Bewohnerinnen und Bewohner im Alltag begleitet werden.
Das Unternehmen Die Doreafamilie ist an über 80 Standorten mit rund 5500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern deutschlandweit vertreten. Das Haus Hohenstein und das Eulenhöfle in Murrhardt sowie das ehemalige Haus Lautertal in Sulzbach an der Murr gehören zur Doreagruppe.